ÖVP-Minister will EU-Außengrenzschutz stärken.
Vilnius. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hat am Freitagvormittag gemeinsam mit Amtskollegen aus zahlreichen EU-Mitgliedstaaten den Grenzzaun an der litauischen EU-Außengrenze zu Belarus (Weißrussland) besichtigt. Laut Litauen ist die Situation an der Grenze derzeit stabil. Den Ministern wurde auch ein hochmodernes Grenzüberwachungszentrum gezeigt. Im Anschluss startete in Vilnius eine von Österreich mitinitiierte Konferenz der EU-Mitgliedstaaten zum Thema Außengrenzschutz.
Zuvor wurde die EU-Außengrenze besichtigt. In mehreren Bussen reisten 15 Minister sowie mehr als 50 Journalisten von Vilnius an. Es schneite am Freitag in Litauen, bei den winterlichen Straßenverhältnissen dauerte die Fahrt doppelt so lange wie geplant. Dichten Schneefall gab es auch an der grünen Grenze nahe dem Ort Kurmelionys, knapp 50 Kilometer von Vilnius entfernt.
Seit dem vergangenen Sommer versuchen Tausende Migranten, aus Belarus in die Europäische Union zu gelangen. Das Grenzgebiet ist immer wieder Schauplatz einer humanitären Katastrophe, mehrfach wurden Flüchtlinge an der EU-Außengrenze tot aufgefunden. Die EU wirft dem belarussischen Langzeit-Machthaber Alexander Lukaschenko vor, gezielt Menschen aus Krisengebieten wie dem Irak oder Afghanistan nach Minsk eingeflogen zu haben, um sie dann in die EU zu schleusen - quasi aus Rache wegen EU-Sanktionen gegen das autoritären Lukaschenko-Regime wegen Wahlmanipulation und brutaler Unterdrückung jeder Opposition. Besonders betroffen von der Flüchtlingskrise war anfangs Litauen.
Verstärkter Schutz der Grenze
Die Regierung in Vilnius hat darauf mit einem verstärkten Schutz der Grenze und dem Bau von Hunderten Kilometern Grenzzaun reagiert. 175 Kilometer wurden bereits errichtet. Bis zu vier Meter hoch ist die Stahlabsperrung an der Grenze zu Belarus, zusätzlich gesichert durch Stacheldraht und Videoüberwachung. 679 Kilometer lang ist die Grenze zwischen den beiden Ländern, sie verläuft teilweise durch Flüsse und Seen.
Es brauche Zäune, "um irreguläre Migration zu verhindern", gab sich Karner vor dem meterhohen, grünen Grenzzaun im dichten Schneefall überzeugt. Auch für Österreich als Binnenland ist der Schutz der Außengrenze wichtig, habe es im Vorjahr doch rund 39.000 Asylanträge gegeben.
Die litauische Innenministerin Agne Bilotaite bedankte sich in einem Statement vor dem Zaun bei Kurmelionys bei den Mitorganisatoren der Konferenz, neben Österreich auch Polen und Griechenland. "Wie können wir diese Grenzen schützen", fragte Bilotaite. Das müsse bei der Konferenz diskutiert werden. Bereits seit August weist der litauische Grenzschutz Migranten ab, mehr als 8.100 Menschen wurden seitdem am illegalen Grenzübertritt gehindert, zuletzt mit deutlich fallender Tendenz. Der "hybride Angriff" der autoritären Führung sei aber noch nicht beendet, meinte Bilotaite. Aktuell sei die Situation stabil, die Ruhe könne aber trügerisch sein. Denn noch immer seien mehrere Tausend Migranten in Belarus, sagte die litauische Ministerin. Derzeit sei es an der Grenze ruhiger als noch Wochen zuvor, betonte auch Behördenchef Rustamas Liubajevas an der Grenze. "Wir müssen jedoch weiterhin wachsam sein, um die Kontrolle und den Schutz der Staatsgrenze zu gewährleisten", forderte der Kommandant der Grenzschützer.
Befugnisse des Militärs verlängert
Litauen wird weiterhin Soldaten an der Grenze einsetzen. Das Parlament in Vilnius verlängerte erst am Donnerstag die weitergehenden Befugnisse des Militärs um drei Monate bis zum 13. Mai. Damit dürfen Soldaten weiter Fahrzeuge und Menschen im Grenzgebiet stoppen und durchsuchen. Nach Regierungsangaben unterstützen gegenwärtig mehr als 1.000 Soldaten den Grenzschutz bei seiner Arbeit.
In Vilnius fand im Anschluss an den Grenzbesuch die von den Mitgliedstaaten selbst veranstaltete Konferenz statt. Daran nahm auch EU-Innenkommissarin Ylva Johansson teil. "Wir wollen Allianzen der Vernunft bilden", meinte Karner zuvor. Die Mitgliedstaaten sollen sich in der Migrationsfrage auf jene Themen konzentrieren, bei denen Einigkeit herrscht. "Die Europäische Kommission ist hier gefordert, die Mitgliedstaaten zu unterstützen - auch beim Bau von Grenzanlagen", forderte der heimische Innenminister. Die EU-Kommission lehnt Forderungen der Länder nach Übernahme von Kosten für den Bau von Grenzzäunen zur Flüchtlingsabwehr ab. Ziel der Konferenz ist eine gemeinsame Erklärung der teilnehmenden Länder und EU-Institutionen. Die litauische Ministerin Bilotaite gab sich im Vorfeld zuversichtlich, dass ein gemeinsamer Weg gefunden werde.