Rücktritt gefordert

Polizeipräsident Pürstl unter Druck

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Kritik an Aussagen in ORF-Sendung. Grüne, SJ und VSStÖ fordern Rücktritt

Scharfe Kritik und mehrere Rücktrittsaufforderungen in Richtung des Wiener Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl hat es am Montag von den Grünen, der Sozialistischen Jugend (SJ) sowie dem VSStÖ gegeben. Grund war vor allem seine Aussage, wonach die Polizei anhand Daten der Rettung Nachforschungen zu medizinisch versorgten Teilnehmern der Anti-Akademikerball-Demonstrationen anstellen werde.

Harsche Kritik von Pilz
Nach den Gewalttätigkeiten rund um den Akademikerball forderte etwa der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz die Absetzung Pürstls. "Er muss gehen, und zwar wegen erwiesener Unfähigkeit", sagte Pilz. Pürstl sei für die völlig misslungene Eskalationsstrategie der Exekutive bei den Protesten verantwortlich.

Daten von der Rettung?
Als unglaublich bezeichnete Pilz die - von Pürstl in der ORF-Sendung "im Zentrum" am Sonntagabend angekündigte - Praxis der Polizei, bei Rettung und Ärzten Nachforschungen zu medizinisch versorgten Kundgebungsteilnehmern einzuholen, auch wenn dies rechtlich gedeckt sei. Pürstl hatte in der ORF-Sendung "Im Zentrum" gemeint: "Das ist nämlich gut, wenn sie (die Demonstranten, Anm.) bei der Rettung waren, da gibt's nämlich Daten, da können wir sie ausforschen und dann werden wir einmal schauen, welche Beteiligung sie gehabt haben." Der Grüne will nun durch parlamentarische Anfragen eruieren, wie oft so etwas in den vergangenen Jahren passiert sei.

Pürstl: "Ungenau formuliert"
Pürstl ruderte am Montag etwas zurück. Er habe "ungenau formuliert", sagte er in der ORF-Sendung "Wien heute". Doch die Sache sei gesetzlich gedeckt und Polizeialltag. Es gehe nicht um eine Liste mit den Namen von Demonstranten, sondern um konkrete Verdachtsfälle.

Seitens der Wiener Berufsrettung hieß es, es gebe keinen automatischen Datenabgleich mit anderen Behörden. "Die anfordernde Behörde muss eine entsprechende Rechtsgrundlage liefern. Die wird von uns geprüft", erklärte Sprecher Franz Mikulcik. Eine entsprechende Anfrage der Wiener Polizei gebe es derzeit nicht.

Die Staatsanwaltschaft Wien betonte, man könne Datenbeischaffung anordnen. Natürlich benötige man aber einen Verdacht - gegen eine konkrete Person, sagt Verfassungsexperte Bernd-Christian Funk.

SJ spricht von "Skandal"
Als einen "Skandal" bezeichnete die Vorsitzende der Sozialistischen Jugend Wien, Marina Hanke, die Aussagen Pürstls. Diese "offene Drohung", verletzte Demonstranten, "die auch Opfer der massiven Polizeigewalt wurden, mit Hilfe von Daten des Rettungseinsatzes zu verfolgen", schlage "dem Fass den Boden aus", meinte sie. Solche Aussagen würden an einen Polizeistaat erinnern und hätten in einem demokratischen Rechtsstaat "nichts verloren".

Eine Rücktrittsaufforderung kam auch vom Verband Sozialistischer Studenten (VSStÖ): "Wer versucht, durch massive Polizeigewalt verletzte Personen, die sich von der Wiener Rettung verarzten lassen, zu kriminalisieren, und droht, deren Daten von der Rettung zu benutzen, um sie auszuforschen, ist als Polizeipräsident untragbar!", so VSStÖ-Vorsitzende Jessica Müller.

Facebook-Petition gegen Pürstl
Auch in sozialen Medien formierte sich Protest gegen den Polizeipräsidenten. Auf der Webplattform facebook wurde bereits in der Nacht auf Montag eine Gruppe mit dem Titel "Wir fordern den Rücktritt von Polizeipräsident Pürstl" gegründet, die bis Montagnachmittag auf mehr als 3.800 "gefällt mir"-Angaben kam.

Wiener VP stellt sich hinter Pürstl
Die Wiener ÖVP stellt sich hinter den wegen seiner Aussage über Ermittlungen gegen verletzte Anti-Akademikerball-Demonstranten kritisierten Wiener Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl. Die Rücktrittsaufforderungen an Pürstl "seitens der Grünen aber auch Teilen der SPÖ" seien "für uns nicht nachvollziehbar", betonte Landesparteichef Manfred Juraczka.

Protestaktion vor JA Josefstadt

Die Festnahmen bei den Demonstrationen zogen auch am Montag weitere Protestaktionen nach sich. Etwa 80-100 Personen demonstrierten vor der Justizanstalt Wien-Josefstadt. Die Kundgebung war von den beiden Plattformen "NoWKR" sowie "...ums Ganze!" (Organisatoren einer der Demonstrationszüge gegen den Akademikerball vom Freitag) als Solidaritätsbekundung für einen der am Freitag Festgenommenen angekündigt worden. Nach knapp einer Stunde war die Aktion vor der Justizanstalt beendet. Laut einem Sprecher der Demonstranten befindet sich noch einer der bei den Kundgebungen am Freitag Festgenommenen in Untersuchungshaft. Es soll sich dabei um einen Mann aus Deutschland handeln.

Demo gegen Akademiker-Ball

Ballbesucher vor dem Eingang zur Hofburg.

Landesparteichef Uwe Scheuch macht sich mit Begleitung auf den Weg zum Akademikerball.


 
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Demo gegen Akademiker-Ball

Ballbesucher vor dem Eingang zur Hofburg.

Landesparteichef Uwe Scheuch macht sich mit Begleitung auf den Weg zum Akademikerball.