Die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) hat bei den Arbeiterkammer-Wahlen in Wien ihre absolute Mehrheit verteidigen und sogar zulegen können. Sie kam laut vorläufigem Endergebnis auf 60,8 Prozent - ein Plus von 2,1 Prozentpunkten. Geringe Verluste setzte es indes für den schwarzen Arbeitnehmerbund ÖAAB-FCG. Blaue und Grüne blieben stabil.
AK-Präsidentin Renate Anderl, die für die roten Arbeitnehmer in Wien als Spitzenkandidatin ins Rennen ging, wertete das Resultat als Beleg dafür, "dass die Beschäftigten in Wien wissen, wer für sie da ist, wenn der Schuh drückt". Die FSG mache die "richtige Politik". Das Ergebnis zeige zugleich, "dass die Politik der Bundesregierung nicht jene ist, die die Anliegen der Beschäftigten ernst nimmt".
An zweiter Stelle hinter der FSG landete der ÖAAB-FCG mit 9,8 Prozent (2014: 10,3). Platz drei konnten die Freiheitlichen Arbeitnehmer (FA) mit 9,0 Prozent belegen - jenem Wert, den die Blauen auch 2014 eingefahren hatten. Dahinter lagen erneut die Alternativen, Grünen und Unabhängigen Gewerkschafter (AUGE/UG). Sie konnten mit 8,0 Prozent ebenfalls ihr Ergebnis stabil halten.
Wahlbeteiligung deutlich gestiegen
Damit verteilen sich die Sitze im künftigen Wiener Arbeitnehmerparlament nach jetzigem Stand wie folgt: Die FSG kommt auf 114 Mandate (2014: 110), der ÖAAB-FCG auf 18 (19), die FA auf 16 (17) und AUGE/UG auf 14 (14). Die restlichen Mandate verteilen sich auf die Fraktionen Grüne Arbeitnehmer (5), Liste Perspektive (3), Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Arbeiternehmer (2), Gewerkschaftlicher Linksblock (2), Liste TÜRK-IS (2), Fair und Transparent (2), KOMintern (1) und Bunte Demokratie für Alle (1). Das Team Brandl, das heuer neben Fair und Transparent das erste Mal aufstellen ließ, schaffte als einzige der 13 angetreten Listen kein Mandat.
Die Wahlbeteiligung konnte bei den Wiener Wahlen diesmal gesteigert werden. Genauere Zahlen und Analysen wird Anderl am heutigen Mittwochvormittag in einer Pressekonferenz präsentieren. Das endgültige Endergebnis soll nach Auszählung der noch per Post eintreffender Briefwahlstimmen am Samstag vorliegen und kann noch - wenn auch wohl geringfügige Verschiebungen - bringen.
In Oberösterreich hat die AK-Wahl bereits am Montag geendet, das vorläufige Endergebnis wurde am späten Dienstagabend bekannt und brachte ein Rekordergebnis für die rote FSG von rund 71 Prozent sowie leichte Zugewinne für Freiheitliche und Linke. ÖAAB-FCG und Grüne mussten Verluste hinnehmen.
In Niederösterreich und dem Burgenland endete die Wahl ebenfalls bereits am Dienstag. Hier wird es allerdings erst im Lauf des heutigen Mittwochs Resultate geben. Noch im Laufen ist die der Urnengang hingegen in der Steiermark als letztem Bundesland. Mehr als 427.000 Wahlberechtigte können hier noch bis 10. April ihre Stimme abgeben.
Wiener Beteiligungs-Plus durch "sinkendes Vertrauen" in Bund
Die Arbeiterkammer hat bei Wahlen tendenziell mit einer niedrigen bzw. sinkenden Teilnahme zu kämpfen. Beim Wiener Urnengang, dessen vorläufiges Ergebnis in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch veröffentlicht wurde, gab es diesmal aber ein Plus bei der Wahlbeteiligung. "Das ist Ausdruck eines sinkenden Vertrauens in die Bundesregierung", analysierte SORA-Geschäftsführer Günter Ogris am Mittwoch.
Konkret gaben heuer 42,5 Prozent der rund 730.000 wahlberechtigten Kammermitglieder ihre Stimme ab. In diesem Wert sind auch schon jene prognostizierten Briefwahlkarten miteinberechnet, die bis zur Bekanntgabe des endgültigen Endresultats am Samstag noch eintrudeln und ausgezählt werden. Damit konnte man die Wahlbeteiligung um 3,9 Prozentpunkte gegen 2014 (38,6) steigern.
"Das hat uns besonders überrascht", sagte Ogris. Denn eine Reihe von "soziologischen Trends" wie die gestiegene Anzahl an Erstwählern, Pendlern oder Arbeitgeberwechseln "sollten eigentlich zu einer niedrigeren Wahlbeteiligung führen". Das Meinungsforschungsinstitut SORA hat sich auf Basis von 1.002 Befragungen während des Wahlzeitraums nun die Gründe für die ungewöhnliche Entwicklung angesehen. Dabei zeigt sich, dass die Wahlbeteiligung unter jenem Personenkreis, die laut eigenen Angaben kein Vertrauen in die Bundesregierung haben, mit 52 Prozent besonders hoch war.
Ein Indiz für eine Art negative Botschaft an Türkis-Blau sieht SORA auch in den wichtigsten Wahlkampfthemen für die Befragten: Für 91 Prozent war das Leistbares Wohnen, für 94 Prozent "Soziale Gerechtigkeit bei den Steuern" und für 70 Prozent "Gegen die 60-Stunden-Woche". "Der Protest richtet sich gegen die Arbeitszeitpolitik der Bundesregierung. Und es gibt eine Enttäuschung, weil die Bundesregierung nichts gegen steigende Mieten unternimmt", fasste Ogris zusammen.
AK-Präsidentin Renate Anderl, die erstmals als Spitzenkandidatin in Wien für die FSG angetreten war, schaffte für ihre Fraktion einen Zugewinn um 2,1 Prozentpunkte auf 60,8 Prozent. "Jetzt, wo die Bundesregierung einseitig Wünsche der Industrie und Wirtschaft erfüllt, haben die Arbeitnehmer gezeigt, wie wichtig es ist, eine starke Stimme zu haben - und das sind wir, die FSG", interpretierte sie ihren Erfolg. Anderl möchte das Resultat zwar nicht als "Denkzettel", aber als "Denkanstoß" für Türkis-Blau verstanden wissen, dass es nicht der richtige Weg sei, über die Beschäftigten und ihre Interessensvertretung einfach "drüberzufahren".
Das endgültige Endergebnis wird am Samstagvormittag vorliegen. Maßgebliche Änderungen gegenüber dem vorläufigen Resultat werden nicht erwartet.
Freude bei der SPÖ
Erfreut haben die Sozialdemokraten auf die Ergebnisse der AK-Wahlen in Wien und Oberösterreich reagiert. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sprach von einem großartigen Erfolg der FSG und gratulierte "von ganzem Herzen". Die Ergebnisse würden zeigen, dass die Arbeitnehmer die Sozialdemokratie als ihre Interessensvertretung sehen und wissen, wer ihnen Dinge wie den 12-Stunden-Tag eingebrockt habe.
NEOS sehen niedrige Wahlbeteiligung als Anlass zum Umdenken
NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker sprach sich angesichts der niedrigen Wahlbeteiligung einmal mehr für eine Umstrukturierung der Kammern aus. "Spätestens jetzt ist klar: Die Zwangsmitgliedschaft hat sich überlebt. In einem freien und demokratischen Land sollte jeder das Recht haben, selbst zu entscheiden, ob er einer Interessensvertretung angehören möchte oder nicht", so Loacker.
Rendi-Wagner & Drozda gratulieren zum großartigen Erfolg der FSG
„Ich freue mich sehr für die FSG in Wien und Oberösterreich, für Renate Anderl, Johann Kalliauer und deren Teams. Das ist ein großartiger Erfolg der FSG. Die Ergebnisse zeigen deutlich, wen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als ihre Interessensvertretung sehen - die Sozialdemokratie. Ich gratuliere von ganzem Herzen“, sagt SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner zum AK-Wahlergebnis in Wien und Oberösterreich. „Nachdem die FSG bereits in Kärnten auf hohem Niveau noch Zugewinne verzeichnen konnte, zeigt die FSG in Wien und Oberösterreich, dass da auch noch was geht“, freut sich SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda. Beide Bundesländer haben zugelegt. In Oberösterreich gibt es sogar mit 71,02 Prozent und einem Plus von 5,5 Prozent das beste Ergebnis seit 1945 für die FSG. Sehr erfreulich ist für Drozda auch die deutlich gestiegene Wahlbeteiligung in Wien.
„Eine um fast 4 Prozent höhere Wahlbeteiligung – und das bei 50.000 Erstwählerinnen und Erstwählern - beweist, dass die Mobilisierung gelungen ist“, sagt Drozda. Das Ergebnis zeige, dass die sozialdemokratischen GewerkschafterInnen mit ihren Werten und Themen, für die sie sich einsetzen auf dem richtigen Weg sind. „Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wissen genau, wer in jeder Lebenslage an ihrer Seite steht, wer sich für Arbeitsbedingungen einsetzt, die nicht krank machen. Wer sich für Löhne einsetzt, von denen man gut leben kann. Sie merken sich aber auch, wer ihnen Dinge wie den 12-Stunden-Tag eingebrockt hat. Der FSG-Wahlerfolg ist ein starkes Signal der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“, sagt Rendi-Wagner.
So gratuliert FPÖ-Rösch Renate Anderl zu ihrem Wahlsieg:
Nachdem gestern die AK-Wahl in Wien geschlagen wurde und die Ergebnisse feststehen, ist es jetzt Zeit, wieder die Ärmel aufzukrempeln und zu arbeiten zu beginnen. Vorweg ist Renate Anderl zu ihrem Wahlsieg zu gratulieren. Insgesamt ist festzuhalten, dass die gestiegene Wahlbeteiligung demonstriert, dass eine funktionierende Sozialpartnerschaft notwendig und gewünscht ist. Das ist auch ein Auftrag an alle Fraktionen innerhalb der Arbeiterkammer, so heute der FA-Obmann Bundesrat Bernhard Rösch.
Rösch zeigte sich mit der Konsolidierung der freiheitlichen Arbeitnehmer und mit dem Ergebnis prinzipiell zufrieden. Natürlich freut man sich immer über Stimmenzuwachs – wesentlich erscheint in diesem Zusammenhang jedoch die Tatsache, dass dieses Ergebnis auch zeigt, dass die Arbeit der FPÖ in der AK von ihren Wählern positiv aufgenommen wurde. Jetzt gilt es den Weg für künftige Erfolge zu beschreiten, so Rösch.
Aber auch wenn der Wahlkampf vorbei ist, dürfe man nicht vergessen, dass es große ‚Baustellen‘ innerhalb der AK gibt. So etwa die Rettung des VKI aber auch die schonungslose Aufklärung des Wohnbausumpfs, wo ein ehemaliger Gewerkschaftsspitzenfunktionär teil eines roten Netzwerkes zu sein scheint. Ich kann nur alle gutmeinenden Kräfte ersuchen jetzt gemeinsam anzupacken um ‚den Karren aus dem Sumpf‘ zu steuern, so Rösch.