Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat Österreichs Nein zum Schengen-Beitritt von Rumänien und Bulgarien bekräftigt.
Zuvor hatte es international Kritik und Unverständnis am Vorgehen Österreichs gegeben. Die Ablehnung sei eine Frage der Sicherheit für Österreich, postulierte der Kanzler wieder und übte Kritik an einer "verfehlten EU-Asylpolitik". Neben Tunesiern dürften ab Jänner 2023 auch Inder nicht mehr visafrei nach Serbien einreisen.
Österreichs Blockade des Beitritts Rumäniens und Bulgariens in den grenzkontrollfreien Schengen-Raum am Donnerstag hatte hohe Wellen geschlagen. Kritik äußerten nicht nur etwa die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock, sondern auch die in Migrationsfragen eigentlich als Hardliner bekannten Rechtsregierungen in Italien und Ungarn. Rumänien griff zudem zu drastischen diplomatischen Mitteln und rief seinen Botschafter in Österreich, Emil Hurezeanu, für Konsultationen in das Heimatland zurück.
Verfehlte EU-Asylpolitik
Nun bekräftigte Nehammer Österreichs Vorgehen erneut und argumentierte mit Sicherheitsfragen: "Es wird keine Erweiterung geben, solange die Außengrenze nicht effektiv geschützt wird. Die verfehlte EU-Asylpolitik hat diese Situation verursacht." Mit Drohungen und polemischen Argumenten werde versucht, Druck gegen Österreich aufzubauen, behauptete er. "Solange 75.000 Fremde unregistriert im Osten Österreichs ankommen, ist das ein Sicherheitsproblem, und das muss endlich gelöst werden."
Nachdem Tunesier bereits seit Mitte November nicht mehr visafrei nach Serbien einreisen dürften, gelte das ab Jänner 2023 nun auch für Inder. Damit werde der "Asyltourismus über Serbien gestoppt". Asylanträge von Tunesiern seien seit dem Ende der visafreien Einreise "drastisch gesunken". Die Migrationsdebatte sei aus Sicht Nehammers mit dem Veto Österreichs auf EU-Ebene wieder in Bewegung gebracht worden.
Streit um Zahlen
Das Innenministerium führte zudem eine Reihe von Zahlen an, die Österreichs restriktives Vorgehen erklärten sollten. Ein Auszug: 40 Prozent der Migranten kämen mit dem Flugzeug nach Belgrad, um dann mit Schleppern über Serbien und Ungarn bzw. über Serbien, Rumänien und Ungarn nach Österreich zu kommen. Weitere 40 Prozent kämen auf dem Landweg von der Türkei über beispielsweise Bulgarien oder Rumänien und Ungarn nach Österreich.
Ähnliche Angaben wurden zuletzt von Migrations-Expertinnen wie Judith Kohlenberger in Frage gestellt: Rein geografisch falle Bulgarien als relevante Route für Menschen, die visafrei nach Serbien reisen, weg. Und nur drei Prozent aller Asylwerbenden in Österreich würden den (Um-)Weg über Rumänien nehmen, schrieb sie auf Twitter. Dass Österreich Rumänien und Bulgarien die Schuld zuschiebe, aber nicht etwa Ungarn oder Kroatien sei "irrational und heuchlerisch", kritisierte sie. Das Innenministerium widersprach den genannten drei Prozent. Auch Rumänien hatte Österreich zuvor vorgeworfen, mit falschen Zahlen zu argumentieren.
Während Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am Freitag noch gegenüber mehreren Sendern betonte, dass es sich bei Österreichs Vorgehen nicht um ein Veto handle, sondern vielmehr um einen "Hilferuf", forderte der Landesparteiobmann der Wiener Volkspartei, Stadtrat Karl Mahrer, am Samstag in einer Aussendung, Österreichs "Veto" ernst zu nehmen: Es brauche "ein Umdenken in der Asyl- und Migrationspolitik in Europa. Nur so können Freiheit & Sicherheit als Grundrechte gewährleistet bleiben", so Mahrer.
Eine Verteilungsdiskussion gehe in einem "Europa der Reisefreiheit und der völlig unterschiedlichen Sozialsysteme ins Leere. Eine Erweiterung des ohnehin nicht mehr funktionierenden Schengen-Systems" mache keinen Sinn, hieß es.