Handschellen und Schreiduelle

Schlamm-Schlacht um Hypo-Pleite

Teilen

In einer hitzigen Hypo-Sondersitzung gerät Regierung schwer in die Defensive.

Blaue Handschellen, ein Verpfändungskuckuck – und Schreiduelle. Die Hypo-Sondersitzung gerät zur Schlammschlacht zwischen Regierung und Opposition.

SPÖ und ÖVP verhindern Untersuchungsausschuss
Am Ende schmettern SPÖ und ÖVP den Antrag auf einen Hypo-Untersuchungsausschuss ab – und das, obwohl sogar ÖVP-Abgeordnete für eine Untersuchung des Debakels sind.

  • Kanzler bricht Schweigen. Erstmals seit Scheitern der „Bad Bank“ bricht Werner Faymann sein Schweigen. In seiner Erklärung verteidigte der SPÖ-­Politiker die Notverstaatlichung im Jahr 2009, verantwortlich sei FPÖ-Landeshauptmann Jörg Haider. In ÖSTERREICH geht Faymann in die Offensive und kritisiert auch Ex-ÖVP-Finanzministerin Maria Fekter. Und: Eine Insolvenz der Hypo schließt Faymann nicht aus.
  • Finanzminister Michael Spindelegger wettert: „Ich muss als Finanzminister wegräumen, was damals von der Kärntner Politik angerichtet wurde.“ Er verteidigt die Anstaltslösung, bei der die Steuerzahler zur Kasse gebeten werden. Summe nennt er keine. Stattdessen bekrittelt der den „Wettbewerb der Beschimpfungen“.
  • Handschellen-Strache. HC Strache versucht, mit wütenden Angriffen von Haider abzulenken. Er hat Handschellen dabei: „Bis jetzt gibt es nur einen verurteilten ­Politiker, den Kärntner ÖVP-Chef Josef Martinz!“
  • Strolz mit Kuckuck: NEOS-Chef Matthias Strolz klebt zum Entsetzen aller eine Pfändungsmarke auf die ­Regierungsbank – und wird allseits dafür gescholten. Seine Partei-Kollegin Meinl-Reisinger spricht gar von einem „Dreckhaufen“.
  • Schreiduell Kogler – Fekter: Derweil geraten Fekter und der Grüne Werner Kogler aneinander, streiten lautstark, wer schuld am Debakel ist. Am Rednerpult rechnet der Grüne mit Spindi ab, kritisiert die Belastung der Steuerzahler und ruft: „Geben Sie mir den Minister-Job – ich zeige Ihnen, wie es geht.“

Kanzler Faymann bricht das Schweigen: "Schließe Konkurs nicht mehr aus"

ÖSTERREICH: Was wird denn nun mit der Hypo passieren?
Werner Faymann: Der Finanzminister hat gesagt, dass es bis spätestens Sommer eine Lösung geben wird. Wir haben keine Zeit zu verlieren, aber ich werde jetzt keinen Druck ausüben, der eine bessere Lösung – wie etwa die Bayern doch zu involvieren – verhindern könnte.

ÖSTERREICH: Warum hat man nicht viel früher gehandelt?
Faymann: Es wurde gehandelt: Seit der Übernahme der Hypo durch den Bund ist die Bilanzsumme von über 41 Milliarden Euro 2009 auf 27 Milliarden Euro reduziert worden. Jetzt bestehen noch 12,5 Milliarden Euro Haftungen von Kärnten. Wie hoch die Gesamtkosten am Ende sein werden, kann heute niemand seriös beantworten. Ich habe bereits im Sommer vor der Wahl die Kosten für die Hypo in einer Größenordnung von vier bis sieben Milliarden beziffert.

ÖSTERREICH: Und?
Faymann: Damals hatten mir Finanzministerin Maria Fekter und andere vorgeworfen, mit Horrorzahlen zu operieren. Ich wollte aber öffentlich klarmachen, warum wir eine unbefristete Bankenabgabe brauchen, die ich auch durchgesetzt habe. In den nächsten zehn Jahren erhalten wir sieben Milliarden Euro aus der Bankenabgabe. Aber eines muss klar sein: Wir haben ein blaues Debakel aus Kärnten geerbt.

ÖSTERREICH: Aber die FPÖ schafft es, sich als „Aufklärer“ zu inszenieren …
Faymann: Die FPÖ versucht es. Aber Lügen haben kurze Beine. Warum mussten wir die Bank überhaupt retten? Wegen der FPÖ und ihrem verantwortungslosen Agieren. Die polemischen Angriffe von Strache sind unverschämt. Er will nur vom blauen Debakel ablenken.

ÖSTERREICH: Schließen Sie einen Konkurs der Hypo aus?
Faymann: Nein, das schließe ich nicht aus, weil ich es nicht besser weiß als die Experten. Wir haben schon genügend selbstherrliche Politiker, wie Strache, die als Erste eine Bank schädigen und dann die Retter attackieren.

ÖSTERREICH: Wäre ein U-Ausschuss nicht angebracht?
Faymann: Das entscheiden die Parlamentarier. Aber ein U-Ausschuss, der nur von der FPÖ genützt würde, um ihre eigene Verantwortung zu vernebeln, wäre wohl kein Instrument der Aufklärung.

ÖSTERREICH: Sollte Kärnten den Zukunftsfonds nicht bereitstellen?
Faymann: Der Finanzminister hat gesagt, dass er mit dem Kärntner Landeshauptmann darüber reden möchte. Ich möchte Peter Kaiser da nichts über Medien ausrichten.

Interview: Isabelle Daniel

Jetzt auch ÖVPler für U-Ausschuss

Am Montag mauerten die Regierungsparteien noch, doch die Front bröckelt bereits.
„Der Untersuchungsausschuss ist notwendig und muss kommen, die Menschen sind angefressen und das zu Recht“, NEOS-Chef Matthias Strolz zeigte sich am Montag kämpferisch. Gemeinsam mit den anderen Oppositionsparteien forderte er lautstark einen U-Ausschuss zur Hypo-Pleite.

„Wir lassen nicht locker. Diese Vorgänge müssen aufgeklärt werden“, sekundiert auch der Grüne Werner Kogler und kündigte schon die nächsten Sondersitzungen und Anträge an.

Die Mühen könnten fruchten: Nachdem Vorarlbergs VP-Landeshauptmann Markus Wallner einen U-Ausschuss gefordert hat, bröckelt auch im ÖVP-Klub die Front. „Wenn die Abwicklung geschafft ist, in einem halben Jahr oder so, sollten wir mit einem U-Ausschuss die politische Verantwortung klären“, sagte Nationalrat und Kärntens VP-Chef Gabriel Obernosterer zu ­ÖSTERREICH. Sein Kollege Jakob Auer ist ebenfalls für einen Ausschuss „nach einer Ruhepause“. Am Ende wurde der Antrag zwar abgelehnt, doch die SPÖ-Abgeordnete Daniela Holzinger stimmte für den Ausschuss.

Kogler wittert Interessen der Raiffeisen-Bank
In ÖSTERREICH wird Werner Kogler auch konkret, was in einem Ausschuss aufgeklärt werden müsste. So sieht er bei der Notverstaatlichung der Hypo die Raiffeisenbank als möglichen Drahtzieher. Sie hätte über ihre drei anderen Hypo-Landesbanken bei einer Pleite mitzahlen müssen. „Dieser Politikfilz gehört dringend durchleuchtet“, so Kogler.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.