Gesetz in Kraft

Schon 12.000 Raucher-Anzeigen

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12.000 Anzeigen gegen Wirte und Raucher hagelte es seit Anfang 2009 – nur: die Behörden sind völlig überlastet und arbeiten langsam.

Der Mann macht seinem Spitznamen alle Ehre: Rauchsheriff. Zwar war erst gestern Tag X für das Rauchergesetz – womit Lokale mit mehr als 50 Quadratmetern Fläche einen abgetrennten Bereich für Qualmer brauchen. Doch Dietmar Erlacher und seine 500 Helfer haben seit der Einführung des Gesetzes Anfang 2009 rund 12.000 Anzeigen gegen Wirte und Raucher erstattet. Erlacher macht es den Rauch-Gegnern leicht: Auf sis.info kann man Raucher den Behörden im Internet outen.

Nur: Das Gesetz ist nicht nur kompliziert, die Behörden sind auch völlig überlastet. Laut den aktuellen Zahlen aus dem Gesundheitsministerium wurden 2009 nur 3.721 Strafverfahren eingeleitet – und das, obwohl laut Gesundheitsminister Alois Stöger alleine im ersten Jahr des Rauchergesetzes 4.679 Anzeigen erstattet wurden. Hochgerechnet dürften bisher rund 5.000 Verfahren eingeleitet worden sein.

Bereits Hunderte Raucher wurden angezeigt
Ebenfalls neu: 2009 wurden nicht nur 3.911 Wirte und 95 Betreiber von Einkaufszentren angezeigt – sondern auch 673 Raucher. Jetzt geht es also den qualmenden Gästen ebenfalls an den Kragen.

Doch nur 654 Verfahren sind rechtskräftig abgeschlossen, die meisten in Wien (357). In weiteren 971 Verfahren gibt es eine Entscheidung in 1. Instanz. Und was sich bisher gezeigt hat: Die einzelnen Bundesländer strafen uneinheitlich. In Wien und Tirol reicht die Pönale von 20 bis 1.000 bzw. von 30 bis 1.000 € – hier werden nachlässige Wirte und hartnäckige Raucher streng behandelt.

Harte Strafen in Wien und Tirol, Kärnten ist lasch
In Kärnten wird das Gesetz bei einer Durchschnitts-Strafe von 100 Euro praktisch ignoriert. Dabei drohen vom Gesetz her den Wirten Strafen bis zu 2.000 €, im Widerholungsfall sogar 10.000 €.

Warum die Sache eher schleppend anläuft: die Bezirksbehörden sind überlastet. So kontrollieren in der Stadt Salzburg lediglich zwei Beamte das Rauchergesetz – und damit liegt die Mozartstadt nicht schlecht: In einigen Bezirken gehen Beamte überhaupt nicht hinaus – sondern warten auf Anzeigen.

Der Gesundheitsminister will jetzt über jedes Verfahren, das eingestellt wird, einen Bericht. Gut gemeint – allerdings eine verwaltungstechnischer Wahnsinn. Rauchsheriff Erlacher: „Jetzt dauert es noch länger, bis die Übeltäter bestraft werden.“

Die meisten Wirte scherten sich nicht um das neue Gesetz. Doch jetzt drehte sich die Stimmung total – Raucher haben keine Chance.
Wien. Völlig überraschend das Ergebnis des 1. ÖSTERREICH-Tests: Die überwiegende Mehrheit (13 aus 14 Lokalen) befolgt das Rauchgesetz. Kaum zu glauben, wenn man die Aufregung der vergangenen Monate bedenkt. Redakteurin Carmen Fürthner probierte gestern vier Stunden lang, sich in diversen Lokalen eine Zigarette anzuzünden. Meistens hatte sie Pech.
Lokaltour-Start beim Naschmarkt in Wien: Im Wein&Co liegt die Tschick-Packung keine 30 Sekunden am Tisch, schon kommt Kellnerin Liliana Balcojkic und weist auf das Verbot hin. Sie drückt uns eine eigens gedruckte Info-Karte in die Hand.
Nächster Stopp: Wiens beliebtestes Fischlokal Umar. Von außen klar ersichtlich, hier darf man Rauchen. Gesetzlich okay, denn der Raum misst keine 50  m². Nächster Versuch: Die bei Studenten beliebte Kunsthalle am Karlsplatz. Nirgends ein Aschenbecher, kaum brennt die Zigarette, kommen gleich zwei Mitarbeiter, um die Testerin ins Freie zu bitten.
Nur zwei Mal an diesem Test-Tag erwischen wir Rauch-Rebellen: Im vierten Wiener Gemeindebezirk im Café für Sie war der Nichtraucher-Bereich für unsere Testerin einfach nicht auffindbar.
Angestellte raucht. Zweiter Übeltäter: die Lugner-city (in Einkaufszentren ist das Rauchen streng­s­tens verboten). Unser Lockvogel zündet sich eine Marlboro an, es dauert fast die ganze Zigarettenlänge, bis ein Angestellter auf das Vergehen hinweist. Besonders brisant: Eine Dame am hauseigenen Infostand qualmte genüsslich in ihrer Kabine (siehe Foto).
Endergebnis: Die meisten Lokale scheinen brav die Regeln zu befolgen – die Wirte arrangieren sich mit den neuen Gegebenheiten. Sogar das traditionelle Café Hawelka gibt sich geschlagen.

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