MIchael Ludwig

Personalpaket

Überraschung in Ludwigs neuem Team

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Unter größter Geheimhaltung stellte der neue Wiener Stadtchef sein Team zusammen.

Im Wiener Rathaus ist am Montag nach den Gremiensitzungen der Wiener SPÖ das künftige rote Regierungsteam präsentiert worden. Neu mit dabei sind Peter Hanke (Ressort Finanzen und Wirtschaft), Kathrin Gaal (Wohnen), Veronica Kaup-Hasler (Kultur) und Peter Hacker (Gesundheit und Soziales). Umweltstadträtin Ulli Sima und Bildungs- bzw. Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky bleiben.
 

(Fast) alles neu in der Stadtregierung

Es ist der größte Regierungsumbau seit langem im Wiener Rathaus: Mit Peter Hanke (Ressort Finanzen und Wirtschaft), Peter Hacker (Gesundheit und Soziales), Kathrin Gaal (Wohnen) und Veronica Kaup-Hasler (Kultur) hat der designierte Bürgermeister Michael Ludwig gleich vier neue Köpfe in sein Team geholt. Umweltstadträtin Ulli Sima und Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky bleiben an Bord.


Mit der Neubesetzung besteht die künftige SPÖ-Regierungsmannschaft weiterhin aus drei Frauen und drei Männern. Ludwig sprach bei der Präsentation am Montag von einer "Wiener Melange aus langjähriger Erfahrung und neuen Gesichtern". "Starke Persönlichkeiten", die mit unterschiedlichen Teilen der Bevölkerung umzugehen wüssten, seien das, freute er sich. Der Parteichef erhofft sich durch das Personalpaket "einen neuen Wind in der Stadt und eine Aufbruchsstimmung".

Die Neuzugänge im Detail: Das wohl krisenanfälligste Ressort - Stichwort KH Nord, KAV und Mindestsicherung - übernimmt der langjährige Chef des Fonds Soziales Wien (FSW), Peter Hacker (54). Er hat sich in der Vergangenheit erfolgreich gegen Rufe aus dem Rathaus, die Gesundheits- und Sozialagenden zu übernehmen, gewehrt. Nun hat er doch den Schritt "vom Balkon der guten Ratschläge in die erste Reihe" gewagt, wobei er sich auch um den Sport kümmert, der bisher im Kulturressort angesiedelt war.

Mit Hacker als Nachfolger von Sandra Frauenberger könnte Ludwig - wie er heute selbst einräumte - durchaus die eine oder andere Meinungsverschiedenheit auszufechten haben, etwa in der Frage der Bevorzugung von Wienern bei der Mindestsicherung. Wobei der künftige Stadtchef gleich klarstellte: "Ich gehe davon aus, dass im Zweifelsfall der Wiener Bürgermeister entscheidet."

Das Stadtbudget übernimmt Wien-Holding-Chef Peter Hanke (54). "Die Finanzen für 1,8 Mio. Menschen zu übernehmen, ist eine unglaubliche Herausforderung", räumte er ein. Sparen will er durchaus - "aber nicht bei den Menschen". Er folgt Renate Brauner nach, für die eine neue Funktion geschaffen wird. Sie soll die Stadt international in Sachen Daseinsvorsorge und Kommunalwirtschaft vertreten und städtischen Betrieben bei der Vernetzung etwa im EU-Bereich unterstützen.

Ein veritabler Überraschungscoup ist Ludwig mit der Bestellung der Theaterfachfrau Kaup-Hasler (Jahrgang 1968), die bis 2017 das Festival "steirischer herbst" leitete und zuvor als Dramaturgin für die Wiener Festwochen werkte. Sie folgt auf Andreas Mailath-Pokorny und stellte sich heute der Öffentlichkeit als "seltsames Wesen" vor. Vom Parteichef bekam sie den Auftrag mit, das "sehr gut funktionierende Kulturleben der Stadt" etwas gegen den Strich zu bürsten.

Neben diesen drei Quereinsteigern setzt der künftige Bürgermeister bei der Nachbesetzung seines eigenen Ressorts auf langjährige politische Erfahrung und eine enge Vertraute. Kathrin Gaal (42), seit 13 Jahren im Stadtparlament und außerdem Bezirksparteichefin im Flächenbezirk Favoriten, zeichnet für den Wohnbau verantwortlich. Ihr Ressort wird mit den Frauenagenden aufgefettet.

Nur Sima und Czernohorszky bleiben

Keine Änderungen gibt es in den Bereichen Bildung und Integration sowie Umwelt und Wiener Stadtwerke. Hier bleiben Jürgen Czernohorszky und Ulli Sima in ihrer jeweiligen Funktion.
 

Ernst Woller folgt Kopietz als Landtagspräsident

Einen Wechsel gibt es allerdings noch - wenn auch nicht in der Stadtregierung selbst. Denn auch Harry Kopietz, Teil der alten Garde um den scheidenden Bürgermeister Michael Häupl, räumt das Feld als Landtagspräsident und wird einfacher Mandatar. Ihm folgt der längst dienende Gemeinderat in Wien, Ernst Woller.

Sämtliche Personalentscheidungen, die von den SPÖ-Gremien heute bereits einstimmig abgesegnet wurden, werden am 24. Mai in Kraft treten. Dann werden sowohl Ludwig als Bürgermeister und die neuen Stadträte im Gemeinderat gewählt. Ein Vorziehen der Wien-Wahl, die planmäßig 2020 anstehen, sind für den künftigen Stadtchef derzeit übrigens kein Thema, wie er versicherte.

Die Grünen freuten sich postwendend über die Vorstellung des neuen Teams, pochten zugleich aber auf die Umsetzung des Koalitionsvertrags. ÖVP und NEOS zeigten sich abwartend, die FPÖ sah indes nichts als "eine einzige Enttäuschung". Vorschusslorbeeren speziell für Hacker gab es von der Wiener Gebietskrankenkasse, der Ärztekammer sowie der AUVA.
 

Das ist die neue Wiener Stadtregierung:


  Jürgen Czernohorszky

   Stadtrat für Bildung, Jugend, Integration und Personal


   Jürgen Czernohorszky wurde am 25. März 1977 in Eisenstadt geboren. Er studierte von 1995 bis 2001 Politikwissenschaft an der Universität Wien, wechselte allerdings 2001 auf das Studium der Soziologie an der Universität Wien, das er 2008 abschloss. Von 2001 bis 2015 war Czernohorszky Landtagsabgeordneter und Gemeinderat in Wien. Von 2011 bis 2015 war er Bundesgeschäftsführer der Österreichischen Kinderfreunde. Von 2015 bis 2017 diente er als amtsführender Präsident des Wiener Stadtschulrates. Seit 26. Jänner 2017 ist Jürgen Czernohorszky amtsführender Stadtrat für Bildung und Integration in Wien.

   „Wir stehen für eine Stadtgesellschaft, die nicht auseinanderfällt. Leider gibt es momentan politische Kräfte, die an einem Auseinanderfallen interessiert sind und polarisieren. Im Kontrast dazu machen wir Politik, die sagt, was Sache ist, die Probleme nennen – anstatt Sündenböcke zu suchen. Ich habe in meinem Ressort einige Stellschrauben, an denen ich drehen kann. Gerade im Bereich der Bildung müssen die jungen WienerInnen ihr Potenzial ausschöpfen können. Wir wollen niemanden zurücklassen. Darum ist unsere Aufgabe, Politik nicht für sie zu machen, sondern mit ihnen. Das gilt auch für den Bereich Integration. Wien ist eine Stadt, in der man in jedem Grätzel zuhause sein kann. Für all das braucht es auch die 65.000 motivierten MitarbeiterInnen der Stadt. Wien ist die größte, aber auch innovativste Arbeitgeberin.“

   Kathrin Gaal

   designierte Stadträtin für Wohnen, Stadterneuerung und Frauen


   Kathrin Gaal ist am 03. Jänner 1976 geboren. Nach der AHS-Matura begann sie ein Studium der Rechtswissenschaften. Von 2001 bis 2005 war Kathrin Gaal Bezirksrätin in Favoriten und ab 2005 ist sie Landtagsabgeordnete und Gemeinderätin, sowie seit April 2011 die Vorsitzende der SPÖ Favoriten. Kathrin Gaal ist Mitglied des Bezirksvorstandes, Mitglied des Bezirksfrauenkomitees und Sektionsfrauenreferentin in Favoriten.

   „Wohnbau- und Frauenpolitik sind breitgefächerte Themen, die in der Sozialdemokratie fest verankert sind. Leistbares Wohnen und sozialer Wohnbau haben besonders große Bedeutung – nicht zuletzt in meinem Heimatbezirk Favoriten, der Wiens einwohnerstärkster Bezirk ist. Im Bereich der Frauenpolitik werde ich darauf achten, dass Frauen selbstbestimmt leben können. Hier setzt die Sozialdemokratie schon lange Akzente. Wir fordern gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Beruf und Familie müssen vereinbar sein, zum Beispiel mit Maßnahmen wie der Ganztagsschule und dem beitragsfreien Kindergarten. Aber auch das Gewaltschutznetz wird dabei helfen, dass Frauen ein unabhängiges Leben führen können.“

   Peter Hacker

   designierter Stadtrat für Gesundheit, Soziales und Sport


   Peter Hacker trat 1982 in den Dienst der Stadt Wien ein. 1985 wechselte er als Mitarbeiter in das Team von Bürgermeister Dr. Helmut Zilk mit den Tätigkeitsschwerpunkten Bürgeranliegen, Jugend und Soziales. Von 1992 bis 2003 war er Drogenkoordinator der Stadt Wien. Seit 2001 ist Peter Hacker Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien, dem Träger von sozialen Dienstleistungen für Menschen mit Pflege- und Betreuungsbedarf, Behinderung, Wohnungslose und Flüchtlinge. Ab 2015 ist er auch Wiener Flüchtlingskoordinator.

   „Ich komme aus dem Fonds Soziales Wien, der für mich ein Herzstück der Sozialpolitik ist. Ich habe in dieser Funktion viele Gespräche mit Michael Ludwig geführt. Er hat mich überzeugt, vom Balkon der guten Ratschläge in die erste Reihe zu gehen. Ich habe riesigen Respekt vor dieser Aufgabe. Soziales und Gesundheit sind eine Einheit, in beiden Bereichen geht es um die Menschen dieser Stadt. Ich freue mich, mit viel Kraft für die Wienerinnen und Wiener arbeiten zu dürfen.“

   Peter Hanke

   designierter Stadtrat für Wirtschaft, Finanzen und Internationales


   Peter Hanke wurde 1964 in Wien geboren. Er studierte Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien. Seit 1993 ist er bei der Wien Holding tätig, ab 2001 als Prokurist. Von 1996 bis 2002 war er Vorsitzender des Betriebsrats der Wien Holding. Seit 2002 ist Peter Hanke einer von zwei Geschäftsführern der Wien Holding, wo er für die Finanzen und die Geschäftsfelder Kultur- und Veranstaltungsmanagement, sowie Logistik und Mobilität verantwortlich ist.

   „Als Chef der Wien Holding habe ich gerne Verantwortung für die rund 75 Unternehmen der Stadt innegehabt. Genauso gerne übernehme ich jetzt Verantwortung für die 1,8 Millionen Wienerinnen und Wiener. Ich möchte unseren erfolgreichen Wiener Weg fortführen: Wir müssen auch weiterhin investieren, um nicht stehen zu bleiben, und die richtigen Schritte für die nächsten zwanzig Jahre zu setzen. So wie ich die Wien Holding geführt habe, können Sie sicher sein, dass Sicherheit bei mir ganz oben steht. Aber wir dürfen nicht bei den Menschen sparen! Da sind wir ein Gegenmodell zur Bundesregierung. Ich bin ein offener Mensch und werde alle einladen, sich bei wichtigen Projekten einzubringen.“

   Veronica Kaup-Hasler

   designierte Stadträtin für Kultur und Wissenschaft


   Veronica Kaup-Hasler wurde 1968 als Tochter einer ostdeutschen Sängerin und eines österreichischen Schauspielers in Dresden geboren. Nach der Matura studierte sie Theaterwissenschaften an der Universität Wien. 1993 schloss sie ihr Studium ab. Ab 1993 war sie als Dramaturgin tätig, zuerst in Basel und anschließend bei den Wiener Festwochen. Enge Zusammenarbeit hatte sie mit Luc Bondy und Christoph Schlingensief. Von 1998 bis 2001 war sie Lehrbeauftragte an der Akademie der Bildenden Künste in Wien. 2001 wurde Kaup-Hasler künstlerische Leiterin des Festivals Theaterformen in Braunschweig und Hannover. Ab 2006 war sie als Intendantin des steirischen herbst tätig.

   „Politik ist eine Erweiterung meiner bisherigen Tätigkeit. Ich habe immer dafür gekämpft, Freiräume für die Kunst und widersprüchliches Denken zu schaffen. Dafür muss man eine gute Gastgeberin sein. Ich hatte das Glück, für Festivals wie den steirischen herbst tätig zu sein, die auch internationale Strahlkraft entwickelt haben. Es ist mir wichtig, die eigenen ‚Kunstblasen’ zu verlassen und geistige Verengungen zu hinterfragen. Ich will den kulturellen Diskurs für alle öffnen und neues Publikum generieren.“

   Ulli Sima

   Stadträtin für Stadtwerke und Umwelt


   Ulli Sima wurde am 03. August 1968 in Klagenfurt geboren. An der Universität in Wien schloss sie 1994 das Studium der Molekularbiologie ab. Von 1995 bis 1999 war sie Mitarbeiterin der Umweltschutzorganisation Global 2000. 1999 wurde Ulli Sima Abgeordnete zum Nationalrat, im Frühjahr 2000 wurde sie Umweltsprecherin der SPÖ und im Sommer 2002 stellvertretende Vorsitzende der NaturfreundeÖsterreichs. Seit 1. Juli 2004 ist Ulli Sima als amtsführende Stadträtin für Stadtwerke und Umwelt in Wien tätig.

   „Mein Ressort ist so etwas wie das ‚Lebensressort’. Wien ist kürzlich zum neunten Mal zur lebenswertesten Stadt der Welt gekürt worden. Daran haben auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Stadt einen sehr großen Anteil. Darum werde ich darauf achten, dass die Daseinsvorsorge in kommunaler Hand bleibt und für alle Menschen da ist. Ich will das Miteinander fördern, aber auch die Einhaltung von Spielregeln fordern, vom Thema illegale Wettlokale bis zum Praterstern.“
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