Gemeinsam

Regierung will wieder kuscheln

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1.500 bei Empfang in Hofburg. Heer: Auch ÖVP will Volk befragen.

Politik als Event: 1.500 Promis aus Politik, Wirtschaft & Kunst sind Mittwoch, 10 Uhr, in die Hofburg geladen. Der Andrang ist so groß, dass Hunderte zu spät in den Festsaal kommen. Aber: Bereits im Vorfeld regte der Empfang auf. Das Selbstlob der Regierung kostete 90.000 Euro.

Start verspätet
Vor der Garderobe bildet sich eine lange Schlange. Bevor die begehrten Häppchen (Schnitzelsemmel, Krautfleckerl) gereicht werden, läuten Kanzler Werner Faymann und ÖVP-Vizekanzler Josef Pröll das große Reformjahr 2011 ein. Nicht ohne dass beide Koalitionsspitzen – am lautesten klatschte Bundespräsident Fischer – die neue Gemeinsamkeit der Regierung beschwören.

Pröll für Volksbefragung
Pröll spricht zuerst – 10 Minuten lang. Der Finanzminister lobt zunächst sich und seine Arbeit: Österreich gehört zu den sechs stabilen Ländern in der EU. Bei der Schulreform bleibt er dann dabei. Neben der Neuen Mittelschule müsse es weiter Gymnasien geben: „Es geht für uns um Leistung, Sprache und Vielfalt.“

Dafür lässt der ÖVP-Chef beim Thema Bundesheer aufhorchen: Es gibt ausdrücklich kein Bekenntnis zur allgemeinen Wehrpflicht. Aber: Vor einer Entscheidung müssten die Aufgaben für Heer und Zivildienst gelöst sein. Und dann: Gelinge keine gemeinsame Linie in der Regierung, „kann man natürlich das Volk befragen“. So deutlich sagte der ÖVP-Chef das noch nie.

Faymann gegen Wehrpflicht
Dann Kanzler Faymann. Klang Pröll zurückhaltend, so geht der SPÖ-Chef die Sache kämpferisch an: Zwar beschwört er mehrfach, das Gemeinsame über das Trennende zu stellen – dann kommt aber Klartext: So nimmt der SPÖ-Chef gegen die Wehrpflicht Stellung („nicht zeitgemäß“), tritt für eine Volksbefragung ein („Man muss ja nicht gleich die Schweiz werden“) und fordert eine „Weichenstellung im ersten Halbjahr“.

Zweiter Punkt: eine Bildungsreform, ausdrücklich vermeidet Faymann das Wort Gesamtschule. Dann gibt er den Startschuss für eine Bürokratiereform – und bringt wie zuvor Pröll als letzten Punkt die Pflege als das große Problem der Zukunft aufs Tapet.

Große Umfrage: Welche Reformen hermüssen

Bundespräsident: Dass zwei Parteien ihre Pläne gemeinsam präsentieren, war eine gute Idee. Reformen sind vor allem bei Gesundheit, Pflege und natürlich Bildung nötig.

Grünen-Chefin: Das, was liegen geblieben ist, will die Regierung 2011 lösen – absurd. Das Thema Nummer 1 ist Bildung. Schade: Niemand hat Klimaschutz angesprochen.

WK-Präsident: Bildung, ­Bürokratie, Integration – das muss heuer angegangen werden. Ich fordere Mut zu Reformen. Österreich braucht eine stärkere Position in Europa.

Leitung Jüdisches Museum: Bildung, Bildung, Bildung – darum muss sich die Regierungsarbeit 2011 drehen. Damit steht und fällt alles, was der Kanzler angekündigt hat.

Rechnungshof-Chef: Die Konzepte liegen längst in den Schubladen. Ich hoffe, dass die Regierung heuer Reformen bei Bürokratieabbau, Bildung und Gesundheit schafft.

Intendantin: Als Mutter von zwei Kindern sage ich, dass die Bildungsreform das Wichtigste ist. Ein gutes Konzept ist Basis für Integration und Pflege. Ich erkenne aber bisher noch keine Richtung.

SPÖ-Landeshauptmann: Mir hat die kämpferische Rede von Kanzler Faymann sehr gut gefallen. Was jetzt getan werden muss? Reformen bei Pflege, Bundesheer und Bildung.

PR-Stratege: 2011 ist ein Schicksalsjahr für die Regierung. Es ist die letzte Chance. Man muss endlich Einigung zeigen. Wichtig: Reformen bei Wehrpflicht, Bildung, Pensionen, Verwaltung.

Modemacher: Österreich muss mehr Wert auf Integration ­legen. Das Multikulturelle muss als Bereicherung angesehen werden. Toleranz gegenüber anderen Religionen und Kulturen.

ÖBB-Generaldirektor: Dass Kanzler und Vizekanzler ihre Vorhaben gemeinsam präsentieren, ist ein wichtiges Signal. Ich hoffe natürlich auf Rückhalt beim Umbau der ÖBB.

Das Publikum nimmt beide Reden mit Riesenapplaus auf, vom Bundespräsidenten abwärts will man aber jetzt Taten sehen. Faymann und Pröll sind zufrieden. Von Streit, so scheint’s, keine Rede mehr. Jetzt wird gekuschelt und (hoffentlich) gearbeitet.

Pröll: "Können Volk zum Heer befragen"

Über die Bildungsreform
Wir haben mit unserem neuen Bildungskonzept und mit dem Abschied von der Hauptschule ein klares Signal gesetzt. (...) Jetzt geht es darum, rasch in die Umsetzung zu kommen. Die Parameter, an denen wir uns dabei orientieren müssen, sind für mich: Leistung, Sprache und Vielfalt.

Über das Bundesheer
Aus meiner Sicht ist klar: Bevor wir über die Struktur des zukünftigen Bundesheeres sprechen, müssen die zentralen Sicherheitsfragen gelöst werden: Die Aufrechterhaltung der Landesverteidigung, die hohe Kompetenz im Auslandseinsatz, der gesicherte Katastrophenschutz und eine Gewährleistung des Zivildienstes haben oberste Priorität. Dies kann bis zum Sommer möglich sein. Das weitere Prozedere wäre dann auf parlamentarischer Ebene zu regeln. Gelingt dies nicht, kann man natürlich das Volk befragen.

Über die Pflege
Die Pflege wird immer mehr zur großen Herausforderung für viele Familien, aber auch für die Gemeinden. Wir sind bereit, 2011 gemeinsam mit den Bundesländern eine Pflegelösung zu erarbeiten, die sowohl die Angehörigen als auch die Gemeinden entlastet. Wir werden jetzt rasch mit den Bundesländern über die Zukunft des Pflegefonds sprechen.

Faymann: "Wir brauchen Mut"

Über die Bildungsreform
Wir haben auch ein anderes Ziel, von dem wir schon ein bisschen weiter entfernt sind: Wir müssen in zehn Jahren auch zu jenen Ländern in Europa mit der besten Bildung gehören. Das ist ein Auftrag, nicht zehn Jahre zu warten, sondern die Bildungsreform mit ganzer Kraft voranzutreiben.

Über die Verwaltungsreform
Es gilt aber das Thema Reformen auch für den Bürokratieabbau, es geht darum, mit weniger Personen dieselbe Qualität zu erreichen. (…) Wir brauchen einen Saal voller Menschen wie Sie, die sagen: Wir gehen’s an, wir scheuen nicht davor zurück, dieses Land wettbewerbsfähig zu machen, indem wir die Bürokratie zurückdrängen. (…) Das braucht Mut, Entschlossenheit und das braucht Sie als Bündnispartner.

Über das Bundesheer
Ich bin der Überzeugung, dass die allgemeine Wehrpflicht und der Zustand des Österreichischen Bundesheeres in der jetzigen Form nicht zeitgemäß sind. (…) Daher ist für die Sicherheit unseres Landes die Gestaltung einer neuen, einer reformierten Sicherheitsstruktur, auch im Bereich des Zivildienstes, mit allen Kraftanstrengungen und notwendigen Weichenstellungen im ersten Halbjahr erforderlich. (…) Ich stehe nicht an zu sagen, dass ich mir auch eine Volksbefragung vorstellen kann.

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Große Umfrage: Welche Reformen hermüssen

Bundespräsident: Dass zwei Parteien ihre Pläne gemeinsam präsentieren, war eine gute Idee. Reformen sind vor allem bei Gesundheit, Pflege und natürlich Bildung nötig.

Grünen-Chefin: Das, was liegen geblieben ist, will die Regierung 2011 lösen – absurd. Das Thema Nummer 1 ist Bildung. Schade: Niemand hat Klimaschutz angesprochen.

WK-Präsident: Bildung, ­Bürokratie, Integration – das muss heuer angegangen werden. Ich fordere Mut zu Reformen. Österreich braucht eine stärkere Position in Europa.

Leitung Jüdisches Museum: Bildung, Bildung, Bildung – darum muss sich die Regierungsarbeit 2011 drehen. Damit steht und fällt alles, was der Kanzler angekündigt hat.

Rechnungshof-Chef: Die Konzepte liegen längst in den Schubladen. Ich hoffe, dass die Regierung heuer Reformen bei Bürokratieabbau, Bildung und Gesundheit schafft.

Intendantin: Als Mutter von zwei Kindern sage ich, dass die Bildungsreform das Wichtigste ist. Ein gutes Konzept ist Basis für Integration und Pflege. Ich erkenne aber bisher noch keine Richtung.

SPÖ-Landeshauptmann: Mir hat die kämpferische Rede von Kanzler Faymann sehr gut gefallen. Was jetzt getan werden muss? Reformen bei Pflege, Bundesheer und Bildung.

PR-Stratege: 2011 ist ein Schicksalsjahr für die Regierung. Es ist die letzte Chance. Man muss endlich Einigung zeigen. Wichtig: Reformen bei Wehrpflicht, Bildung, Pensionen, Verwaltung.

Modemacher: Österreich muss mehr Wert auf Integration ­legen. Das Multikulturelle muss als Bereicherung angesehen werden. Toleranz gegenüber anderen Religionen und Kulturen.

ÖBB-Generaldirektor: Dass Kanzler und Vizekanzler ihre Vorhaben gemeinsam präsentieren, ist ein wichtiges Signal. Ich hoffe natürlich auf Rückhalt beim Umbau der ÖBB.