Bandion schlägt sich auf Väter-Seite. Heute mobilisiert ÖVP im Parlament.
Das Ultimatum von ÖVP-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner ist abgelaufen: Der Februar ist vorbei, es gibt noch immer keine Einigung mit der SPÖ über eine Reform des Obsorgerechts. Und heute geht der Kampf ums Kind im Parlament weiter: Die ÖVP macht ihn zum Thema der aktuellen Stunde.
Bandion-Ortner fordert noch diese Woche einen Termin mit SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Die will sich aber nicht drängen lassen: "Hier geht Qualität vor Tempo."
Bandion-Ortner: "Kein Kampf der Geschlechter!"
Worum geht’s? Läuft es nach der Justizministerin, sollen beide Elternteile auch dann das Sorgerecht behalten, wenn die Scheidung nicht einvernehmlich erfolgt.
Ausnahmen plant die ÖVP-Politikerin nur bei Gewalt in der Ehe oder Gefährdung des Kindeswohls. Für Streit-Eltern keine Kleinigkeit: Beinhaltet doch die Obsorge wichtige Entscheidungen wie Schul- oder Wohnortwahl. Bisher war die gemeinsame Obsorge nicht möglich, wenn ein Elternteil dagegen war.
Allerdings: Frauenministerin Heinisch-Hosek ist dagegen. Sie befürchtet einen Rückfall in die 1970er. Damals hatten Väter auch nach der Scheidung das Recht über alle Belange des Kindes mitzubestimmen. Die Arbeit blieb den Frauen. Doch Bandion-Ortner kontert in ÖSTERREICH: "Es gibt hier keinen Platz für den Kampf der Geschlechter. Warum soll ein Vater vorher staubsaugen oder Windeln wechseln. Wenn er Unterhalt zahlt, soll er auch ein Mitspracherecht haben."
Trotz der Schützenhilfe ist Norbert Grabner vom Verein Vaterverbot mit dem Bandion-Entwurf nicht zufrieden (siehe Interview unten).
Bandions neuer Obsorge-Plan:
Sorgerecht für beide Eltern
Hauptstreitpunkt: Das gemeinsame Sorgerecht bleibt bei strittigen Scheidungen aufrecht. Bisher war das nicht möglich, wenn ein Elternteil dagegen war.
Mehr Rechte für ledige Väter
Ledige Väter sollen die gemeinsame Obsorge beantragen können.
Neues Besuchsrecht
Für schulpflichtige Kinder soll es ein Mindestbesuchsrecht von vier Tagen
Monat geben sowie eine Woche Winter- und zwei Wochen Sommerferien. Unverständlich: Für kleine Kinder gibt es kein Mindestbesuchsrecht.
Väterrechtler Grabner: "Bei Obsorge gehört eine Automatik her"
Norbert Grabner - © privat
ÖSTERREICH: Wie bewerten Sie vom Verein Vaterverbot den Entwurf für ein neues Sorgerecht?
Norbert Grabner: Es ist nicht mehr als ein Schritt in die richtige Richtung.
ÖSTERREICH: Was mehr hätten Sie sich gewünscht?
Grabner: Für ledige Väter gibt es nur ein Antragsrecht auf gemeinsame Obsorge. Da gehört eine Automatik her. Mütter bekommen das alleinige Sorgerecht ja auch ohne vorherige Prüfung. Mit dieser Regelung gibt es nur noch mehr Konfliktstoff. Wenn ein lediger Vater eine halbwegs gute Vereinbarung mit der Mutter hat und dann kommt plötzlich der Brief vom Gericht, dass er jetzt die Obsorge beantragt hat.
ÖSTERREICH: Wären ledige Väter gegenüber geschiedenen benachteiligt?
Grabner: Ja, weil Geschiedene ja automatisch die gemeinsame Obsorge bekommen sollen. Dabei richtet sich das Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes genau gegen diese Ungleichbehandlung.
ÖSTERREICH: Sind Sie mit der Besuchsrechtsregelung zufrieden?
Grabner: Ich verstehe nicht, warum es ein Mindestbesuchsrecht nur für Schulkinder gibt, aber nicht für Kleinkinder.
ÖSTERREICH: Verstehen Sie die Bedenken von frauenpolitischer Seite her?
Grabner: Ein bisschen. Auch ich kenne Väter, die nicht für ihre Kinder da sind.