Nach nur zwei Tagen!

SPÖ-Basis schießt sich auf Rendi & Drozda ein

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In den Landesorganisationen sorgt der Abgang von Lercher für Unmut und Aufstandsstimmung.

Eigentlich sollte mit der neuen Chefin an der Spitze der SPÖ endlich die langersehnte Ruhe in die Partei einkehren, doch das scheint bereits vergessen zu sein. Denn nach nur zwei Tagen brodelt es vor allem in den roten Landesorganisationen. Sie reagierten auf die Wiener Dominanz in der Parteiführung allergisch.

Stein des Anstoßes ist nicht etwa die erste Frau an der Spitze der österreichischen Sozialdemokratie als Person, sondern ihre Personalpolitik. Zum einen der Rücktritt von SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder, der Rendi-Wagner  damit den Weg freimachte und dann vor allem die Bestellung von Ex-Kanzleramtsminister Thomas Drozda als Bundesgeschäftsführer. Er gilt als engster Vertrauter von Rendi-Wagner, die ihre Entscheidung auch damit begründete, dass sie Personen um sich brauche, denen sie vertraut.

Allerdings stößt dies vor allem außerhalb Wiens bei der roten Basis auf Unmut. Denn der bisherige Geschäftsführer Max Lercher musste Drozda nun weichen. Und der Steirer war innerhalb der Partei, aber vor allem in den Ländern, sehr beliebt.

Heftiger Gegenwind aus der Steiermark

Nun meldete sich Michaela Grubesa eine rote Landtagsabgeordnete in der Steiermark auf Facebook zu Wort und rechnet mit Rendi und vor allem Drozda ab. Ihr geht die Absetzung von Lercher, gelinde gesagt, gegen den Strich. „Am späten Nachmittag haben wir erfahren, dass Max Lercher seinen Sessel zur Verfügung stellt. Damit hat er eine Art von Größe bewiesen, die in der Politik so oft vorkommt wie ein Trinkbrunnen in der Sahara. Eine völlig unumstrittene Person, die in den letzten Monaten für die Sozialdemokratie mehr geleistet hat als manche in ihrer gesamten Laufbahn“, schreibt sie.

Die Nominierung von Drozda sei Rendis gutes Recht, so die steirische SPÖ-Jugendsprecherin. Allerdings sei der Verlust von Lercher nicht nachvollziehbar. „Mit großem Unverständnis blicken wir nun in eine ursprünglich progressive, junge Löwelstraße und sehen dort… den Inneren Bezirk“, prangert sie an. Lercher habe das repräsentiert, was ein „einfacher Mensch“ außerhalb der Ringstraße ist. „Wie sehr wir das doch gebraucht hätten“, fährt sie fort und beginnt mit ihrer Attacke auf Drozda, den sie für einen „Akademiker im Anzug“ hält.

"Thomas: Du bist ein BOBO!"

Man hätte Drozdas Bestellung anders argumentieren können, meint sie. Zudem hätte auch Drozda selbst in einem Eingangsstatement am Tag der SPÖ-Vorstandssitzung anders starten können anstatt mit: „Hier sind ein paar kurze Anekdoten, die erklären, dass ich kein Bobo bin“ und „Ich bin 53, ich brauche das gar nicht“.

„Mit Verlaub, Thomas: Du BIST ein BOBO!!!! Dein Alter ist uns Powidl. Gewünscht hätten wir uns ein politisches Statement und Visionen für die Zukunft der Partei. Vielmehr hätten wir uns gewünscht, dass jemand die Geschäfte unserer Partei leitet, mit dem wir gern auch im Fußballstadion ein paar Bier kippen oder Eisstockschießen gehen würden“, wettert sie. Außerdem hätte er nach der Vorstandssitzung in einer Pressekonferenz zumindest ein paar Dankesworte an die Mitglieder sprechen können. „Aber hey, manche sind große Menschen, manche sind Menschen aus der großen Stadt“, schließt Grubesa ihre Brandrede auf Facebook.

 

Drozda schweigt

Drozda wollte die harsche Kritik am Donnerstag nicht kommentieren. Er möchte Grubesa nichts über die Medien ausrichten, hieß es aus der SPÖ-Parteizentrale. Zwecks Klärung der Differenzen werde er aber das persönliche Gespräch mit der steirischen Parteikollegin suchen. Zuvor hatte der neue Bundesgeschäftsführer den Wechsel in der Parteizentrale verteidigt. Es sei das Recht der neuen Parteichefin ihr Team zu wählen. Die neue SPÖ-Chef setzte unterdessen auch am Donnerstag ihre Strategie fort, sich Fragen der Medien vorerst nicht zu stellen. Erst für das Wochenende werden erste Interviews Rendi-Wagners erwartet, und am Samstag hält die neue SPÖ-Chefin am Parteitag der niederösterreichischen Landesorganisation eine erste Rede.

Drozda verteidigt Rendi

Drozda betonte, dass die SPÖ ihr "Profil schärfen", sich inhaltlich mit Schwerpunkten wie soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit neu aufstellen und sich als klare Alternative zur Regierung positionieren werde. Das unter Christian Kern erarbeitete neue Parteiprogramm werde man wohl "so wie es ist" beschließen, zugleich "das eine oder andere hinterfragen". Das kürzlich verabschiedete Migrationspapier (Motto: "Integration vor Neuzuzug") bleibt laut Drozda gültige Grundlage. Die SPÖ werde "eine Kultur des Hinsehens entwickeln" und nicht mehr "vor den Realitäten die Augen verschließen" - wie es "der eine oder andere von uns zu lange getan hat".

Drozda nahm Rendi-Wagner auch gegen Warnungen des Wiener SPÖ-Chefs Ludwig in Schutz, wonach sich die neue SPÖ-Obfrau durch die Doppelfunktion von Partei- und Klubvorsitz zu viel Arbeit und eine "sehr starke persönliche Belastung" aufbürde. Auch Ludwig selbst übe als Bürgermeister und Landesparteichef zwei Funktionen aus, meinte Drozda. Rendi-Wagner verfüge über "hohe integrative Fähigkeiten", die werde sie nützen "und die unterschiedlichen Teile zusammenführen".

Der Wiener SPÖ-Chef ließ seiner Irritation über die jüngsten Ereignisse in der SPÖ aber auch am Donnerstag freien Lauf. "Da kommt keine Jubelstimmung auf, nicht nur bei mir", meinte Ludwig. Rendi-Wagner sei "sehr sympathisch, telegen und kompetent, jetzt muss sie auch auf die Leute zugehen." Die Wiener SPÖ sei als "loyale Organisation" bekannt, "aber wir wollen auch etwas".
 

Rote Rendi: Ihre Freunde, ihre Gegner

Offiziell stehen aber natürlich auch alle Landeschefs hinter der neuen Chefin. Am ­Beginn der kommenden ­Woche steht ihr gleich die nächste Bewährungsprobe bevor: Die Wahl zur Klub­obfrau und damit zur Nachfolgerin des bisherigen  Klubchefs Andreas Schieder.

Zwar hat der lauteste Kritiker der Schieder-Ablöse, der Simmeringer Harald Troch, gegenüber ÖSTERREICH bestätigt: „Ich wähle Rendi.“  Gut möglich, dass aber andere die Neue gleich mal streichen. Doch auf wen kann sich Rendi wirklich verlassen? Ihr Problem: Allzu viele Granden warten zunächst einmal, wie sie sich schlägt. Fehler sind da verboten.

Rendi-Freunde: Drozda, Kaiser und die SPÖ-Frauen

Ihr engster Vertrauter ist eindeutig Thomas Drozda. Es ist kein Zufall, dass sie den früheren Kulturminister zum Bundesgeschäftsführer gemacht hat: Drozda hat in den letzten Tagen intern Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um Rendi durchzusetzen.  Zweite Machtbasis, wenn man von Macht reden kann: Die SPÖ-Frauen mit Gabriele Heinisch-Hosek. Frauensekretärin Andrea Brunner bleibt neben Drozda Bundesgeschäftsführerin. Aus den Bundesländern hat Rendi mit dem Kärntner Peter Kaiser einen mächtigen Landeschef hinter sich – dazu OÖ, Salzburg und Tirol.

Sie warten ab: Wien, Burgenland und der ÖGB

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig war zunächst skeptisch. Stellte sich dann hinter Rendi, warnte sie am Mittwoch allerdings davor, sich mit dem Partei- und dem Klubvorsitz zu übernehmen. Die Wiener haben nicht verwunden, dass „ihr“ Schieder den Job verliert. Auch die starke burgenländische Landesgruppe ist – bei aller verbaler Unterstützung von Hans Peter Doskozil – in Lauerposition. Versucht Rendi etwa von der  harten Migrationslinie abzuweichen, wird sie von dort zur Ordnung ­gerufen werden. Auch die mächtigen roten Gewerkschafter schauen sich die Sache jetzt einmal genau an.

Rendi-Gegner: Steirer sind sauer wegen Lercher

Steirer für Lercher. Landesparteichef Michael Schick­hofer spricht sich – offiziell – für Rendi aus. Die Steirer sind aber sauer, weil Rendi den bisherigen Parteimanager Max Lercher an die Luft setzte. Und das, obwohl  Lercher sein Mandat im Landtag aufgegeben hatte. Von den Steirern droht Rendi also unmittelbar Gegenwind. Das heißt wohl: Streichungen  bei der Wahl zur Klubfrau – und auch am Parteitag.

(gü)

Kern verliert 6.221 € Gehalt pro Monat

Nach dem Rücktritt Kerns als SPÖ-Chef rasselt auch sein Gehalt herunter: Hatte die SPÖ Kerns Abgeordnetengehalt um 6.221 € auf das des Klubchefs (15.108,10 €) aufgefettet, so fällt dies nach dem Rücktritt weg. Er bekommt jetzt das Gehalt eines Abgeordneten von 8.887,10 € im Monat.  Wie nunmehr auch Ex-Klubchef Andreas Schieder. Stattdessen wird Rendi-Wagner das Klubchefinnen-Gehalt von 12.108,10 € erhalten.

Alte Kern-Partie steht vor Comeback

Jürgen Schwarz – ehemaliger Kanzlersprecher Kerns– steht laut SPÖ-Quellen vor dem Comeback. Spekuliert wurde mit dem Posten des SPÖ-Kommunikationschefs. Schwarz wurde im Wahlkampf 2017 im Zusammenhang mit einer handgreiflichen Auseinandersetzung im Kanzlerbüro genannt. Für ÖSTERREICH war Schwarz gestern nicht erreichbar ...

 

Schickhofer im ÖSTERREICH-Interview: "Muss Rendis Entscheidung respektieren"

ÖSTERREICH: Alle sieben Steirerinnen und Steirer haben sich im Parteivorstand bei der Wahl Drozdas enthalten ...

M. Schickhofer: Ich habe mich im Parteivorstand für den Verbleib von Max Lercher als Bundesgeschäftsführer ausgesprochen. Nicht, weil er Steirer ist, sondern weil er das Vertrauen der Landesorganisationen hat. Ich bekam viel Zuspruch, Pamela Rendi-Wagner hat sich aber anders entschieden. Das habe ich zu respektieren.

ÖSTERREICH: Droht ihr jetzt beim Parteitag ein Streichkonzert der Steirer-SPÖ?

Schickhofer: Das glaube ich nicht. Wir haben uns im Landesparteivorstand einstimmig für Pamela Rendi-Wagner ausgesprochen. Wir unterstützen sie zu 100 %. Es ist aber auch klar, dass sie jetzt das Gespräch mit den Landesorganisationen suchen muss. Ich werde die Interessen der Steirer auch innerparteilich vertreten.

(gü)

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