Lobby-Gate

ÖVP schmeißt Strasser raus

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Die ÖVP will mit Ernst Strasser nichts mehr zu tun haben.

Der Fall Strasser und die Lobby-Gate-Affäre waren am Dienstag nicht nur Top-Thema im Parlament: Auch in der ÖVP glühten die Telefone. Ziel: Ernst Strasser muss raus aus der Partei, die ÖVP soll von dem Skandal, dass einer ihrer Abgeordneten für Geld Gesetze formulieren wollte, reingewaschen werden.

Strasser kam dem Partei-Ausschluss zuvor
Öffentlich äußerte sich Tirols Landeshauptmann Günther Platter, der für einen Parteiausschluss eintrat. Hinter den Kulissen machte Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll Druck. Resultat: Am frühen Nachmittag stellte Strasser seine Mitgliedschaft bei der NÖ-VP ruhend, wie Landesgeschäftsführer Gerhard Karner in ÖSTERREICH bestätigt. Strasser sei, so Karner, derzeit kein ÖVP-Mitglied. Was Karner nicht sagte: Strasser kam so seinem Parteiausschluss zuvor. Konkret stellte Strasser die Mitgliedschaft beim niederösterreichischen Arbeitnehmerbund AAB ruhend. Der Wiener AAB, dessen Mitglied Strasser ebenfalls war, fackelte nicht lange.

Strasser zahlte nicht einmal Mitgliedsbeiträge

Landesgeschäftsführer Michael Wiesinger strich Strasser, der „seit Jahren keine Beiträge gezahlt hat“, aus dem Mitgliedsregister. Strasser selbst hofft auf seine Rehabilitierung: Er meldete sich bei ÖSTERREICH und widersprach der NÖ-VP: „Ich bin weiter Mitglied, ich habe meine Mitgliedschaft nur ruhend gestellt, bis die Vorwürfe aufgeklärt sind.“ (siehe unten)

‚Sunday Times‘-Journalist glaubt Strasser nicht
Doch das Video, auf dem Strasser 100.000 Euro für Lobbying-Tätigkeiten verlangt, macht ihn zum Outlaw. Besonders bitter: Er musste auch als Chef der Österreichisch-Russischen Gesellschaft zurücktreten, die er als Basis für seine Deals genutzt haben soll. Strasser bleibt indes weiter dabei: Er habe die Angebote der Undercover-Journalisten nur erwogen, um diese aufzudecken. Der Sunday Times-Reporter widersprach prompt: Das sei „völliger Nonsens“.

Ernst Strasser im ÖSTERREICH-Interview

ÖSTERREICH: Herr Dr. Strasser, stimmt das: Sie sind nicht mehr Mitglied der ÖVP?
Ernst Strasser: Ich habe tatsächlich meine Mitgliedschaft ruhend gestellt, bis die Vorwürfe gegen mich aufgeklärt sind. Ich bin aber weiterhin Mitglied der ÖVP.
ÖSTERREICH: Ihnen steht laut EU-Bezügestatut eine Gehaltsfortzahlung von rund 6.200 € für ein halbes Jahr zu. Werden Sie diese beantragen und weiter ein EU-Gehalt beziehen?
Strasser: Ich kenne diese Regelung nicht.
ÖSTERREICH: Ihnen stehen sechs Monate Gehaltsfortzahlung zu. Werden Sie das beantragen?
Strasser: Nochmals: Ich kenne diese Regelung nicht, ich kann also nichts dazu sagen.
ÖSTERREICH: Das Video mit den englischen Enthüllungsjournalisten sorgt für eine unglaubliche Aufregung und für eine Debatte, ob man Politikern noch trauen kann. Was sagen Sie dazu?
Strasser: Ich kann nur sagen, dass ich für die Behörden, die diese Sache aufklären wollen, jederzeit zur Verfügung stehe. Es hat weder eine Vereinbarung noch Geldflüsse mit dieser englischen Scheinfirma gegeben.
ÖSTERREICH: Sie sind zurückgetreten. War das jetzt der endgültige Abschied aus der Politik?
Strasser: Ja, ich habe keine Absicht, in die Politik zurückzukehren.

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Ernst Strasser: Sein Leben - sein Absturz

Ernst Strasser wurde 1956 im oberösterreichischen Grieskirchen geboren.

Der Sohn einer Landwirtefamilie studierte Jus an der Uni Salzburg.

Während des Studiums leitete er die Österreichische Studentenunion und war Vorsitzender der ÖH der Uni Salzburg.

1987 wurde Strasser Sekretär Josef Rieglers, des damaligen Landwirtschaftsminister.

1992 wurde er Geschäftsführer der ÖVP-Niederösterreich, 1998 ihr Klubobmann im Landtag.

Strasser ist Präsident des NÖ Hilfswerkes und Vizepräsident des Hilfswerk Österreich.

Während der Regierung Schüssel, von 2000 bis 2004, war Strasser österreichischer Innenminister.

2009 trat er als Spitzenkandidat der ÖVP zur Europawahl an.

Er wurde Delegationsleiter im Europäischen Parlament.

Seine politische Karriere endete mit der Aufdeckung des Lobbygate-Skandals durch Enthüllungsjournalisten der britischen Sunday Times.

Am 20. März 2011 erklärte er auf Grund des Lobbygate-Skandals seinen Rücktritt.