Die Direktoren drohten mit einem Boykott der geplanten Deutschförderklassen.
Das Match lautet Türkis-Blau gegen Rot, Bund gegen Wien, Minister gegen Gewerkschaft. An den geplanten Deutschförderklassen von ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann entzündet sich die erste große Bildungsdebatte unter der neuen Regierung.
Volksschulen: Aus für den flexiblen Unterricht
Lehrer und Direktoren drohen bereits mit Boykott, blasen zum Aufstand. Sie demonstrieren heute in Wien und ziehen vom Urban-Loritz-Platz zum Minoritenplatz vor dem Bildungsministerium.
Gabriele Lener, Direktorin der Volksschule Vereinsgasse, ist mit ihrer „Plattform zur schulautonomen Umsetzung von Sprachfördermaßnahmen“ dabei. Sie beklagt im ÖSTERREICH-Interview, dass sie zu wenig Information bekomme. „Wir wissen noch gar nicht, wie diese Deutschklassen genau ausschauen sollen“, sagt sie. Lener fordert, dass die Sprachförderung weiter autonom an den Schulen organisiert wird, sonst müsse man Dinge tun, „die das Gesetz vielleicht nicht so vorsieht“.
Die Direktorin kritisiert außerdem, dass der flexible Unterricht in den Volksschulen damit am Ende wäre, da die Stundenpläne der Stammklassen mit jenen der Deutschklassen abgestimmt werden müssten.
Die Stadt Wien hat 100 Fragen an Minister Faßmann zu den Deutschklassen geschickt. Die hat dieser zwar beantwortet – ÖSTERREICH berichtete –, bei Bildungsstadtrat Czernohorszky sind sie aber offenbar nicht angekommen, kritisiert dieser.
Die ÖVP-nahe Lehrer-Gewerkschaft bespricht das Thema kommenden Mittwoch mit Minister Faßmann.
Direktorin Lener: "Wäre pädagogischer Rückschritt"
ÖSTERREICH: Was ist Ihre Kritik an den Deutschklassen?
Gabriele Lener: Wir wissen noch immer nicht, wie diese Deutschklassen überhaupt aussehen sollen. Das Konzept wäre ein pädagogischer Rückschritt.
ÖSTERREICH: Wieso?
Lener: Wir müssten in den Volksschulen zum Fachunterricht zurückkehren, also jede Stunde ein anderes Fach unterrichten. Die Schüler aus den Deutschklassen sollen ja ab und zu zu den Stammklassen dazustoßen, in der Zeit müssten wir immer sprachunsensible Fächer wie Musik unterrichten.
ÖSTERREICH: Aber könnten die Kinder ohne deutsche Muttersprache nicht von den Deutschklassen profitieren?
Lener: 6-Jährige lernen nicht drei Stunden am Tag strukturiert Grammatik und Rechtschreibung. Wir waren da schon weiter. Man müsste massiv im Vorschulbereich investieren, anstatt die Kinder später zu trennen und auf die Ressource Mehrsprachigkeit zu verzichten.
(knd)