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Kanzler zu Besuch in Berlin

Kurz-Talk: Shitstorm gegen Maischberger

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Die Fragen und das Verhalten der ARD-Moderatorin sorgten auf Twitter für reichlich Unmut.

Gestern reiste Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zu seinem Antrittsbesuch nach Berlin. Nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) war Kurz auch noch in der Polit-Talk-Show von Sandra Maischberger zu Gast.

Dort stellte er sich eine Stunde lang den Fragen der Moderatorin und die erntete während des Gesprächs einen Shitstorm auf Twitter. Zu unprofessionell, zu überheblich und zu voreingenommen sei Maischberger gewesen. Der Sendungsname war schon scharf getitelt: „Wunderknabe oder politischer Scharfmacher?“. Zudem nannte Maischberger Kurz „die zarteste Versuchung, seit es Populismus gibt“.

 

 

 

Wirbel um Interesse an Studentenausweis

Dann sprach die Moderatorin ihn öfter auf sein junges Alter an. Sie fragte persönliche Dinge, wie Hochzeits- oder Kinderpläne. Im ersten Teil ging es um den Menschen Sebastian Kurz. Hier fragte die TV-Journalistin auch nach dem abgebrochenen Jus-Studium von Kurz. Da er mit 24 Jahren schon Staatssekretär und mit 27 Außenminister wurde, sei keine Zeit mehr für das Studium geblieben. Auch bei diesem Thema wurde Maischberger für ihre Fragen und ihr Verhalten kritisiert. Als Kurz zur Antwort auf die Frage zum Jus-Studium ansetzte, korrigierte sie ihn prompt und sagte, dass es in Deutschland Jura hieße. Außerdem wollte sie vom VP-Kanzler wissen, ob er einen Studentenausweis besitze.

Auf Twitter sorgte das Verhalten der sonst so professionellen Maischberger für Aufsehen. Eine Zuseherin schrieb: „Man muss den Sebastian Kurz nicht mögen. Aber Respekt vor dem Gesprächspartner sollte eine Moderatorin schon haben.“

 

 

 

 

Kurz: Es gibt nicht nur "rote Linien" nach rechts

Von Maischbergers Fragen ließ sich Kurz nicht aus dem Konzept bringen. Die FPÖ sei bereit, sich an das Koalitionsprogramm zu halten, zeigte sich Kurz in der Sendung überzeugt. Dieses habe eine klar pro-europäische Orientierung. Natürlich gebe es für ihn auch "rote Linien". Allerdings gelte das nicht nur "nach rechts". Es sei in der Vergangenheit in Österreich auch gegen Leute gehetzt worden, die reich seien, argumentierte der ÖVP-Bundeskanzler. Das lehne er ebenfalls ab.

Kurz wurde ferner zur Vergangenheit von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am rechten Rand befragt. Der Bundeskanzler sprach sich dafür aus, Politikern bei kritischem Hinsehen auch eine Chance zur Weiterentwicklung einzuräumen. Der FPÖ-Chef habe von "Jugendsünden" gesprochen. Strache habe zudem immer eingegriffen, wenn es in der jüngeren Vergangenheit problematische Äußerung von FPÖ-Politikern gegeben habe. Kurz betonte, für ihn sei der Blick nach vorne relevant.

Wahlergebnis als Wunsch nach Veränderung

Zudem sei das Ergebnis der Nationalratswahl in Österreich ein Zeichen für einen Wunsch nach Veränderung gewesen. Die SPÖ wiederum habe sich auf die Oppositionsrolle festgelegt, womit er gar keine andere Option gehabt habe, so Kurz.

Dass er etwa in der Frage des Burka-Verbots nun eine andere Meinung vertrete als vor einigen Jahren, rechtfertigte der 31-Jährige damit, dass sich seither einiges geändert habe. Es habe eine massive Flüchtlingswelle gegeben, "mit Menschen, die Grundwerte zu uns tragen, die nicht die unsrigen sind." In Wien habe sich das Stadtbild in den vergangenen Jahren durch die Zuwanderung sehr verändert, und es gebe Probleme mit dem islamischen Extremismus.

Kurz weist Kritik zurück

Viele in der jüdischen Gemeinde hätten ihn im Wahlkampf unterstützt, konterte Kurz, als er von Maischberger auf Kritik der Israelitischen Kultusgemeinde an der Koalition mit der FPÖ angesprochen wurde. "Zum Thema Antisemitismus hatten wir noch nie ein Regierungsprogramm, das sich so deutlich gegen Antisemitismus ausspricht." Er hätte sich auch früher eine Politik gewünscht, die mehr pro-israelisch gewesen wäre. Aber das sei mit dem damaligen Koalitionspartner (SPÖ, Anm.) nicht möglich gewesen.

Für Deutschland hoffe er im Interesse Europas und Österreichs, dass es bald eine starke Regierung gebe. Dass die CDU eine Koalition mit der rechtspopulistischen AfD (Alternative für Deutschland) ausschließe, während er eine mit der FPÖ eingegangen sei, kommentierte Kurz so: "Das ist das gute Recht der CDU."

AfD nicht mit FPÖ zu vergleichen

Allerdings sei die AfD mit den Freiheitlichen nicht zu vergleichen, argumentiert Kurz, wobei er allerdings nicht auf inhaltliche Aspekte einging. Im Gegensatz zur AfD habe die FPÖ nämlich bereits gezeigt, dass sie zur Regierungsarbeit bereit sei. Die FPÖ sei bereits auf Bundesebene in einer Koalition gewesen und derzeit auch in zwei Bundesländern (Burgenland und Oberösterreich).

Während Kurz kritisierte, dass "ständig ein Rechtsruck herbeigeredet werde", vertrat der ehemalige Umweltminister Jürgen Trittin von den deutschen Grünen die These, dass rechtsextreme Positionen nur verstärkt würden, wenn sie von anderen Parteien übernommen würden. Kurz forderte hingegen, dass Themen wie die Flüchtlingskrise nicht nach den Kriterien "rechts oder links" beurteilt werden sollten. Vielmehr sei das Thema früher nicht ernst genommen worden.

Handykontrollen von Flüchtlingen

Maßnahmen, wie die Kontrolle von Handys von Flüchtlingen und Migranten, verteidigte Kurz. Derart könnten die Reiserouten nachvollzogen und so möglicherweise falsche Angaben festgestellt werden. Sein Ziel sei es, eine Umkehr in der europäischen Asylpolitik herbeizuführen, unterstrich Kurz und argumentierte neuerlich, dass er vor Jahren für seine Haltung in der Flüchtlingsfrage heftig kritisiert worden sei. Diese sei nun aber in Europa durchaus mehrheitsfähig.

Die Talk-Sendung von Sandra Maischberger hat laut ARD-Angaben einen Marktanteil von rund 11 Prozent. Die Sendung wird in der Regel von 1,8 bis 2,6 Millionen Zusehern verfolgt. Am Donnerstag ist noch ein Meinungsaustausch mit dem aus der Sozialdemokratie stammenden Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier vorgesehen.

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