Der ÖVP-Regierungskoordinator Josef Pröll meint, ein Wechsel an SPÖ-Spitze würde die Regierung an die Grenze der Belastbarkeit bringen.
Umweltminister und ÖVP-Regierungskoordinator Josef Pröll hat im Vorfeld des SPÖ-Präsidiums am Montag seinen Unmut über die "Lähmung" der Regierungsarbeit durch die SPÖ-Krise kundgetan. "Ich habe es satt, dass parteiinterne Querelen zunehmend die Regierungsarbeit überlagern", so Pröll am Sonntag. "Das muss ein Ende haben."
ÖVP ist dagegen "stabil"
Die ÖVP sieht sich durch
diese Querelen beim Regierungspartner in ihrem Selbstbild als der stabile
Part der Regierung bestätigt - daran würden auch ÖVP-interne Debatten, etwa
über die Gesundheitsreform, nichts ändern, findet Pröll.
SPÖ "nicht in der Regierung angekommen"
Pröll
zufolge geht es schon lange nicht mehr um die Köpfe in der SPÖ: "Das
ist ein strukturelles Problem, das nicht durch Rochaden zu lösen ist."
Nicht kommentieren will er daher die Spekulationen, wonach
Infrastrukturminister Werner Faymann den Platz von SPÖ-Chef und
Bundeskanzler Alfred Gusenbauer einnehmen soll: "Jetzt geht es nicht um
Faymann oder Gusenbauer." Pröll zollt Faymann Respekt für seine
Diagnose, die SPÖ sei noch nicht in der Regierungsarbeit angekommen. "Da
trifft er den Nagel auf den Kopf."
Pröll fürchtet neue rote Forderungen
Er selbst habe "ein
korrektes, positives Arbeitsverhältnis mit Werner Faymann", Prölls
Gegenüber als Regierungskoordinator. "Ich merke aber, dass auch
diese tragfähigen Achsen in eine Schieflage kommen können."
Für das SPÖ-Präsidium hofft er, dass "nicht nur wieder
neue Forderungen kommen, die nicht zu erfüllen sind, um ein Umfragetief zu
überwinden. Wir haben in der Karwoche ein Arbeitsprogramm vereinbart. Die
SPÖ wäre gut beraten, sich daran zu halten."
Koalition am "Rand der Belastbarkeit"
Ein "radikaler
Wechsel" an der SPÖ-Spitze oder in Hinblick auf das Regierungsprogramm "würde
uns sicher an den Rand der Belastbarkeit bringen", man müsse dann die
Situation "neu bewerten", wiederholt Pröll das aktuelle
ÖVP-Wording. Was genau das heißen soll? "Die Szenarien sind
weder überlegt noch definiert." Klar sei: "Wir sind der
stabile Teil der Regierung."
ÖVP-interner Streit über Gesundheitsreform
Wobei auch
die Volkspartei mit interner Kritik umzugehen hat - wie u.a. bei der
Gesundheitsreform vom Arbeitnehmerflügel. "Das ist ein
Einzelthema, das uns natürlich auch in der sozialpartnerschaftlichen
Ausrichtung der ÖVP intern an gewisse Grenzen führt", sagt
Pröll dazu. "Ja, es gibt unterschiedliche Zugänge, aber wir sind
sehr gut unterwegs."
Keine Personaldebatte in der ÖVP?
Ambitionen werden auch
dem Umweltminister immer wieder unterstellt - auf das Innen- oder
Wirtschaftsressort oder gleich den Parteivorsitz. Was Pröll routiniert
dementiert: "Ich will das bleiben, was ich bin: Landwirtschafts- und
Umweltminister. Es gibt keinen Grund, in der ÖVP über Veränderungen
nachzudenken." Wenn ein Minister abhandenkommt, etwa weil er, wie es
Innenminister Günther Platter tun könnte, nach Tirol wechselt, müsste man
aber doch etwas verändern? "Das sehe ich nicht."
Pensionsreform derzeit nicht verhandelbar
Keine Bewegung gibt es
bei der Pensionsreform, nachdem die SPÖ ihren Sozialminister Erwin Buchinger
wieder zurückgepfiffen hat. Wäre die ÖVP gewillt, der unter Druck stehenden
SPÖ-Spitze hier Spielraum zu eröffnen? "Die Frage, das
Pensionspaket neu zu bewerten, stellt sich derzeit nicht. Das ist ein
ausverhandeltes Paket.", meint Pröll.
Plassnik rüft ÖVP
Außenministerin Ursula Plassnik
ermahnt die eigene Partei: Sie sei "nicht der Meinung so mancher, die
glauben, das ist eine tolle Chance der ÖVP". Das Ansehen der Regierung
gewinne nicht dadurch, "indem man sich freut, wenn es dem jeweils anderen
schlechtgeht. Das ist doch ein kindischer Ansatz insgesamt", so die oberste
Diplomatin der Republik.