Auf oe24 war am Freitag Außenministerin und NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger zu Gast. Sie nahm auch zu den schlechten Umfragewerten der Koalition Stellung.
Beate Meinl-Reisinger betonte im Talk FELLNER! Live mit Niki Fellner, dass es nicht die NEOS seien, die an der schlechten Performance der Regierung schuld seien - die pinken Umfragewerte seien stabil.
oe24-Chef Niki Fellner und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger.
Hier die besten Passagen des Gesprächs:
oe24: Frau Außenministerin, jetzt hat die Regierung diese Woche ein Deregulierungspaket vorgelegt. Das besteht aus einer Liste mit 113 Maßnahmen, die präsentiert wurden. Das geht vom Autopickerl bis hin zur Almdudlerflasche. Viele sagen, das ist die falsche Prioritätensetzung in einer Wirtschaftskrise und bei einer Inflation von 4 %.
Beate Meinl-Reisinger: Nein, das sehe ich gar nicht. Noch nie haben Politiker den Menschen das Leben wirklich leichter gemacht. Sie haben immer nur eine Scheibe Belastung oder Bürokratie mehr draufgelegt. Ich habe es im Schulbereich gesehen: Ich war da selber überrascht, dass immer noch die Schulen ausgedruckt das Zeugnis von jedem Schüler 60 Jahre lang aufbewahren mussten. Damit fahren wir jetzt ab. Wir wollen aber vor allem auch für Betriebe, für Unternehmen, das Leben leichter machen. Und damit kommen wir auch in puncto Wettbewerbsfähigkeit wieder nach vorne. Aber ja, Sie haben recht, wir sind nicht da, wo wir sein wollen. Ich habe schon im Wahlkampf gesagt, es wird ein Sparpaket brauchen. Und wir müssen durch dieses Tal der Tränen durch, bis wir wieder Österreich nach vorne gebracht haben. Und das wird dauern, weil es ist eine hartnäckige Rezession. Die vergangene Regierung hatte immer nur ein Rezept, nämlich immer mehr Steuergeld auszugeben.
oe24: Wann werden denn diese Deregulierungsmaßnahmen, die da präsentiert wurden, eigentlich in Kraft treten?
Meinl-Reisinger: Ich habe die Ambition, dass es noch vor Weihnachten erste Gesetzesvorhaben gibt. Bei manchen Sachen ist es ein bisschen trickier.
oe24: Kommen wir zur Inflation: Über Sonderdividenden sollen 500 Millionen Euro für eine Senkung der Energiepreise eingesetzt werden. Was soll da genau passieren?
Meinl-Reisinger: Von den 500 Millionen alleine passiert ja jetzt einmal nichts. Die Subventionierung von Strompreisen durch die alte Regierung, das war keine gute Idee. Das heißt, Du musst strukturelle Maßnahmen machen. Da ist einerseits das günstige Stromgesetz, wo wir dringend eine Zustimmung brauchen von Grünen oder FPÖ, um strukturell dafür Sorge zu tragen, dass die Strompreise günstiger werden. Und in anderen Bereichen werden wir dämpfend vor allem über Steuern eingreifen.
oe24: Jetzt hat der Bundeskanzler diese 2-1-0-Formel ausgerufen, 2% Inflation, 1 % Wachstum und 0 Prozent Toleranz gegen Intolerante. Ab wann soll das denn Ihrer Meinung nach dann kommen, diese 2% Inflation? Weil derzeit liegen wir bei 4,1 %
Meinl-Reisinger: Das Ziel muss sein, nächstes Jahr auf die 2% zu kommen. Wir setzen alles daran, weil wir sind viel zu hoch über dem europäischen Schnitt. Und ich verstehe die Ungeduld, ich habe sie auch. Wirtschaftswachstum rauf: 1% ist schon nett, aber wir wissen auch, dass das jetzt noch nicht das volle Potential ausgeschöpft wird. Sie wissen, dass ich sehr aktiv bin in der Außenwirtschaftspolitik. Wir wollen österreichischen Betrieben zu ermöglichen, wirklich neue Märkte zu finden, Chancen zu sehen, auch im Ausland. Das tun wir, aber vor allem schauen wir darauf, dass wir die Wettbewerbsfähigkeit im Inland stärken, indem wir mit Bürokratie abfahren, Lohnnebenkosten dämpfen, Bewilligungen schneller machen und vor allem insgesamt einen Innovationsbooster ermöglichen.
oe24: Jetzt ist es so, es gibt kaum ein Land in Europa, das eine dermaßen niedrige Wachstumsquote beim BIP hat wie wir. Woran liegt das?
Meinl-Reisinger: Ja, das ist ein sehr guter Punkt, der auch mir immer wieder sauer aufstößt, Die FPÖ macht sehr gerne die EU dafür verantwortlich. Es gibt aber Länder wie Schweden, Tschechien, Dänemark, die sehr gut performen und die genau die gleichen Grundlagen vorfinden mit dem, was in Brüssel beschlossen wird, es aber besser machen. Ich habe da vor zweieinhalb Jahren eine Studie präsentiert zum Thema Wettbewerbsfähigkeit in Österreich und habe damals schon gesagt, wir müssen strukturelle Reformen machen. Da geht es um die Frage von Lohnkosten, sehr stark um Lohnnebenkosten. Sie wissen, das ist unser großes Ziel, dazu brauchen wir budgetäre Spielräume und dazu müssen wir erst einmal den Haushalt sanieren. Aber auch Bürokratie, Regularien, Doppelgleisigkeiten, Föderalismus, der hinderlich ist, zum Beispiel bei Genehmigungsverfahren.
oe24: Und bei den Pensionen müsste ja auch mehr geschehen.
Meinl-Reisinger: Ja, man muss da vielleicht auch was nachlegen, damit es nicht sein kann, dass die Betriebe die Beschäftigten in die Pension auch gerne verabschieden. Aber Sie kennen unseren Zugang, vor allem auch beim faktischen Pensionsantrittsalter, etwas zu machen. Da ist enorm viel heuer gelungen.
oe24: Muss man nicht auch das gesetzliche Pensionsantrittsalter nach oben korrigieren?
Meinl-Reisinger: Jetzt einmal war der erste wichtige Schritt, das faktische Pensionsantrittsalter anzuheben. Wird das ausreichen? Wahrscheinlich nicht. Deshalb haben wir schon einen Beschluss gefasst und mit dem Nachhaltigkeitsmechanismus, ein Gesetz verabschiedet, mit dem wir einen verbindlichen Pfad haben, was die Ausgaben für Pensionen angeht. Warum ist das wichtig? Weil das Geld natürlich auch woanders fehlt. Wenn dieser Ausgabenpfad nicht eingehalten wird, dann haben wir jetzt uns schon gesetzlich dazu verpflichtet, Maßnahmen zu setzen. Unser Zugang als NEOS ist es nicht, dass die Pensionen kleiner werden, sondern wir schlagen dann vor, das gesetzliche Pensionsalter anzuheben.
oe24: In allen Umfragen liegt die FPÖ derzeit meilenweit vorne, deutlich über 30 %, eher schon Richtung 40 %. Die Regierung hätte keine Mehrheit mehr im Parlament. Was läuft da schief momentan?
Meinl-Reisinger: Das liegt nicht an uns, weil wir ja in den Umfragen teilweise steigen oder zumindest stabil bleiben. Unsere Wählerinnen und Wähler sind auch zu 97 % zufrieden mit unserer Arbeit. Was die FPÖ angeht, ja, sagen wir mal so, ich erlebe sie ja auch im Parlament: Auch von dort kommen ja die Fantasien von Preiseingriffen und so weiter. Und sie sagen, in Ungarn wäre alles besser. Ich würde mir kein Beispiel nehmen an Ungarn, was die Wirtschaftskompetenz angeht. Ich glaube, wichtig ist in diesen Zeiten, Verantwortung zu übernehmen und da vielleicht noch ein Letztes: Kickl hätte die Möglichkeit gehabt, Verantwortung zu übernehmen und hat sich aus der Verantwortung gestohlen. Wir NEOS könnten es uns auch leichter machen in der Opposition. Es ist immer leichter, in der Theorie zu schreien statt in der Praxis es dann auch umzusetzen, Kompromisse zu finden, Mehrheiten zu beschaffen. Aber ich glaube, gerade in so schwierigen Zeiten muss man die Ärmel hochkrempeln, muss man Verantwortung übernehmen und zusammenarbeiten und das erwarten sich auch die Menschen.