Schallenberg im ÖSTERREICH-Interview

So will der Bundeskanzler die Koalition retten

Teilen

Der Bundeskanzler im Interview mit Isabelle Daniel.  

Wien. In seinem neuen Büro im Kanzleramt – im Metternich-Zimmer, wo einst auch Wolfgang Schüssel oder Werner Faymann ihre Amtsgeschäfte führten – stapeln sich noch die Kartons. Zum Auspacken ist Alexander Schallenberg, der neue Bundeskanzler, noch nicht gekommen. Mit seinem Vorgänger, Sebastian Kurz, hat er das letzte Mal am Montag gesprochen.


Die Priorität für Schallenberg – „Schalli“, wie er seit vielen Jahren genannt wird – liegt jetzt am „Wiederaufbau“ des Vertrauens innerhalb der Regierung. „Wir haben eine veritable innenpolitische Krise erlebt, die auch noch nicht ganz vorbei ist“, sagt der VP-Regierungschef im ÖSTERREICH-Interview.


Er sei ein „Teamspieler“ und daher werde er auch nach dem Nationalfeiertag das „gesamte Team“ – also alle türkisen und grünen Minister – zu einer gemeinsamen Klausur „ohne Öffentlichkeit“ versammeln. Dort sollen die wechselseitigen Wunden und Verwundungen, die durch die Chataffäre rund um Ex-Kanzler Sebastian Kurz und die anschließenden Drohungen der Grünen einen rot-blau-pinken Misstrauensantrag zu unterstützen, wieder anfangen zu heilen.


Schwerpunkte: Corona und die Steuerreform


Pandemie. Dieses Vertrauen wird es auch brauchen, denn Schallenberg weiß, dass die Coronapandemie noch lange nicht vorbei ist. Er appelliert an die Österreicher, sich impfen zu lassen. Im ÖSTERREICH-Interview mit Isabelle Daniel schließt er auch neue Co­rona-Maßnahmen nicht aus, sollte das Impftempo ­weiter stagnieren wie bis jetzt. Dazu sollen bald Gespräche zwischen ihm und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein stattfinden. 3G am Arbeitsplatz solle möglichst rasch umgesetzt werden. Dass er ­keine 100 Tage Schonfrist habe, weiß er.    

Schallenberg im Interview

ÖSTERREICH: Sie haben gesagt, dass Sie das Vertrauen in der Regierung wieder aufbauen wollen. Wie soll das konkret aussehen?
Alexander Schallenberg: Man wird uns natürlich auch an den Taten messen müssen. Aber wir sind alle Menschen, das darf man nicht vergessen, und es sind Wunden zurückgeblieben. Ich werde Vizekanzler Kogler vorschlagen, dass wir nach dem Nationalfeiertag eine Aussprache und ein „Get-together“ machen mit dem gesamten Regierungsteam.
ÖSTERREICH: Das politische Sittenbild, das aus den Chats hervorgeht, ist fatal – wie sehen Sie das?
Schallenberg: Da geht es um den Umgangston und die Inhalte. Damit muss man sich auseinandersetzen, das ist ganz klar. Wir haben eine große innenpolitische Krise gehabt, die auch dank des Schrittes von Sebastian Kurz gelöst werden konnte. Jetzt bin ich am Regierungsschiff und dabei bin ich sehr froh, dass auch die Mannschaft geblieben ist. Das sind alles amtserfahrene Profis. Mit Michael Linhart ist nun ein weiterer Profi dazugekommen. Jetzt wollen wir dieses Schiff endlich wieder in ruhigere Gewässer bringen. Die Menschen wollen Substanz sehen, die Arbeit ist unser Fokus.
ÖSTERREICH: Die Österreicher kennen Sie bisher nur als Außenminister, wo stehen Sie aber im Pandemie-Management?
Schallenberg: Ich habe eine sehr klare Position dazu. Es ist bedrückend, dass wir aufgrund von Zögerern und Zauderern in eine problematische Situation kommen, die wir leicht verhindern können. Daher ist mein Appell ganz klar, dass man sich gegen das Coronavirus impfen gehen muss. Das werde ich auch mit dem Gesundheitsminister besprechen.
ÖSTERREICH: Sollte nicht die 3G-Regel am Arbeitsplatz zumindest endlich umgesetzt werden?
Schallenberg: Da laufen gerade die Verhandlungen. Mein Verständnis ist: Ja, das wollen wir machen. Wir müssen alle Möglichkeiten ausloten, um eine Pandemie der Ungeimpften zu verhindern. Dafür wird es Maßnahmen brauchen. Falls notwendig, werden Minister Mückstein und ich da noch an den etwaigen Schrauben drehen müssen.   

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.