Politik-Insider

Die roten Clan-Fights: Zerreißprobe für SPÖ

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Derzeit zermürben alte Clan-Fights die SPÖ. Worum es geht.

Chronik eines Machtkampfes. „Die Liesinger“, „die Gusenbauers“, „die Kerns“, „die Doskozils“ – was klingt wie eine etwas seltsame Netflix-Serie, ist in Wirklichkeit ein rotes Dramolett, in dem es seit mindestens 2008 um Macht, verletzte Eitelkeiten und jede Menge offener Rechnungen geht:

Heute stehen vordergründig zwei neue Clans – Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil – im Mittelpunkt des sozialdemokratischen Machtkampfes. Hinter diesen Kandidaten stecken allerdings andere:

SPÖ-Chefin Rendi-Wagner – eigentlich als Quereinsteigerin 2017 gestartet und von Christian Kern 2018 nach seinem Rücktritt zur SPÖ-Chefin gemacht – gilt als Teil der „Liesinger“. Sie – damals gegen den Willen von Wiens Michael Ludwig und Burgenlands Doskozil installiert – wandte sich freilich erst 2019 vom Kern-Lager ab und den ­Liesingern zu. Doris Bures wurde zur Konfidentin, Christian Deutsch zum SPÖ-Geschäftsführer. Beide ­bildeten neben Ex-SPÖ-Kanzler Werner Faymann und Heute-Geschäftsführer Wolfgang Jansky einst den engeren Kreis der „Liesinger“. Zum erweiterten Kreis gehörten Ludwig und auch Doskozil, der wiederum 2016 von Faymann geholt wurde. Zum erweiterten Rendi-Wagner-Kreis gehört allerdings auch die Ex-SP-Managerin Brigitte Ederer und zumindest in den vergangenen Jahren auch Ex-Bundespräsident Heinz Fischer und Wiens Ex-Bürgermeister Michael Häupl. Liesing nicht gerade eng verbunden.

Im Lager der Gegner der „Liesinger“ gilt Bures jedenfalls als „heimliche Parteichefin“. Viel der Wut auf Rendi-Wagner dürfte mit offenen Rechnungen mit Faymann und Co zusammenhängen. Der einstige SPÖ-Chef wurde wiederum von den Unterstützern von Christian Kern 2016 abmontiert.

Schon damals hieß es, das sei der „Sieg gegen die Liesinger“. Kern und Doskozil waren einander freilich jahrelang in inniger Abneigung verbunden, bis sie plötzlich 2021 die große Versöhnung feierten. Als gemeinsames Feindbild galt fortan – Überraschung – der Clan der Liesinger.

Und jetzt wird es richtig kompliziert: Die einstigen Polit-Freunde Ludwig und Doskozil entfremdeten sich völlig. Während Doskozil ab 2019 einen Ex-Mitarbeiter von Kern nach dem anderen holte, die wiederum auch teilweise Ex-Mitarbeiter von Doris Bures waren – etwa der heutige NÖ-SPÖ-Landesgeschäftsführer Wolfgang Zwander oder der heutige Referent im Büro Doskozil Paul Pöchacker. Der einstige SPÖ-Geschäftsführer – vom damaligen Kern-Mann Thomas Drozda 2018 abgelöst – Max Lercher kämpft bereits seit Jahren für die Ablöse von Rendi-Wagner. Er bildet neben den engeren Mitarbeitern von Doskozil – Herbert Oschep, Roland Fürst, Jasmin Puchwein – den Maschinenraum der „Operation Löwelstraße“.

Mehrere weitere einstige Berater von Kern gehören seit Monaten zu jenen, die im Hintergrund an der Demontage der umstrittenen Parteichefin gebastelt hatten. Ein Soufleur von Kern soll übrigens nach wie vor – oder wieder – ein anderer Ex-Kanzler sein: Alfred Gusenbauer. Und hier kommen wir zur Wurzel der Clan-Fights.

Stellvertreterkrieg der Gusis und Faymänner

Rache. Gusenbauer war den Liesingern in einem Zweckbündnis aus alten SJ-Zeiten aus den 1980er-Jahren verbunden. Wirklich befreundet war er mit Bures. 2008 demontierten ihn allerdings – er war in der SPÖ damals ähnlich beliebt wie heute Rendi-Wagner bei den Kernianern – die Liesinger. Kern wiederum war sein Protegé und 2016 seine späte Revanche. Und jetzt? Jetzt besteht das Doskozil-Lager – teils bewusst, teils unbewusst – aus den einstigen Gusi-Mitstreitern und Kernianern, zu denen sich einstige Liesinger gesellt haben.

Ob die SPÖ-Mitgliederbefragung der letzte Stellvertreterkrieg der „Gusis“ und „Faymänner“ wird?

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