Wien-Wahl

Minarett-Landtag wurde zu Wahlkampf-Farce

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Die FPÖ wollte mit dem Sonderlandtag den Bau von Minaretten verhindern.

Die FPÖ hat am Dienstag einen Sonderlandtag zur Änderung der Wiener Bauordnung zwecks Verhinderung von Minaretten einberufen. Debattiert wurde zwar unter anderem über den türkischen Ilisu-Staudamm, Thilo Sarrazin und islamische Kulturzentren, aber kaum über das eingebrachte Thema selbst. Stattdessen war die Sitzung von rot-blauem Wahlkampf-Hickhack geprägt. Während die Freiheitlichen der SPÖ "Stimmenfang bei Islamisten" unterstellten und sich dabei vor allem auf den muslimischen SP-Mandatar Omar Al-Rawi einschossen, konterten die Sozialdemokraten mit Vorwürfen der religiösen Hetze.

"Stammgast bei frauenfeindlichen Veranstaltungen"
Der blaue Klubobmann Eduard Schock attackierte Al-Rawi als "Stammgast bei frauenfeindlichen Veranstaltungen" und von "Moscheevereinen". Er sei ein Beispiel dafür, dass islamistische Funktionäre in der SPÖ zusehends die Macht ergreifen würden. FP-Abgeordneter David Lasar, selbst Mitglied der Israelitischen Kultusgemeinde, bezichtigte Al-Rawi - aufgrund seiner Demoteilnahmen nach dem Angriff Israels auf die Gaza-Flotte - der Judenfeindlichkeit: "Aber was sind schon ein paar 1.000 Juden gegen ein paar 100.000 Moslems in Österreich?", griff Lasar zu deftigen Worten.

Parteikollege Johann Gudenus sprach von einem "Kampf der Kulturen" und mutmaßte, dass bei der SPÖ die Zwangsehe offenbar Bestandteil der "exotischen Folklore" beim Thema Zuwanderung sei. Er bezog sich dabei auch auf den wegen seiner umstrittenen Thesen kritisierten deutschen Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin: "Das Volk denkt so wie Sarrazin", während Wiens Bürgermeister Michael Häupl (S) nach wie vor von den "Segnungen der ungezügelten Zuwanderung fantasiert". Thematisch verlief sich die Debatte zwischenzeitlich gar bis zum türkischen Ilisu-Staudammprojekt, in das auch österreichische Firmen involviert sind.

Rote wehren sich
Die Sozialdemokraten wiederum geißelten die Freiheitlichen als "faschistoid" und sprachen dem politischen (Wahl-)Gegner jegliche Fähigkeiten bei den wahrhaft wichtigen Themen ab. Was die Moschee- und Minarettdebatte betreffe, versuche die FPÖ jedoch, "ein künstliches Problem nach Wien zu importieren", ärgerte sich SP-Abgeordneter Kurt Stürzenbecher: "Die FPÖ tut das Einzige, was sie kann: Sie hetzt gegen religiöse Minderheiten und schürt Vorurteile."

Es gebe in der Bundeshauptstadt keinen einzigen Antrag für den Bau einer Moschee mit Minarett. Das einzige derartige Gebetshaus - von Richard Lugner erbaut - stehe seit mehr als 30 Jahren in Floridsdorf und mache keinerlei Probleme. "Ein misslungener Wahlkampfauftakt beim Lugner, der eine Moschee mit Minarett in Wien gebaut hat - das ist typisch für die FPÖ", so Stürzenbecher. Eine Änderung der Bauordnung sei insofern nicht nötig, da bereits jetzt Baubewilligungen nicht erteilt würden, sofern diese das Ortsbild störten, worüber ein Sachverständiger zu entscheiden habe. Es bestreite niemand, dass es Probleme im Zusammenhang mit Muslimen gebe. Der Unterschied sei nur: "Wir haben die Lösungskompetenz, Sie haben die Verunsicherungskompetenz", beschied Stürzenbecher den blauen Mandataren.

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