Verhandlungen laufen

Österreich will Luftraum-Verteidigungssystem "Sky Shield" beitreten

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Österreich plant den Beitritt zum europäischen Luftraum-Verteidigungssystem "Sky Shield", wie Bundeskanzleramt und Verteidigungsministerium am Samstag bekanntgaben.

"Die Bedrohungslage hat sich durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine massiv verschärft", so Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) sprach von einem "Meilenstein" in der Verteidigungspolitik. Die Neutralität sei durch das Projekt nicht gefährdet, betonten beide.

"Wir müssen und werden Vorsorge treffen, um unser Land vor der Gefahr von Drohnen- oder Raketenangriffen zu schützen", sagte Nehammer laut einer Pressemitteilung. In der Luftraumüberwachung gehe dies am besten gemeinsam im europäischen Verbund mit anderen Staaten.

"Meilenstein" berührt Neutralität nicht

"Für Österreich ist das in der Geschichte der Verteidigungspolitik ein Meilenstein", unterstrich Tanner. "Derzeit laufen die Verhandlungen, um diese Zusammenarbeit zu prüfen und zu klären, wie die Beteiligung Österreichs an diesem Projekt konkret aussehen kann."

Die Neutralität bleibe davon unberührt: "Es handelt sich um die Beteiligung an einem Schutzschirm, der zur Gefahrenabwehr dient", so Nehammer und Tanner. "Die gemeinsame Umsetzung dieses Projekts ist organisatorisch und finanziell nur im europäischen Verbund möglich und sinnvoll, die Fähigkeit zur effektiven Luftraumverteidigung angesichts der neuen Gefahrenlage kann kein europäischer Staat alleine leisten."

Unterschrift schon kommenden Freitag

Am Freitag reist Verteidigungsministerin Tanner nach Bern, wo sie im Zuge eines trilateralen D-A-CH-Treffens mit ihren Amtskollegen aus Deutschland und der Schweiz, Boris Pistorius und Viola Amherd, zusammenkommen wird. Österreich hat dieses Treffen als möglichen Termin einer Unterzeichnung des Beitritts zur "European Sky Shield Initiative" ins Auge gefasst, wie eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums auf APA-Anfrage mitteilte. Geplant sei nun, dass Tanner eine dafür notwendige Absichtserklärung in Anwesenheit von Pistorius unterzeichne. Details wolle man aber vor dem Treffen nicht verraten.

Projekt von Deutschland initiiert

Die "European Sky Shield Initiative" (ESSI) ging vom EU- und NATO-Land Deutschland aus und umfasst derzeit 17 Länder. Beteiligt sind seit dem vergangenen Oktober zudem die NATO-Mitglieder Großbritannien, die Slowakei, Lettland, Ungarn, Bulgarien, Belgien, Tschechien, Finnland, Litauen, die Niederlande, Rumänien, Slowenien, Estland sowie Norwegen. Im Februar schlossen sich auch Dänemark und der NATO-Beitrittskandidat Schweden dem Projekt an. "Sky Shield" soll vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine helfen, bestehende Lücken im derzeitigen Schutzschirm für Europa zu schließen.

Nicht dabei bei der deutschen Initiative ist Frankreich. Paris missfällt, dass dabei nichteuropäische Technologie - unter anderem die US-amerikanischen Patriot-Systeme sowie das israelische Raketenabwehrsystem Arrow 3 - eingekauft werden soll. Deutschland Verteidigungsminister Pistorius meinte dazu: Die Auffassung des französischen Präsidenten Emmanuel "Macron scheint die zu sein, wir sind nicht so in Eile, dass wir jetzt auf Brückentechnologien setzen müssen, sondern wir können warten, bis das fertig ist, was wir in Europa entwickeln. Davon sind wir und etliche andere nicht überzeugt".

So funktioniert "Sky Shield"

Mit "Sky Shield" werde ein satellitengestützter Schutzschirm über die teilnehmenden Länder gelegt, der Drohnen und Raketen frühzeitig erkennen und abwehren kann, heißt es in der Pressemitteilung. Die gestiegene Bedrohungslage äußere sich in drei Faktoren, gegen die "Sky Shield" den notwendigen Schutz bieten soll: Angriffe durch Drohnen oder Bedrohung durch fehlgeleitete Drohnen, Bedrohung durch militärische Flugzeuge im europäischen Luftraum sowie Bedrohung durch ballistische oder atomare Raketen im europäischen Luftraum.

Experte: "Können immer autonom entscheiden"

Der Militärexperte Walter Feichtinger begrüßt die geplante Teilnahme Österreichs und sieht kein Problem mit der Neutralität: "Mit der Neutralität hat das überhaupt nichts zu tun, weil wir immer autonom entscheiden können", erklärte er am Samstagabend in der ZiB1. Es gehe darum, "den Anschluss nicht zu verpassen und nichts Falsches zu kaufen". Die Beteiligung am Abwehrschirm bedeute "nicht, dass man gemeinsam schießt, sondern dass man gemeinsam plant und überlegt, welche Systeme am besten zusammenpassen. "
 

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