Zwischen ÖVP und SPÖ herrscht frostige Stimmung. Dem U-Ausschuss droht das vorzeitige Aus.
Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zu mehreren Justiz- und Spionageaffären dürfte bald Geschichte sein. Zwar wurden am Donnerstag für drei weitere Sitzungen bis 26. November Zeugenlisten beschlossen, darauf finden sich aber zum Ärger von FPÖ, BZÖ und Grünen weder Hauptakteure in der Causa "Kasachstan" noch zuständige Minister. Die Opposition rechnet damit, dass SPÖ und ÖVP den Ausschuss nach diesen Sitzungen "abdrehen", sie wollen sich nun mit allen Mitteln wehren. Die Regierungsfraktionen verstehen die Aufregung nicht.
Eigentlich wollte man sich in einer Geschäftsordnungssitzung heute mit Zeugenladungen und dem Wunsch der Opposition beschäftigen, frühere und derzeitige Minister, in deren Amtszeit die untersuchten Vorgänge passiert sind, in den Ausschuss zu laden. Herausgekommen ist allerdings ein baldiges Ende, empörte sich die Opposition.
"Tiefpunkt in parlamentarischer Geschichte"
FPÖ, BZÖ
und Grüne wollen sich nun mit weiteren Sondersitzungen des Nationalrats
wehren. Ein Antrag auf einen neuen Untersuchungsausschuss am Donnerstag
wurde von der Regierung abgeschmettert. Dieser hätte u.a. die Rolle von
Altkanzler Wolfgang Schüssel (V) beim Kauf der bulgarischen Firma MobilTel
durch die Telekom Austria durchleuchten sollen. Diesem Antrag sollen aber
weitere folgen. Außerdem wollen Blaue, Orange und Grüne die Zusammenarbeit
mit Rot und Schwarz im Parlament beenden oder auf ein Minimum reduzieren,
das wird sich vor allem bei Zweidrittel-Materien, die die Zustimmung
mindestens einer Oppositionspartei erfordern, auswirken.
FPÖ-Fraktionsführer Martin Graf bezeichnet den heutigen Tag als "Tiefpunkt in der 90-jährigen parlamentarischen Geschichte". Peter Pilz versuchte sich als Kabarettist. Er kam aus der Sitzung mit einem Klebeband als Symbol für den "Knebelungs-Versuch" der ÖVP und einer Wurstsemmel als Sinnbild für die Rolle der SPÖ, die sich "anfüttern" lasse. Ewald Stadler vom BZÖ bezeichnete die Sozialdemokraten als "erbärmlich" und die Volkspartei als "machtberauscht".
Alijew nicht geladen
SP-Fraktionschef Otto Pendl zeigte keinerlei
Verständnis für die Aufregung der Opposition. Der Ausschuss würde "zügig"
arbeiten. Wann er beendet werde, hänge davon ab, wie man fertig werde. Es
sei jedenfalls schon immer ein Abschluss bis Mitte Dezember angepeilt
gewesen. Dass man den Ausschuss "abdrehen" möchte, sei eine "Unterstellung"
der Opposition und ein "völlig absurder" Vorwurf, meinte auch
ÖVP-Fraktionsführer Werner Amon. Der gemeinsame Zeitplan hätte ein Ende
Mitte Dezember vorgesehen, ob dies nun eine Sitzung früher oder später sei,
könne nicht so genau vorhergesehen werden, meinte der schwarze Fraktionschef.
Thematisch ist im Ausschuss noch das letzte Untersuchungsthema - Kontakte von Politikern mit ausländischen Geheimdiensten (Stichwort: Kasachstan) - offen. Was die Opposition dabei ärgert: für sie wichtige Personen wie der frühere Botschafter Kasachstans in Wien, Rakhat Alijew, und der ehemalige SPÖ-Nationalratsabgeordnete Anton Gaal, der Kontakt zu einem getarnten kasachischen Geheimdienstmitarbeiter gehabt hat, werden nicht geladen. Auch die Befragungen von zuständigen Ministern erachten SPÖ und ÖVP weiterhin für nicht notwendig.