Neue Details

Gaddafis geheimer Geisel-Plan

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Erstmals liegen ÖSTERREICH weitere Details zu den Unterredungen der Libyer mit den Entführern der österreichi­schen Geiseln vor.

In Bamako steigt vor Ablauf des zweiten Ultimatums die Nervosität. Donnerstagabend ist Präsident Amadou Toumani Touré aus Uganda zurückgekehrt, wo er anlässlich der Eröffnung einer Moschee wohl auch mit dem libyschen Revolutionsführer Muammar Gaddafi das Geiseldrama besprochen hat.

Jedenfalls wird immer deutlicher: Libyen spielt bei den Verhandlungen mit der Al-Kaida-Gruppe, die Wolfgang Ebner und Andrea Kloiber seit über einem Monat gefangen hält, eine immer wichtigere Rolle. Das wird nicht nur aus der Kontaktaufnahme der österreichischen Regierung mit Gaddafi ersichtlich, sondern auch aus libyschen Aktivitäten im gut befreundeten Mali. Konkret soll es letzten Montag eine Kontaktaufnahme mit den Kidnappern gegeben haben – unter der Regie von ­Libyern in Bamako.

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ÖSTERREICH sind nun Details von den Vermittlungsversuchen bekannt: Laut einem gut informierten malischen Insider, der anonym bleiben will, habe es nördlich von Timbuktu ein Treffen zwischen Verhandlern und Geiselnehmern gegeben. Das geheime Treffen soll in der Ortschaft Boû Djébéha stattgefunden haben. Libyen hat das Meeting organisiert und von Bamako aus einen malischen Emissär zu dem Treffen geschickt, so der Malier, der sich auf Diplomatenkreise beruft. Die Geiselnehmer hätten ihrerseits eine Kontaktperson geschickt. Was bei dem Treffen besprochen wurde, ist jedoch unklar. Auch gibt es keine Information darüber, ob es weitere Treffen gab.

Offiziell wird weiterhin nicht über Lösegeld verhandelt. Wie berichtet, sieht Österreichs Sonderbotschafter in Bamako, Anton Prohaska, politische Forderungen im Vordergrund. Malische Journalisten, die sich mit der Geisel-Causa beschäftigen, gehen jedoch davon aus, dass ausschließlich über Geld verhandelt wird. Ousman Maiga von der staatlichen Zeitung L’Essor hält es für gut möglich, dass bei einer eventuellen Zahlung Libyen involviert ist. Das soll ja auch schon bei der Befreiung von 22 malischen Soldaten vor wenigen Wochen der Fall gewesen sein, bestätigt wurde das freilich nie.

Geiseln verlegt?
Malische Medien berichten indes immer ausführlicher über die Entführung. Le Républicain etwa publiziert Fotos von Wolfgang Ebner und Andrea Kloiber auf der Titelseite und fragt: „Wo sind die österreichischen Geiseln?“ Ein Journalist glaubt eine Antwort auf diese Frage zu haben: „Sie haben sich nach Westen bewegt und sind jetzt bei Taoudenni.“ Dort, im riesigen Niemandsland zwischen Mali, Algerien und Mauretanien, gebe es Salzminen, die sich als Versteck eignen. Die Geiselnehmer dürften aber darüber informiert sein, dass der Aufenthaltsort bekannt ist, deshalb die wiederholte Drohung, die Geiseln bei einer Befreiungsaktion zu töten, so der Malier, der sich auf US-Quellen beruft.

Bevölkerung hilft
Es gibt keine Bestätigung für diese Mutmaßung, verständlicherweise hält sich das Außenamt im Interesse der Geiseln sehr zurück. Für Journalist Maiga klingt der Aufenthaltsort jedoch plausibel. In der Region könnten die Geiselnehmer durchaus mit Unterstützung der Bevölkerung rechnen. Konkret hält Maiga es für wahrscheinlich, dass die dortige Tamanschek-Bevölkerung gegen Bezahlung mit den algerischen Terroristen kooperieren.

Florian Lems

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