Kritik

Härtere Strafen für Gewalt an Frauen

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Die Frauenministerin kritisiert das milde Urteil gegen einen Türken, der auf seine Frau einstach: "Das zerstört Jahrzehnte der Frauenpolitik."

ÖSTERREICH: Nach dem milden Urteil für den Messerangriff auf eine Frau - wie reagiert jetzt die Frauenministerin?
Gabriele Heinisch-Honsek: Dieses Urteil richtet sich gegen alle Gewaltopfer. Sie leiden lebenslang darunter. Und viele Opfer werden wohl ihr Vertrauen in die Justiz verlieren. Ich muss dieses Urteil zur Kenntnis nehmen, es aber nicht akzeptieren. Denn es darf nicht zum Handlungsmuster werden, dass sich eine Frau scheiden lässt und ein Mann mit Gewalt darauf reagiert, weil er weiß, dass das bei Gericht ohnehin verharmlost wird.
ÖSTERREICH: Meinen Sie im Ernst, dass der Griff zur Waffe üblich werden könnte?
Heinisch: Es gibt internationale Studien, dass es in Österreich zwar mehr Anzeigen wegen Vergewaltigungen gibt, die Zahl der Verurteilungen aber im Sinken begriffen ist. Ja, ich fürchte, wenn man Opferschutz ernst nimmt, sind viele Urteile zu mild. Da muss man endlich viel genauer hinschauen.
ÖSTERREICH: Dürfen Menschen mit Migrationshintergrund mit Milde rechnen, wenn sie zustechen?
Heinisch: Das ist das nächste fatale Signal in der Begründung, die Staatsanwalt und Richter lieferten. Vor Gericht muss jeder gleich sein, Frauenrechte sind unteilbar. Sonst machen wir Zwangsehen, Genitalverstümmelung und Ehrenmorde salonfähig. Akzeptieren wir da einen scheinbar kulturellen Hintergrund als Erklärungsmuster, schicken wir das nächste fatale Signal in die Gesellschaft.
ÖSTERREICH: Wie soll die Regierung jetzt reagieren?
Heinisch: Die Justizministerin soll endlich Stellung nehmen - zumindest zu einem weisungsgebundenen Staatsanwalt kann und soll sie etwas sagen. Das Skandalurteil ist noch nicht rechtskräftig, ich hoffe jetzt auf eine höhere Strafe. Die Justiz sollte auch erforschen, ob und warum es bei Gewalt gegen Frauen häufig außerordentliche Milde gibt, beziehungsweise das Höchststrafmaß nicht ausgeschöpft wird. Dazu sollen Staatsanwälte und Richter in Kursen für diese Fragen sensibilisiert werden. ÖSTERREICH: Was heißt das für Ihre Frauenpolitik? HEInISCH: Gerade bei Frauen mit Migrationshintergrund ist die Situation besonders sensibel - das Urteil führt sehr viel Integrationsarbeit ad absurdum und gefährdet jahrzehntelange Anstrengungen in der Frauenpolitik.

Nur 6 Jahre für Türken, der eigene Frau niederstach
Seit Tagen sorgt ein Urteil des Wiener Straflandesgerichts für Empörung: Nur sechs Jahre Haft wegen versuchten Totschlags erhielt Ceylan S. - ein geborener Türke, der seit 1980 in Österreich lebt und längst Staatsbürger ist. Der Staatsanwalt fand es "allgemein begreiflich", dass der Mann seine eigene Ehefrau mit mehreren Stichen in den Kopf niedergestochen hatte, als diese ihm sagte, dass sie die Scheidung wolle. Statt Mordversuchs (Höchststrafe: lebenslang) gab es Milde, weil der "kulturelle Hintergrund" des Täters in den Augen der Staatsanwaltschaft und des Gerichts als Milderungsgrund galt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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