Gerald Grosz

Eine bittere Ironie

Ein Kommentar von Gerald Grosz zum Kopftuch-Verbot an Schulen

Es ist eine bittere Ironie unserer Zeit: Ausgerechnet jene Kräfte, die jahrzehntelang für die Rechte der Frauen gekämpft haben, stehen heute im Verdacht, diese Rechte durch falsche Toleranz aufs Spiel zu setzen. Mit der unkontrollierten Zuwanderung aus Kulturkreisen, in denen das Kopftuch Symbol und Werkzeug patriarchaler Unterdrückung ist, wurden auch Denkweisen importiert, die dem mühsam errungenen Fortschritt diametral entgegenstehen.

Wer das Kopftuch als "freie Wahl" verklärt, übersieht, dass es für viele Mädchen weniger Freiheit als vielmehr Pflicht bedeutet -ein sichtbares Zeichen, dass ihr Körper, ihr Leben und ihr Platz in der Gesellschaft von außen bestimmt werden. Europa gründet auf dem Prinzip der Säkularität, auf der Trennung von Staat und Religion. Darum ist es richtig, Mädchen unter 14 Jahren -also in jener Phase, in der Selbstbestimmung erst heranwächst -vor diesem Druck zu schützen. Das von der österreichischen Bundesregierung angekündigte Kopftuchverbot mag daher gut gemeint sein, wirkt aber halbherzig. Solange sich die Umsetzung in politischen Debatten verliert, bleibt es ein Placebo.

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