+++ Heinz Fischer über die Regierung +++ Sein neues Leben +++ Und sein Rat an die Enkerl
Ein gut gelaunter, wenn auch nachdenklicher Ex-Bundespräsident Heinz Fischer stellt sich am Nationalfeiertag im oe24.TV-Interview den Fragen von ÖSTERREICH-Herausgeber Werner Schima und Politik-Insiderin Isabelle Daniel.
Fischer skizzierte, wie er heute seine Nationalfeiertagsrede halten würde. Aufgrund der Verschiebung der Wahlwiederholung der Hofburg-Wahl hat die Republik bekanntlich nach wie vor keinen Bundespräsidenten. Fischer berichtete im oe24.TV-Gespräch aber auch von seinen Träumen – eine Fahrt durch Frankreich –, von seinem neuen Leben und den Problemen der Regierung.
Heinz Fischer: "Es gab keinen Pensionsschock"
ÖSTERREICH: Was hätten Sie in Ihrer Nationalfeiertagsrede gesagt, wenn Sie noch Präsident wären?
Heinz Fischer: Ich glaube, einer der Schwerpunkte hätte Europa sein müssen, weil wir hier echte Sorgen haben. Die Lage der Europäischen Union ist nicht einfacher geworden. Das Flüchtlingsproblem ist noch ungelöst, es gibt noch Spannungen zwischen Europa und Russland. Die Regierung wird unbedingt die nächsten Monate nützen müssen, um die Erwartungen zu erfüllen, die in weitesten Kreisen der Bevölkerung vorhanden sind. Man sollte bei einer solchen Rede aber keine Standpauke halten und sich nicht wichtig machen, aber auch nichts Wichtiges unter den Tisch fallen lassen.
ÖSTERREICH: Die Stimmung im Bundespräsidentenwahlkampf ist eine polarisierte …
Fischer: Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Die Bundespräsidentenwahl löst natürlich Emotionen aus, aber wenn ich das konkret analysiere, dann stelle ich fest, dass Herr Professor Van der Bellen sich sehr zurückhält und auch Herr Hofer als nicht enorm zuspitzend erscheinen möchte. Ich würde mich wundern, wenn dieser Stil nicht bis zum Schluss beibehalten würde. Wenn man sich um dieses Amt bewirbt, kann man nicht als Raufbold auftreten. Die inakzeptablen Bewertungen sind eher in den sozialen Netzwerken, nicht bei den Kandidaten.
ÖSTERREICH: Was sagen Sie zum Gezerre bezüglich CETA?
Fischer: Die Art, wie CETA gelaufen ist, ist ein Minus-Punkt. Manche Menschen und manche Institutionen haben ernsthafte Sorgen. Da gibt es gezielte Kampagnen, die mit Totschlag-Argumenten, von sinkenden Standards, gefährlichen Importen, gewarnt haben. Da gibt es auch das Handling, dass jahrelang hinter den Kulissen verhandelt wurde, dadurch sind viele misstrauisch geworden. CETA wird schlechter gemacht, als es ist.
ÖSTERREICH: Hätte ein Bundespräsident die Krise der Regierung besser stoppen können?
Fischer: Ich glaube, dass ein demokratisches Land wie Österreich ein Staatsoberhaupt braucht, ein Staatsoberhaupt hat eine völkerrechtliche, politische Rolle. Aber ich kann nicht behaupten, dass die schwierige Situation in der Regierung mit dem 8. Juli begonnen hat und mit der Vereidigung eines neuen Bundespräsidenten beendet sein wird. Die beiden großen Parteien haben gewisse Probleme, das hängt nicht mit dem Amt des Bundespräsidenten direkt zusammen.
ÖSTERREICH: Wie schaut Ihr Alltag nun aus?
Fischer: Das neue Leben ist gar nicht so neu. Ich habe die gleiche Familie, die gleiche Wohnung, die gleichen Interessen. Ich wandere gerne, ich liebe Musik – das alles hat sich nicht verändert. Ich habe einige Aufgaben übernommen, zum Beispiel eine Gastprofessur an der Universität Innsbruck. Ich schreibe Artikel und Bücher, ich freue mich, dass das alles so harmonisch abläuft. Es gab keinen Pensionsschock.
ÖSTERREICH: Was wünscht sich Heinz Fischer privat?
Fischer: Ich möchte möglichst lang gesund bleiben, ich möchte noch die eine oder andere Reise machen und dass es meinen Enkeln gut geht. Ich war in meinem Leben noch nie in Sizilien. Ich möchte auch einmal eine größere Frankreichreise machen, weil mein Französisch miserabel ist.
ÖSTERREICH: Wenn Ihre Enkerl Ihnen sagen würden, Opa, wir wollen in die Politik gehen, was würden Sie antworten?
Fischer: Die Enkerl fragen mich solche Sachen noch nicht, aber meine Kinder. Politik ist etwas sehr Wichtiges, ich habe nie bereut, dass ich diesen politischen Weg gegangen bin. Aber ich habe mir jetzt auch gedacht: Heinz, du hast ein ziemliches Glück gehabt! In der Politik kann man immer nach der einen oder der anderen Seite abstürzen.
Interview: W. Schima, I. Daniel