Kanzler ortet keinen ÖVP-Absprung aus der Bundesregierung.
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) geht davon aus, dass die Koalition hält. Eine "Strategie" der ÖVP wie 2008 ("Es reicht"), spüre er derzeit nicht, erklärte Faymann am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Beim Thema Asyl zeigte er sich überzeugt, dass die Koalitionsparteien die Probleme gemeinsam lösen. Der SPÖ-Vorsitzende will dann 2016 beim Parteitag und 2018 bei der Nationalratswahl kandidieren.
Verhältnis zu Mitterlehner
Zu Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP), der ihm in einem Interview kürzlich die Regierungsfähigkeit abgesprochen hatte, meinte Faymann, dabei handle es sich um eine "abgehackte Stellungnahme", und fügte launig hinzu: "Ich werde ihn nicht in mein Personenkomitee für meine Wiederwahl nehmen." Er pochte generell in Richtung der Medien auf "objektive Berichte", auch über die gute Zusammenarbeit, verwies er etwa auf die Einigung zur Steuerreform. Hier fehle ihm die Relation.
Dass die ÖVP 2008 die Koalition mit Wilhelm Molterers "Es reicht" aufgekündigt hatte, sei eine "andere Strategie" gewesen, davon "spürt" Faymann beim Koalitionspartner derzeit nichts. Damals sei es darum gegangen, auflaufen zu lassen, in Neuwahlen zu gehen und den Vorsprung "abzukassieren". Die Bevölkerung habe aber "zurecht" einen Strich durch diese Rechnung gemacht. "Davonrennen" oder hinterrücks eine andere Regierungsform zu überlegen, da schaue die Bevölkerung genau hin, meinte der Kanzler. Für derartige Überlegungen habe er aber keine Anzeichen. Er habe auch bereits mit wechselnden ÖVP-Obmännern zusammengearbeitet, mit dem aktuellen dürfte es aber eine längere Zusammenarbeit geben, glaubte Faymann: "Und das hoffe ich auch."
Objektivität fordert der Bundeskanzler auch bei der Berichterstattung über die eigene Partei. Wie in jeder anderen Gruppierung gebe es hier Menschen mit unterschiedlichen Meinungen. Seine Verlusten im APA-OGM-Vertrauensindex kommentierte Faymann so: "Ich kann nicht jedem Index nachlaufen. Ich lese es, nehme es zur Kenntnis." Entscheidend sei aber die Nationalratswahl und bei dieser sei er Erster gewesen. Auch 2018 will er wieder SPÖ-Spitzenkandidat sein und 2016 beim Parteitag kandidieren.
Asyl
Faymann vertrat beim Thema Asyl weiterhin seinen von den ÖVP-Landeshauptmännern abgelehnten Vorschlag, die Flüchtlingsunterbringung in Österreich mittels Bezirksquote zu organisieren. Auf europäischer Ebene habe man nun erstmals ebenfalls über eine Verteilung mittels Quote gesprochen, dies sei bereits ein Fortschritt. Es brauche eine faire Verteilung in Österreich, denn das Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen könne die Last nicht alleine tragen. Zelte seien "keine Alternative", stellte Faymann fest. Er geht weiterhin von einer gemeinsamen Lösung in Österreich aus, auch wenn man sich mitunter "zusammenstreiten" werde.
Auf die Frage, ob er sich Medienmanager Gerhard Zeiler, der sich zuletzt selbst als SPÖ-Chef ins Spiel gebracht hatte, als ORF-Generaldirektor vorstellen könnte, meinte Faymann, es gibt derzeit einen Generaldirektor und über den nächsten werde das Kuratorium entscheiden. Einen Kandidaten für die Bundespräsidentschaftswahl habe die SPÖ noch nicht, so der Parteichef.