Am 12. November 1918 wurde die Republik Österreich ausgerufen. Heute fand ein Festakt in der Hofburg statt.
Bundespräsident Heinz Fischer wünschte in seiner Ansprache der Republik eine "friedliche Zukunft" und mahnte zu raschen Handlungen, um die Wirtschaft zu stabilisieren, sonst drohe "ein verstärkter Nationalismus und die Flucht in verschiedene Radikalismen".
Geburt der Republik "schwierig"
"Der 12. November
1918 war kein Tag der Harmonie. Es war ein sehr kontroversieller Tag am Ende
eines schrecklichen Krieges. Viele waren voller Hoffnung und für andere
brach eine Welt zusammen", so Fischer. Aus einer europäischen Großmacht
sei ein "geografisch und ressourcenmäßig amputiertes Land"
übriggeblieben. Für einen beträchtlichen Teil der Einwohner dieses neuen
Staates, "den viele nicht wollten und obendrein nicht als lebensfähig
erachteten", schwankte der Boden unter den Füßen. Gleichzeitig habe es
neue Hoffnung gegeben, aber "Idealismus ohne Arbeit, Hoffnung ohne Brot
- das war keine Startrampe in eine gute Zukunft".
1938 sei der "auf schwachen Beinen" stehende österreichische Ständestaat von der Landkarte gelöscht und dem sogenannten Dritten Reich einverleibt worden. Der "Alptraum" habe bis 1945 gedauert, als "der totale Krieg mit der totalen Niederlage endete", "die totale Diktatur nicht nur ihre totale Unmenschlichkeit, sondern letztlich auch ihre totale Feigheit offenbart hatte", indem sich der Hauptverantwortliche durch Selbstmord jeder "irdischen Verantwortung entzog".
1945 war Start "leichter"
Der Start "aus Schutt
und Trümmern" danach sei "ungeheuer schwierig" und
gleichzeitig leichter als 1918 gewesen, "denn ein vernunftbegabtes
menschliches Wesen konnte der Zeit vor 1945, der Zeit des Krieges und des
Holocaust nicht nachtrauern", sagte Fischer. Die Bevölkerung habe "den
Unterschied zwischen Diktatur und Demokratie, zwischen der Rot-Weiß-Roten
Fahne und dem Hakenkreuz, zwischen Krieg und Frieden, zwischen Humanität und
Bestialität erfasst".
In der Zeit des Wiederaufbaues sei jedoch eine weitreichende Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und mit der Verstrickung vieler Österreicher in die Verbrechen dieser Ära zu kurz gekommen. Auch der Umgang mit jenen Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten, sei in vielen Fällen - "zumindest aus heutiger Sicht - nicht zufriedenstellend gewesen". Erst in den letzten Jahren sei es zu einer intensiven Beschäftigung mit diesen Fragen und konkreten Maßnahmen gekommen, so Fischer mit Verweis auf die Entschädigungen.
Der Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz, Vorarlbergs Landeshauptmann Herbert Sausgruber (V), hielt ein Plädoyer für Europa mit einer Aufforderung zu Reformen. "Europa ist da, wo wir liegen und leben und arbeiten, mehr unser Schicksal als umgekehrt." Die Architektur des Baues sei nicht fertig und keineswegs perfekt, "aber wirklich brauchbare Alternativen gibt es für uns nicht". "Europa kann und sollte handlungsfähiger werden", so Sausgruber. In der aktuellen Krise habe Europa gut agiert. Aber es bräuchte einen politischen Mechanismus, "der in einer vernünftigen Form notwendige Einheitlichkeit und Handlungsfähigkeit in Grundsätzen und Eckpunkten und Spielräume für Mitgliedstaaten, Regionen und Gemeinden in der Ausformung definiert".
"Damit Europa bei den Menschen Zustimmung findet, ist es wesentlich, dass Aufgaben, die besser vor Ort erledigt und umgesetzt werden können, sinnvollerweise auch dort gelöst werden dürfen. In der pragmatischen Balance zwischen Einheit und Spielraum liegt viel Kraft", sagte der Landeshauptmann.
An dem Festakt nahmen Vertreter der Kirchen, der Regierung, des Parlament, der Länder und die Sozialpartner teil. Für den musikalischen Rahmen sorgten Kammersängerin Ildiko Raimondi und das Radio Symphonie Orchester sowie die Wiener Sängerknaben.