ÖSTERREICH-Interview

"Fürchte mich nicht vor Neuwahlen"

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Werner Faymann bleibt im ÖSTERREICH-Interview hart: „Die Pensionsautomatik wird es mit mir und der SPÖ nicht geben.“

ÖSTERREICH: Sie haben in ÖSTERREICH vor zwei Tagen angekündigt, dass es mit Ihnen als neuem SPÖ-Chef keine Zustimmung zur „Pensionsautomatik“ geben wird.

Werner FAYMANN: Und dabei bleibe ich, egal ob es dem Herrn Molterer gefällt oder nicht: Ich werde nicht zulassen, dass die Pensionisten, die ohnehin am ärgsten unter der Teuerung leiden, von einer Regierung, an der die SPÖ beteiligt ist, in Angst und Schrecken versetzt werden – und ich lasse auch nicht zu, dass junge Leute künftig mit einer Politik der sozialen Kälte konfrontiert sind, in der ein Computer und nicht mehr Menschen die Verschlechterung ihrer Pensionen festlegen. Mit mir und der SPÖ spielt’s das nicht!

ÖSTERREICH: Die ÖVP hat sich aber auf die „Pensionsautomatik“ festgelegt.

FAYMANN: Ich bin kein Esoteriker, aber ich spüre hier den Geist von Wolfgang Schüssel wehen. Das Ganze ist ein uralter Schüssel-Vorschlag, den die SPÖ seit je ablehnt.

ÖSTERREICH: Ihr Sozialminister und Ihr Kanzler haben der Pensionsautomatik in der Regierung aber zugestimmt.

FAYMANN: Das stimmt so nicht. Sozialminister Buchinger hat geschaut, wie weit er bei Pensionsfrage und Hacklerregelung in den Verhandlungen kommt. Er hat dann das Ergebnis vorgelegt. Meine gesamte Partei hat das Ergebnis klar abgelehnt, weil diese Regelung das Parlament ausschaltet, politische Gestaltung durch Computer-Formeln abgelöst wird. Wir haben klar gesagt: Mit uns nicht. Bei sowas macht die SPÖ nicht mit.

ÖSTERREICH: Das heißt klar: Die „Pensionsautomatik“ wird es nicht geben.

FAYMANN: Es kann einen Bericht der Regierung an das Parlament geben, der auf der Formel dieser „Pensionsautomatik“ beruht – aber die Gestaltung darf dem Parlament nicht aus der Hand genommen werden. Ich bestehe darauf, dass auch künftig Politiker entscheiden, wie sich die Pensionen entwickeln – und nicht Computer.

ÖSTERREICH: Die ÖVP sagt, die Pensionsreform ist dringend.

FAYMANN: Das ist nur für Wolfgang Schüssel wichtig, aber nicht für die Bevölkerung. Jetzt eine Formel für das Jahr 2016 festzulegen, wo kein Mensch weiß, wie sich die Dinge entwickeln, aber Millionen Menschen in Angst und Schrecken versetzt werden – das betrachte ich als kalten Zynismus.

ÖSTERREICH: Und was passiert jetzt mit der „Pensionsautomatik“?

FAYMANN: Ich sage es hier ganz klar: Wir stimmen dem nicht zu, damit geht es nicht in den Ministerrat. Und damit wird es das Ding nicht geben.

ÖSTERREICH: Vizekanzler Molterer sagt, dass es Neuwahlen geben kann, wenn die SPÖ ihr Wort nicht hält.

FAYMANN: Wir sollten konstruktiv arbeiten und uns nicht mit Neuwahlen drohen. Aber ich sage auch klar: Vor Neuwahlen, die der Koalitionspartner mutwillig auf Kosten der Pensionisten, der Jungen, der gesamten Bevölkerung vom Zaun bricht, fürchte ich mich überhaupt nicht. Hier geht es um die Glaubwürdigkeit der Politik, die Verlässlichkeit. Und hier geht es darum, der ÖVP gleich ganz klar zu zeigen, wo die Grenzen sind: Eine Politik der sozialen Kälte, wo Computer die Menschen abkassieren, wir es mit der SPÖ nicht geben .

ÖSTERREICH: Rechnen Sie mit Neuwahlen im Herbst?

FAYMANN: Ich will keine, ich will arbeiten – Gesundheitsreform verbessern, Steuerreform beschleunigen (da gehe ich ab sofort auch persönlich in den Arbeitskreis), ein Doppel-Budget gegen die Teuerung machen. Aber ich sage ganz deutlich: Wenn der Herr Molterer Neuwahlen zum Thema Pensionskürzung haben will, dann fürchte ich mich ganz sicher nicht davor.

ÖSTERREICH: Es gibt in Ihrer Partei viel Widerspruch und Unmut über die Ämtertrennung an der Spitze.

FAYMANN: Die Partei ist so getroffen von den schmerzlichen Wahlverlusten, dass Sie derzeit keine Organisationsform finden werden, mit der alle zufrieden sind. Die SPÖ-Basis will jetzt nicht über Organisationsfragen diskutieren – ob da jetzt zwei, drei oder einer an der Spitze ist – sondern sie will Inhalte besprechen. Und da gehe ich jetzt in eine ganz offensive Diskussion mit den Gewerkschaftern, mit allen Ländern – da gibt es enormen Nachholbedarf an Diskussion und Positionierung. Und das gehe ich rasch an.

ÖSTERREICH: Wird Alfred Gusenbauer im Herbst noch Kanzler sein?

FAYMANN: Ich gehe davon aus, weil es keine Neuwahlen geben wird.

ÖSTERREICH: Und wenn es Neuwahlen gibt – ist Gusenbauer dann Spitzenkandidat?

FAYMANN: Ich unterstütze ihn auch als Spitzenkandidat, aber entscheiden wird das der Bundesparteirat.

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