Als vertrauensbildende Maßnahme waren die Parteichefs Werner Faymann und Josef Pröll im jeweils anderen Parlamentsklub zu Gast.
"Nur für Klubmitglieder" prangt deutlich sichtbar vor der Tür zu den ÖVP-Räumlichkeiten im Parlament und auch bei der SPÖ gewährt man Parteifremden eher selten Einlass zu den Klubsitzungen der Parlamentarier. Am Mittwoch machten SPÖ und ÖVP eine Ausnahme: als vertrauensbildende Maßnahme waren die Parteichefs Werner Faymann und Josef Pröll im jeweils anderen Parlamentsklub zu Gast. Im Anschluss zeigte man sich mit der Aussprache zufrieden und will das bei Gelegenheit wiederholen.
"Intensiv, lebhaft, angenehm und konstruktiv"
Als
"Zeichen für den guten Willen zu einer guten Zusammenarbeit" wertete Kanzler
Werner Faymann (S) die Aussprache. Intensiv, lebhaft, angenehm und
konstruktiv sei sie gewesen, sagte der SP-Chef im Anschluss an das etwa
80-minütige Treffen mit den VP-Abgeordneten. Inhaltlich drehten sich die
Fragen der Abgeordneten dem Vernehmen nach unter anderem um die EU, die
Haltung der SPÖ zur Kronen-Zeitung und das mögliche dritte Konjunkturpaket.
Gekannt hat Faymann übrigens nur wenige Mandatare des Koalitionspartners:
"Ich kenne alle Abgeordneten der SPÖ, aber nicht der ÖVP."
Das könnte sich nun ändern, denn laut VP-Klubchef Karlheinz Kopf könnte man das Modell durchaus wiederholen - allerdings "nicht gerade jeden Monat", wie er im Anschluss meinte. Schließlich gehe es um eine "Koalition der praktischen Vernunft" und nicht um eine Fusion der beiden Regierungsparteien. Darauf verwies auch VP-Abgeordnete Katharina Cortolezis-Schlager ("die ideologischen Konturen bleiben erhalten"), die außerdem kritisierte, dass SP-Bildungsministerin Claudia Schmied in einer gleichzeitigen Pressekonferenz Kritik an ihrer ÖVP-Vorgängerin Elisabeth Gehrer geübt hatte. Keine Probleme sah dagegen Abgeordneter Michael Ikrath: "Alles Honig und Grießschmarrn."
"Jetzt wissen wir mehr voneinander"
Demonstrativ
amikal zeigte man sich auch im SPÖ-Klub. Es habe zwar nicht in allen Fragen
hundertprozentigen Konsens gegeben, aber eine interessante und konstruktive
Diskussion, sagte Klubobmann Josef Cap nach dem einstündigen Gespräch.
Hauptdissenspunkt sei die Frage Rapid oder Austria gewesen, so
Rapid-Anhänger Cap. Austria-Fan Finanzminister Josef Pröll (V) sprach von
offenen Fragen im Budgetbereich. Auch er bezeichnete die Veranstaltung als
konstruktiv: "Jetzt wissen wir mehr voneinander." Thema seien sein Ressort
betreffende Fragen gewesen.
Die Klubbesuche sollen wiederholt werden, nicht jede Woche oder jeden Monat, aber doch "von Zeit zu Zeit", so Pröll, der mit Applaus und teilweise Standing Ovations begrüßt wurde. "Mit einem Zoo" wollte der ÖVP-Chef den roten Klub auf die Frage am Beginn, ob er vor dem Gang in die Höhle des Löwen nervös sei, nicht vergleichen. Vor der heutigen Visite ist er "hier einmal durchgegangen". An dem koalitionären Austausch teilgenommen haben im SP-Klub neben den Abgeordneten auch Minister, darunter Doris Bures, Rudolf Hundstorfer und Alois Stöger.