ÖSTERREICH bekam in Prag den kompletten "Geheimdienstakte Zilk" in die Hände und veröffentlicht in seiner Sonntag-Ausgabe die wichtigsten Passagen aus dem Dokument.
War Helmut Zilk ein Spion? Oder wurde er in eine Falle gelockt? Sein Akt gefälscht? Ist alles nur ein Missverständnis? Seit einer Woche kennt unser Land kaum ein anderes Thema.
Die Fakten zum Krimi finden sich im Prager „Institut für Studien über totalitäre Regime“. Ein unscheinbares Gebäude im Prager Stadtteil Zizkov, vor einem Jahr wurde es eröffnet. ÖSTERREICH war vor Ort, hat in Prag in die „Geheimdienstakte Zilk“ Einblick genommen – und Erstaunliches gefunden.
Im Institut werden alle Akten über den tschechischen Geheimdienst aus der Zeit des Kommunismus gelagert. Seit ein paar Monaten sind diese Akten offen zugänglich. Das Institut hat die Aufgabe, sämtliche Verbrechen des kommunistischen Regimes aufzuarbeiten. „Wir haben hier insgesamt zwanzig Kilometer Papier. Ein Meter dieser Akten sind 10.000 Seiten, fein geschlichtet in kleinen Kisten, die in fünf verschiedenen Lagerhallen in Regale gestapelt sind“, sagt Jiri Reichl, Sprecher des Instituts.
Aktenzahl 44958
Eine dieser Kisten, von denen Reichl spricht,
trägt die Nummer 44958. Das ist die Aktennummer des tschechischen „Agenten“
in Wien mit den Decknamen Holec und Zachar. Besser bekannt ist der Mann bei
uns wohl unter seinem richtigen Namen: Helmut Zilk.
Der 800 Seiten dicke Akt, eingepackt in rote und gelbe Aktendeckeln, legt den Schluss nahe, dass der ehemalige Minister und Wiener Bürgermeister nicht nur zufällige Kontakte zu tschechischen Agenten hatte und gern plauderte. Und das er von Anfang an gewusst hat, mit wem er sich einließ – wenn die Belege echt sind.
Das steht im Akt:
- Auf den ersten paar Seiten sind sämtliche Treffen protokolliert. Auf eigenen Listen stehen alle Namen, über die Zilk berichtete und die dazugehörige Seitennummern im Akt, damit sich die Informationen über die betreffenden Personen schneller finden lässt.
- Dann ist präzise beschrieben, wie Zilk seinen Verbindungsoffizier kennen lernte und wie aus einer anfänglich beruflichen Verbindung eine Freundschaft wurde.
- Auf insgesamt sechs Belegen ist aufgelistet, welche Honorare Zilk bekommen haben soll. Die Quittungen sind allesamt mit unterschiedlichen Decknamen (etwa Johann Maiz) unterfertigt.
- Sämtliche Berichte, die Helmut Zilk nach seiner Anwerbung als Agent abgeliefert haben soll, sind abgeheftet: Insgesamt 58 Stück. Dazu sämtliche Rechnungen über Spesen, die während der Treffen von Zilk mit seinen Offizieren aufgewendet wurden.
Intime Details
Der Höhepunkt der Infamie: Abhörprotokolle aus
Zilks Zimmer in seinem Prager Hotel Alcron, das verwanzt wurde, inklusive
höchst privater Details. Alles peinlichst genau aufgeschrieben.
In dem Akt fallen auch immer wieder die Decknamen von Österreichern, die ebenfalls für den tschechischen Geheimdienst gearbeitet haben. „Die tschechischen Spione waren in Österreich in allen Positionen tätig“, sagt Instituts-Sprecher Jiri Reichl.
Der Akt Zilk – er wird wohl nicht die letzte Enthüllung bleiben ...