Plakat: "Wenn sie jetzt ganz unverhohlen wieder Nazi-Lieder johlen - Sage Nein!"
Die Veranstaltung wurde am Schluss von einer kurzen Protestaktion begleitet. Bundesrätin Ewa Dziedzic und Bundesrat David Stögmüller hielten - in Anspielung auf die Causa des niederösterreichischen FPÖ-Spitzenkandidaten Udo Landbauer und das NS-Liederbuch aus dessen Burschenschaft "Germania" - Plakate hoch. "Wenn sie jetzt ganz unverhohlen wieder Nazi-Lieder johlen - Sage Nein!", war dort zu lesen.
Sie hissten die Plakate mit der Song-Zeile des Liedermachers Konstantin Wecker nach Ende der Veranstaltung. Kritisiert wurde damit die Mitgliedschaft Landbauers in der Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt, bei der jüngst ein 1997 neu aufgelegtes Liederbuch für Empörung und auch behördliche Ermittlungen sorgte. Neben rassistischen Liedern und Wehrmachts-Nostalgie enthält es einen Liedtext, in dem sich die Burschenschaft über den Holocaust und die Ermordung von Millionen Juden lustig macht ("Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million").
Strache verneint Zusammenhang
FP-Chef Strache verneinte die Frage, ob sein Erscheinen bei der Gedenkveranstaltung eine Reaktion auf die Causa Landbauer sein könnte. "Sie wissen, dass ich all die Jahre, ich bin seit 13 Jahren, bevor ich in die Regierung eingetreten bin, im Parlament tätig, als Klubobmann der freiheitlichen Partei - und ich habe jedes Jahr die entsprechenden Gedenkveranstaltungen besucht. Warum soll ich das jetzt ändern?"
Gänzlich anders sah das die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures. Zum zahlreichen Erscheinen von Regierungsmitgliedern sagte sie zur APA: "Das ist der aktuellen Diskussion geschuldet, um offen zu sein." Die Diskussion um das Liedbuch zeige, dass es noch immer Menschen gebe, die den antifaschistischen Grundkonsens der Zweiten Republik mit Füßen treten. Ähnlich kritische Worte fand NEOS-Klubchef Strolz, der es für "unpackbar" hält, dass man über ein derartiges Thema überhaupt diskutieren müsse; dies sei für ihn als Politiker geradezu "beschämend".
Bundeskanzler Kurz bedauerte wie schon zuvor Sobotka nach Ende der Veranstaltung das Fernbleiben der Kultusgemeinde: "Ich sehe das genauso wie der Nationalratspräsident", sagte der VP-Chef gegenüber Journalisten. Gleichzeitig verwies er auf seine "sehr gute Zusammenarbeit" mit IKG-Präsident Oskar Deutsch. Zur Veranstaltung sagte Kurz, seine Generation sei wohl die letzte, die in der Schule noch mit Zeitzeugen sprechen konnte. Diese Erfahrung sei schmerzhaft, aber wichtig gewesen - und es sei eine besondere Verantwortung, die Erinnerung an die Opfer aufrechtzuerhalten, gab er zu verstehen.
Sobotka wollte die Veranstaltung von der Causa Landbauer nicht überschattet sehen, wie er nach Ende des Gedenkens betonte. "Das Gedenken darf durch die Tagespolitik nicht zugedeckt werden." Es sei aber jeder dazu aufgefordert, wachsam zu sein und jeder antisemitischen Tendenz entschieden entgegen zu treten, betonte er.