Hearing im Parlament

Erste Annäherung bei Gesundheits-Verhandlungen

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Im Nationalrats hat am Dienstag ein zweitägiges Hearing zur Gesundheitsreform begonnen. Dabei hagelte es Kritik der Experten.

Im Hearing zur Gesundheitsreform wurde im Sozialausschuss nicht nur von der Opposition, sondern auch von Experten zum Teil heftige Kritik an den von der Regierung geplanten Maßnahmen geübt. Für Rechnungshof-Präsident Josef Moser sind die Regierungspläne zur Sanierung der Kassen zwar notwendig, aber nicht ausreichend. Der frühere Gesundheits-Staatssekretär und jetzige Primarärzte-Chef Reinhart Waneck warnte davor, dass die Auswirkungen der Diskussion bereits erkennbar seien und bestimmte Leistungen bald nicht mehr angeboten würden.

Nicht ausreichende Maßnahmen
Moser meinte, das jetzt vorgesehene Paket enthalte zwar notwendige Maßnahmen, um die Kassen zu entlasten, diese seien aber langfristig nicht ausreichend. Der Rechnungshof-Präsident beklagte vor allem, dass die Spitäler als wesentlicher Teil ausgespart würden. Die Finanzierung aus einer Hand werde nicht erfüllt. Auch eine Vereinheitlichung des Leistungskatalogs der Kassen fehle. In Bezug auf die Patientenquittung und die Aut-Idem-Regelung erachtete Moser eine Kosten-Nutzen-Rechnung für erforderlich.

Verhandlungen über Kontingentierungen
Waneck erklärte, dass es jetzt bereits Verhandlungen mit den Sozialversicherungen über Kontingentierungen von Leistungen gebe. Das bedeute für bestimmte Untersuchungen Wartelisten. Es könnte passieren, dass im Herbst bestimmte Leistungen nicht mehr angeboten werden, wenn das Kontingent dafür im laufenden Jahr schon erschöpft sei. Dann müsse man bis zum nächsten Jahr warten, warnte Waneck. Seiner Auffassung nach bedeuten die Vorschläge der Regierung nicht die Lösung der Kassenprobleme, sondern einen irreversiblen Schaden für das System.

Kein Verständnis für Sparmaßnahmen
Hubert Dreßler vom Verband der pharmazeutischen Industrie (Pharmig) zeigte kein Verständnis dafür, dass im Medikamentenbereich weitere Sparmaßnahmen vorgesehen sind. Er sieht keine Notwendigkeit für eine gesetzliche Regelung in diesem Bereich, da die Pharma-Wirtschaft ohnehin 180 Millionen Euro in den nächsten drei Jahren freiwillig angeboten habe. Die Apotheker stehen nach den Worten ihres Kammer-Präsident Heinrich Burggasser zu der Reform. Die Aut-Idem-Regelung werde den Apotheken zwar viel Beratungszeit kosten und weniger Erträge bringen, dennoch hätten sie diesem Vorschlag zugestimmt.

Einigung?
Bei den parallel laufenden Verhandlungen dürfte sich zumindest zwischen Ärzten und Regierung eine Annäherung abzeichnen. Ärztekammerpräsident Walter Dorner lobte vor Sitzungsbeginn die Verhandlungsfortschritte und stellte auch die Absage der geplanten weiteren Ordinationsschließungen in den Raum. Die Sozialpartner warben indessen um Zustimmung für ihr Reformkonzept.

Knackpunkt: Einbindung der Ärzte
Als Knackpunkt der Gespräche nannte Dorner die Einbindung der Ärzte bei der geplanten Qualitätssicherung, die man nicht internationalen Konzernen überlassen dürfe. Sollten die Verhandlungen erfolgreich verlaufen, dann werden aus seiner Sicht auch die für Juli geplanten Ordinationsschließungen abgesagt. "Wenn alles so weitergeht und ins Positive geht, dann machen wir das sicher nicht", betonte Dorner. Zuletzt sei man jedenfalls "einige Schritte aufeinander zugegangen". Das bestätigte auch Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (V), die von einem "konstruktiven Weg" sprach.

Ab 2010 alle im Minus
Die Sozialpartnerpräsidenten, unter deren Federführung das Konzept für die Kassensanierung entstanden war, warben im Ausschuss einmal mehr für ihre Pläne. "Wir haben im Jahr 2010 keine einzige Krankenversicherung mehr, die positiv bilanziert", warnte ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer (S). Außerdem gelte es, einen solidarischen Ausgleich für die nach Bundesländern unterschiedliche Finanzlage der Krankenkassen zu schaffen und die unterschiedlichen Ärztehonorare zumindest teilweise zu harmonisieren.

Nur ein "Torso"
Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl (V) gestand ein, dass die Reformpläne der Sozialpartner nur ein "Torso" und ein erster Schritt sein können, weil diese keine Kompetenz zur Einbindung des Spitalsbereiches hätten. Daher habe dem ersten Schritt der Kassensanierung ein zweiter Schritt zu folgen, so Leitl. Außerdem betonte Leitl, dass man einzelne Punkte des Pakets nur durch gleich gute Alternativvorschläge ersetzen könne und regte eine begleitende Kontrolle der Gesundheitsreform durch den Rechnungshof an: "Mit einer halben Lösung ist uns nicht gedient."

Für die Arbeiterkammer forderte Sozialdirektor Christoph Klein Lösungen, bevor die ersten Krankenkassen pleite gehen. "Die Gebietskrankenkassen werden weiter verwaltet werden, aber nicht von der Selbstverwaltung, sondern vom Masseverwalter", warnte der AK-Experte. Unter diesen Bedingungen wären keine vernünftigen Lösungen mehr möglich. An der zentralen Steuerung des Gesundheitssystems durch die geplante Sozialversicherungs-Holding will Klein festhalten, hält aber eine stärkere Einbindung der einzelnen Träger für möglich.

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