Das Ö1-„Morgenjournal“ erreichte die Außenministerin beim Forum Alpbach.
Die Flitterwochen sind vorbei, und Karin Kneissl muss sich den Nachwehen ihrer Hochzeit stellen. Denn begleitet wurde die Trauung der Außenministerin mit ihrem Wolfgang Meilinger von weltweiter Aufregung um einen ihrer Gäste: Russlands Präsident Wladimir Putin reiste für die Zeremonie in die Südsteiermark. Im Ö1-Interview erklärt Kneissl erstmals, wie es zur brisanten Einladung kam, und gesteht: „Ich habe nicht damit gerechnet, dass er kommt.“
Indes geht es nach dem Liebes-Kurzurlaub für Kneissl jetzt wieder los:
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Alpbach. Der 1. Auftritt nach der Hochzeit führt Kneissl nach Tirol, wo sie die politischen Gespräche beim Forum Alpbach eröffnet und heute nach Ban Ki-moon eine Rede hält.
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EU-Außenministerrat. Kneissl lädt am Donnerstag ihre EU-Amtskollegen zum Gipfel – mit dabei Federica Mogherini.
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US-Außenminister. Ende September trifft sie Mike Pompeo in New York.
Ministerin: "Positiver Effekt für den Fremdenverkehr"
Frage: Die Hochzeit ist eine sehr persönliche Sache. Jetzt ist die Ihre zu einem weltweit beachteten Politikum geworden. Aber damit mussten Sie eigentlich rechnen, oder?
Karin Kneissl: Nein, damit musste ich überhaupt nicht rechnen. Ich hatte die Hochzeit geplant, das ist ein absolut privates Ereignis, und habe Anfang Juni, als ich die Einladungen bekam, Kollegen in der Regierung, natürlich auch den Bundespräsidenten, eingeladen, weil sich das gehört. Ich hatte an dem Abend, als der russische Präsident bei uns zu Gast war, ihm die Einladung gegeben und hatte damit wirklich nicht gerechnet. Es war eine private Feier, und am 19. Juli erfuhr ich dann von der Teilnahme des russischen Staatspräsidenten, und wir haben diesen Besuch weiterhin als private Feier konzipiert. Das war mein Zugang, und es ist glücklicherweise eine wirklich schöne Feier gewesen. Alle, die dabei waren, haben mitgetanzt und mitgelacht.
Frage: Sie haben spontan entschieden, die Einladung auszusprechen im persönlichen Gespräch?
Kneissl: Absolut.
Frage: Sie haben Putin vor der Hochzeit zwei-, dreimal getroffen im Rahmen von politischen Terminen. Würden Sie sagen, Sie sind persönlich mit ihm befreundet?
Kneissl: Nein. Freundschaft, so etwas entsteht nicht so schnell. Wir hatten einige interessante Gespräche, er hat sich für meine Sichtweise auf bestimmte Entwicklungen im Nahen Osten interessiert. Die haben wir geteilt. Letztendlich ist ein persönlicher Kontakt immer etwas, das hilft, um gerade in verfahrenen Situationen – und die haben wir zweifellos mit Russland aus verschiedenen Gründen – eine Vertrauensbasis herzustellen. Seine Teilnahme an der Hochzeit war als Privatperson, wie er selbst nochmals vor einigen Tagen wiederholt hat. Aber es hilft, wenn man da und dort die Atmosphäre herstellt. Ich habe beispielsweise Anfang März auch den türkischen Außenminister zu Gast gehabt. Den habe ich in Seibersdorf ins Dorfwirtshaus eingeladen, was dort für gewisse Furore gesorgt hat.
Frage: Aber Sie beobachten das politische Geschehen seit Jahren, Sie sind seit fast einem Jahr in der Regierung. Sie müssen gewusst haben, dass das politisch Wellen schlagen wird, wenn Wladimir Putin zu Ihrer Hochzeit kommt.
Kneissl: Als ich dann vom russischen Botschafter am 19. Juli erfuhr, dass Putin zur Hochzeit kommen will, haben wir die entsprechenden Vorbereitungen getroffen, weil seine Person einfach diesen Gefährdungswert hat. Wellen schlagen, das kann man jetzt in alle Richtungen sehen: Es hat einen positiven Nebeneffekt gehabt, und die Berichterstattung war ja nicht nur negativ. Die hat auch gezeigt, so feiert man in Österreich eine Hochzeit, hat schöne Landschaftsbilder gezeigt, und das hat auch einen Effekt für die österreichische Fremdenverkehrswirtschaft. Zumindest war das das Echo, nicht nur aus der Region: Ich bin jetzt in Tirol unterwegs, und mich haben mehrere Gastronomen darauf angesprochen: „Danke für das, was Sie da getan haben für den österreichischen Bekanntheitsgrad.“
Frage: Es mag sein, dass sich die Touristiker freuen, aber es gibt auch zahlreiche Reaktionen, die das als Versuch Putins sehen, einen Keil in die EU zu treiben. Dieser Verdacht ist Ihnen nicht gekommen?
Kneissl: Nein, weil ich kenne keine einzige Aussage eines Außenministerkollegen. Ich kenne Aussagen von Journalisten, von Kommentatoren, aber ich habe keine Aussage gehört von einer maßgeblichen politischen Seite.
Frage: Dieses Foto mit dem Knicks am Ende des Tanzes, wenn Sie könnten, würden Sie es ungeschehen machen?
Kneissl: Der Knicks hat sich ergeben aus dem Walzer heraus. Wenn Sie eine Balleröffnung gesehen haben, da haben Sie gesehen, dass es diesen Knicks gibt am Ende. Und der russische Staatspräsident hat sich zuvor verbeugt, und ich habe diese Verbeugung beantwortet mit einem Knicks. Der wurde dann in den Kommentaren als Unterwerfungsakt, als Kniefall, dargestellt. Wer mich kennt, der weiß, dass ich mich niemandem unterwerfe.
Frage: Aber das Bild wird Sie verfolgen, solange Sie im Amt sind.
Kneissl: Es gibt von mir auch andere Bilder, die sicherlich zu meiner Person in irgendeine Assoziation gebracht sind. Das ist eben ein anderes Bild. Aber ich sehe es jetzt nicht als das Bild, das man mit Karin Kneissl verbindet.
Frage: Sie haben nächste Woche Ihre EU-Kollegen nach Wien eingeladen. Wenn es da um die Russlandsanktionen geht – was immer Sie dann sagen, wie glaubwürdig, glauben Sie, kommen Sie dann rüber?
Kneissl: Dieser Außenministerrat nennt sich inoffiziell, weil eben keine Entscheidungen getroffen werden. Weder über Russlandsanktionen noch zu etwas anderem. Es ist ein reiner Gedankenaustausch. Und ich treffe in einigen Wochen US-Außenminister Pompeo. Das heißt, wir arbeiten in alle Richtungen und wir haben bei unserem Treffen unter anderem das Nahostthema, wo ich auch darauf hinweisen werde, dass Russland ein wichtiger Akteur ist. Einer der Wichtigsten im Moment im Nahen Osten, und gerade deswegen müssen wir hier mit Russland als Partner zusammenarbeiten.