Die Regierung muss sich entscheiden, ob sie arbeiten oder Neuwahlen will.
Die Spannungen in der türkisgrünen Koalition nehmen wöchentlich zu. Die Atmosphäre zwischen den Regierungspartnern ist miserabel. Trotzdem will keiner der beiden Teile dieser Koalition eine Neuwahl riskieren. Die ÖVP, weil sie weiß, dass ihr die Alternativen ausgehen und der Wahlkampf dann von "der dritten Koalition, die unter Sebastian Kurz geplatzt" sei, dominiert wäre.
Die Grünen nicht, weil sie Angst haben, dann als "nicht regierungsfähig" abgestempelt zu werden und zwischen die Räder der Wähler zu geraten. Die einen könnten ihnen die Kompromisse mit der ÖVP verübeln, die anderen lieber größere Parteien wählen.
Das offizielle Argument gegen vorgezogene Nationalratswahlen ist freilich "die Pandemie". Tatsächlich würde eine Mehrheit der Wähler einen Wahlkampf in Zeiten wie diesen nicht goutieren. Überstrapazieren sollte man aber weder dieses Argument noch die Seuche.
Die Menschen wollen keinen Wahlkampf, weil sie Rezepte für sinkende Neuinfektionsraten und steigende Impfzahlen erwarten. Wenn die Koalitionsarbeit aber nur noch aus Zank und Pressekonferenzen besteht, die nur gemacht werden, um besser als der andere dazustehen -das gilt auch für Grüne -, dann wird das nicht ausreichen. Die Regierungsparteien sollten sich besinnen, wozu sie gewählt wurden. Es gibt genug zu tun. Politikerbefindlichkeiten stehen dabei nicht auf der Prioritätenliste der Wähler.
Isabelle Daniel