Das Duell: ÖSTERREICH-Herausgeber Werner Schima gegen oe24.at- & oe24.TV-Chefredakteur Richard Schmitt.
Werner Schima: "Strache zerstört offenbar sein politisches Lebenswerk"
Es muss wohl der Rausch nach dem Hochgefühl bei der Raucher-Demo gewesen sein, der Heinz-Christian Strache dazu animiert hat, seiner Partei das baldige Comeback anzubieten. Ist ja nicht ganz unverständlich: Einem Polit-Junkie auf Entzug wie ihm muss es einfach eine Überfülle an Glückshormonen bedeutet haben, wieder auf einem Podium stehen zu dürfen und dafür Applaus zu ernten.
Der Zeitpunkt des Absetzens seines Facebook-Postings – kurz nach Mitternacht – legt zudem den Verdacht nahe, dass Strache davor auf seine gefühlte Rückkehr auf die Polit-Bühne angestoßen haben konnte.
Er arbeitet daran, dass die FPÖ wieder einstellig wird
Wenn das Ganze aber von Straches Seite wirklich ernst und mit Kalkül gemeint, also keine „b’soffene G’schicht“, war, ist es nur ein weiterer Schritt in seiner Politik der verbrannten Erde gegenüber der eigenen Partei. Hier ist einer ganz offensichtlich drauf und dran, sein Lebenswerk zu zerstören. Denn – ganz unabhängig davon, wie man zu Strache steht – es ist unbestritten, dass es vor allem er war, der die FPÖ nach der BZÖ-Abspaltung wieder zu einem relevanten politischen Faktor gemacht hat. Jetzt allerdings arbeitet er mit Hochdruck daran, sie wieder in den einstelligen Prozentbereich zurückzubomben.
Strache hat offenbar immer noch nicht genug
Das Angebot seines „Comebacks“ ist eine weitere Desavouierung seiner früheren Freunde und Verbündeten Norbert Hofer und Herbert Kickl. Der Mann, der seiner Partei Ibiza eingebrockt hat (und offensichtlich immer noch nicht wahrhaben und begreifen will, was er dort getan hat), der die FPÖ damit aus der Regierung geschossen hat, und aufgrund seiner Spesenregelung (die den blauen Kernwähler erst so richtig aufzuregen vermochte) die Wahl versaut hat, hat offenbar noch immer nicht genug.
Die FPÖ ist nicht so leicht umzubringen. Dieser Hoffnung sollten sich ihre Gegner nicht so schnell hingeben – der Rechtspopulismus ist damit sicher nicht besiegt. Doch die Partei wird sich von diesen Schlägen wohl lange nicht erholen. Woran das liberale bis linke Österreich jahrelang zerbrochen ist, schafft Heinz-Christian Strache quasi im Alleingang.
Richard Schmitt: "Die Reaktion auf Straches Posting zeigt sehr, sehr viel"
Tot, toter – Strache: Das war die bisherige Meinung bei all seinen politischen Gegnern, sowohl in als auch außerhalb der FPÖ. Ein um 0.20 Uhr am Sonntag verschicktes Posting auf Facebook sorgte ja für etwas Aufregung: Der Ex-Vizekanzler deutete einen Comebackversuch an, und er möchte dazu „eine Entscheidung der Parteibasis“.
Fans sind nicht Kreuzritter der Political Correctness
Hochinteressant war, wie viele Journalisten und Partei-„Freunde“ Straches auf diese Botschaft aus der dunkelsten Ecke des innenpolitischen Hades reagiert haben: Häme und Beleidigungen wechselten sich ab, es wurde über Straches Trunkenheit spekuliert, über Straches Cäsarenwahn gelacht.
Seine Fans sehen das aber vielleicht ganz anders. Sie sitzen nicht in Redaktionen oder tummeln sich auf Twitter. Diese Fans sind keine Kreuzritter der Political Correctness. Sie lachen nicht über Strache, sie spotten nicht über ihn, sie finden ihn vielleicht sogar noch immer cool: Bei der Raucher-Demo auf dem Ballhausplatz applaudierten viele, riefen „Bravo“, klopften Strache auf die Schulter. Diesen Österreichern, die die Moral unserer Innenpolitik vielleicht besser einschätzen als mancher Politik-Wissenschafter, ist offenbar ziemlich egal, wer eine Zeitung kaufen will und wie viel Spesengeld Strache pro Monat verbraucht.
Die Umfragen über die Erfolgschancen einer „Liste Strache“ bei der Wien-Wahl 2020 müssten all jene beunruhigen, die Heinz-Christian Straches politisches Ende schon gefeiert haben: Bis zu 8 % der Wiener würden ihm noch immer ihre Stimme geben. Ohne Wahlwerbung, ohne einen einzigen Wahlkampfauftritt. Und trotz aller Skandal-News.
Nur eine Anklage Straches verhindert sein Comeback
Dieses Faktum nervt am meisten die eigenen Ex-Parteifreunde: Beim Antreten einer „Liste Strache“ bei der Wien-Wahl müsste die FPÖ mit starken Stimmenverlusten rechnen – der Ex-Chef wird sich seine Mandate ja nicht von den Grünen holen.Auch wenn’s vielen nicht passt: Für Heinz-Christian Strache wäre ein Comeback möglich. Nur einer könnte ihn wirklich stoppen: der Staatsanwalt, wenn er kurz vor der Wien-Wahl die Spesen-Causa Strache zur Anklage bringt. Erst dann ist es aus – rien ne va plus.