Atom-Konzern

Kritik an Schüssel reißt nicht ab

Teilen

Der Wende-Kanzler ist als Aufsichtsrat beim deutschen Energiekonzern RWE tätig.

Der ehemalige Bundeskanzler und jetzige ÖVP-Mandatar Wolfgang Schüssel ist am Freitag heftig wegen seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat beim deutschen Energiekonzern RWE kritisiert worden. RWE hat eine Klage gegen die von den deutschen Behörden angeordnete vorübergehende Abschaltung des Atomkraftwerks Biblis A im Bundesland Hessen eingebracht, wie das Unternehmen am Freitag mitteilte.

"Unverschämtheit"
SPÖ-Umweltsprecherin Petra Bayr sieht in der Klage eine "Unverschämtheit sondergleichen". "RWE stellt seine wirtschaftlichen Interessen ohne jede Scham und ohne Skrupel über die Sicherheit der Bevölkerung", so Bayr. Sie forderte in einer Aussendung vom Freitag eine öffentliche Stellungnahme Schüssels. "Wenn sich Kollege Schüssel schon ein Zubrot bei einem deutschen Atom-Konzern verdient, kann er der österreichischen Öffentlichkeit sicher die Beweggründe für die Klage erläutern", so Bayr. Sie betonte, die RWE-Klage zeige deutlich, mit welchen Mitteln die Atom-Lobby europaweit gegen einen Atom-Ausstieg kämpfe. Sie unterstrich daher die Notwendigkeit einer Bürgerinitiative für ein atomfreies Europa.

FPÖ wünscht Entscheidung
Der freiheitliche Atom-Sprecher und Nationalratsabgeordnete Werner Neubauer forderte von Schüssel eine Entscheidung: Entweder sofort aus dem Vorstand des RWE-Konzerns auszuscheiden, oder sein Nationalratsmandat niederzulegen. "Beides werde wohl aufgrund des Grundkonsenses im Parlament zur Atomkraft nicht zu vereinbaren sein", heißt es in der Aussendung. "Während die Welt voll Unbehagen, Wut und Fassungslosigkeit nach Japan blickt, wo Menschen täglich mit den Auswirkungen des Supergaus umzugehen versuchen und ums tägliche Überleben kämpfen, hat RWE keine anderen Gedanken, als gegen die Stilllegung von Biblis Klage zu erheben", so Neubauer. "Das ist jene Geste, die nun endgültig dieser Atomlobby die hässliche Maske herunterreißt, um sie als menschenverachtende Fratze zu entblößen", so Neubauer.

Der frühere oberösterreichische Anti-Atom-Beauftragte Radko Pavlovec kritisierte, dass am Donnerstag ÖVP und SPÖ den Antrag zur Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der die systematische Abschwächung der österreichischen Anti-Atom-Politik im Zeitraum 2000 bis 2010 untersuchen sollte, abgelehnt hätten. "Die Ablehnung des U-Ausschusses durch die Regierungsparteien erscheint angesichts der bekannten Tätigkeiten der Ex-Bundeskanzler Schüssel und (Alfred) Gusenbauer (S) hochbrisant", erklärt der Energieexperte. Gusenbauer ist Aufsichtsrat im Bauunternehmen Strabag, welches zurzeit am Ausbau des Atomkraftwerkes Mochovce beteiligt ist. "Es entsteht der Eindruck, dass undurchsichtigen wirtschaftlichen Interessen gegenüber den Sicherheitsinteressen der österreichischen Bevölkerung Vorrang eingeräumt wird", so Pavlovec.

Atomlager an der Grenze
Der Waldviertler SPÖ-Landtagsabgeordnete Konrad Antoni kritisierte am Freitag die geplante Errichtung eines tschechischen Atomendlagers an der Grenze zum Waldviertel. Die SPÖ-Niederösterreich werde "alle Möglichkeiten ausschöpfen", um das Endlager zu verhindern. Antoni kritisierte das Abstimmungsverhalten der ÖVP, die bei der Februar-Sitzung des niederösterreichischen Landtags geschlossen gegen einen Landtagsantrag, der sich gegen die Errichtung des Atomendlagers in Tschechien aussprechen sollte, gestimmt habe. Die SPÖ starte nun im Zuge einer bezirksübergreifenden Waldviertelinitiative eine Unterschriftenaktion, mit der den Bewohnern die Möglichkeit gegeben werden solle, sich gegen das Endlager auszusprechen und ihren Protest zu deponieren.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.