Am Montagabend beschloss Bundeskanzler Kurz den Reigen der Sommergespräche 2020.
Bundeskanzler Sebastian Kurz beschloss am Montagabend die ORF-Sommergesprächs-Reihe. Dazu war er zu Gast bei Moderatorin Simone Stribl im Weingut Reisenberg in Wien-Döbling. Obwohl es "Licht am Ende des Tunnels gebe", würden den Österreichern "schwierige Monate" bevorstehen, sagte Kurz bei seiner Kanzler-Rede. Das könne auch zu einem "notwendigen Nachschärfen" bei den Corona-Maßnahmen führen.
Ein normales Leben sei erst wieder möglich – da seien die Prognosen der internationalen Regierungschefs alle in etwa gleich –, wenn es eine Impfung gebe. "Nach all den Gesprächen, die ich geführt habe, sagen die Experten, dass es möglich ist, bis zum Sommer 2021 eine Impfung zu haben", so Kurz. Impfpflicht wird es keine geben, sagt der Kanzler. Obwohl er nicht zur Risikogruppe gehöre, würde er sich impfen lassen, "um meine Eltern und Mitmenschen nicht zu gefährden".
"Der Winter wird für unser Land eine Riesen-Herausforderung werden", sagt Kurz und appelliert an die Bevölkerung: "Durchhalten!".
Kurz: "Wir müssen die sozialen Kontakte reduzieren"
Stärkere Maßnahmen werde es geben, wenn die Ampel auf Rot stehen würde. Bei Städten sei die Herausforderung ein andere und man müsse auf die geografische Lage Rücksicht nehmen. "Ich halte es für sinnvoll, dass wir die Maßnahmen noch einmal nachschärfen", kündigt Kurz an. Am Mittwoch würden die Verschärfungen verkündet werden.
"Wir müssen die sozialen Kontakte reduzieren", appelliert Kurz an die Bevölkerung. Der Kanzler rät zum Abstandhalten und zum Masketragen, wenn der Abstand nicht möglich ist. "Das Wichtigste ist, dass die Bevölkerung mitmacht", so der Bundeskanzler. Ab morgen gibt es Veranstaltungslockerungen, die Kurz mit einer gewissen Skepsis sieht. Aber die großen Events unterliegen strengen Auflagen, so Kurz.
Bei Corona-Fällen in Schulen könne er Schulschließungen nicht ausschließen, aber er hoffe, dass sie nicht notwendig sein werden. Zunächst sollen Klassen geschlossen werden, wenn es möglich ist.
Wirtschaftlich sei Österreich besser mit der Krise umgegangen als viele andere Länder, erklärt Kurz und sagt, es sei der Plan gewesen, keine neuen Schulden zu machen. Die kommenden Jahre müsse man nun ein stabiles Wirtschaftswachstum schaffen.
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Soziale Kontakte müssen reduziert werden
"Nicht nur Gesundheits- sondern auch eine Wirtschaftskrise"
Dass es keinen Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit gibt verteidigte Kurz damit, dass es aktuell nicht nur eine Gesundheits- sondern auch eine Wirtschaftskrise gebe. Daher brauche es Zusammenhalt und Miteinander zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. "Wir müssen auch dafür kämpfen, dass die Jobs erhalten bleiben", erklärte Kurz.
Angesprochen auf die Kritik von Verfassungsrechtlern an den verschiedenen Corona-Maßnahmen der Bundesregierung meinte Kurz, dass sich das Gesundheitsministerium "redlich bemüht" habe, Gesetze und Verordnungen nach "bestem Wissen und Gewissen" auszuarbeiten. Auch der Verfassungsdienst sei eingebunden gewesen. Aber wenn verschiedene Juristen gefragt werden, werde es immer unterschiedliche Meinungen geben, selbst beim Verfassungsgerichtshof. Ob die zu Unrecht eingehobenen Strafen zurückbezahlt werden sollen, beantwortete Kurz nicht und verwies auf den Rechtsstaat, indem es "klare Regeln" für solche Dinge gebe.
Die Postenbesetzungen unter Türkis-Blau verteidigte Kurz damit, dass er immer auf die Qualifizierung geachtet habe. Freilich brauche es aber immer Personen, denen man vertraue. In diesem Zusammenhang verwies Kurz auf die jüngsten Umbesetzung im Aufsichtsrat der Autobahnen Finanzierungsgesellschaft Asfinag durch Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne). Während diese offenbar legitim seien und ohne Kritik blieben, würden Personalentscheidung von ÖVP und FPÖ als "unredlich" dargestellt.
Dass Finanzminister Gernot Blümel als ÖVP-Spitzenkandidat derzeit mitten im Wien-Wahlkampf steht, ist für Kurz kein Problem: "Ich kenne das in Österreich nur so. Ich war Außenminister und Spitzenkandidat." Blümel sei "jung und fit" und werde es schaffen. Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) lege auch nicht sein Amt nieder. Merkwürdig sei, dass aber genau das bei Blümel gefordert werde, so Kurz: "Das kann ich nicht nachvollziehen." Es gelte, bei der Wien-Wahl eine absolute Mehrheit der SPÖ zu verhindern, so Kurz, der als Wahlziel 15 Prozent und den zweiten Platz ausgab.