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Nach Attacken

Justizministerin Zadic: "Der Hass ist explodiert"

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Serie: ÖSTERREICH und oe24.TV haben täglich einen neuen Minister im Interview.

Wien. Noch vor Amtsantritt war Justizministerin Alma Zadic (Grüne) mit einer Hasswelle von rechts konfrontiert. Grund für die Attacken: die Herkunft der vor 26 Jahren aus Bosnien geflüchteten Anwältin. Im Interview erzählt die 35-Jährige, wie sie damit umgeht.

ÖSTERREICH: Sie waren schon in der Vergangenheit mit Hasspostings konfrontiert. Aber haben Sie, als Sie für den Ministerjob zusagten, damit gerechnet, dass es dieses Ausmaß annehmen würde?

Alma Zadic: In dem Moment, als ich in die Politik ging, habe ich gewusst, dass Hasspostings immer ein Thema sein werden. Aber als ich mich beim grünen Bundeskongress zur Wahl als Ministerin gestellt habe, ist das regelrecht explodiert. Dass es so ein Ausmaß annimmt, hätte ich mir nicht gedacht. Ich habe aber auch viel Solidarität erfahren.

ÖSTERREICH: Fühlen Sie sich in der Sache von Kanzler Kurz ausreichend unterstützt?

Zadic: Ich fühle mich von allen Seiten gut unterstützt. Sowohl Bundespräsident, Kanzler als auch Nationalratspräsident haben sich dazu klar geäußert. Wirklich schön finde ich auch, dass einige Bürger im Ministerium anrufen und uns sagen, dass sie es unerträglich finden, was da im Internet abgeht.

ÖSTERREICH: Was planen Sie für Maßnahmen gegen Hass im Netz?

Zadic: Wir haben im Regierungsprogramm mehrere Ansatzpunkte festgehalten. Geplant ist etwa, dass bei Delikten im Netz, die derzeit Privatanklagedelikte sind, z. B. üble Nachrede, eine Ausforschungspflicht eingeführt wird. Denn es ist sehr oft der Fall, dass Opfer von Hass im Netz selbst das Kostenrisiko tragen. Hier muss es Erleichterungen geben. Ein zweiter Punkt, der mir hier sehr wichtig ist, ist die Verbesserung der Zusammenarbeit mit Facebook und Google.

ÖSTERREICH: Sind Sie – wie Ihr Vorgänger – auch der Ansicht, dass die Justiz gerade einen „stillen Tod“ stirbt?

Zadic: Wir haben im Regierungsprogramm vereinbart, dass die Justiz mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet werden soll. Die Budgetverhandlungen stehen jetzt an – ich habe mir bereits ein umfassendes Bild gemacht und werde da gut vorbereitet hineingehen.

ÖSTERREICH: 90 Millionen Euro mehr pro Jahr braucht es alleine, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Wie werden Sie die Budgetverhandlungen anlegen?

Zadic: Ich möchte den Verhandlungen nicht vorgreifen. Aber wir wissen, dass die Justiz unterfinanziert ist. Die Gerichte müssen wieder Rahmenbedingungen vorfinden, unter denen sie gut und gestärkt arbeiten können. Es gibt insbesondere beim Support-Personal Bedarf. Ich werde mich dafür starkmachen.

ÖSTERREICH: Welches Projekt werden Sie zuerst angehen?

Zadic: Mir geht es jetzt einmal vorrangig um die Stärkung der Korruptionsbekämpfung. Also Abschaffung des Amts­geheimnisses, Einschaurechte für den Rechnungshof in Parteifinanzen, und ich will jene Lücke in den Bestechungsbestimmungen schließen, die Ibiza aufgezeigt hat.

K. Fischer
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