Der weißrussische Präsident Lukaschenko besucht zum ersten Mal seit 2016 ein EU-Land.
Die Kanzlei von Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat am Mittwoch den bereits kolportierten Besuch des weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko am kommenden Dienstag bestätigt. Es handelt sich um den ersten offiziellen Besuch des autoritären Staatschefs in einem EU-Land seit 2016, als die Sanktionen gegen Weißrussland (Belarus) aufgehoben wurden.
Nach einem Vier-Augen-Gespräch sowie einem Gespräch im Beisein der Delegationen wird es Pressestatements der beiden Staatsoberhäupter geben. Themen werden die Erinnerungspolitik - also der Erhalt des Gedenkortes Maly Trostenez - und bilaterale Fragen sein, teilte die Präsidentschaftskanzlei in einer Aussendung mit. Weiters werde es einen kritischen Dialog über die "problematische Frage der Menschenrechte" geben. Nach Freilassung aller politischen Gefangenen in Weißrussland wurde von der EU 2016 ein Großteil der Sanktionen aufgehoben, weiterhin gibt es aber die Todesstrafe in dem Land. Österreich und die EU plädieren für die Abschaffung der Todesstrafe. Allein in diesem Jahr wurden drei verurteilte Schwerverbrecher hingerichtet, wie das Menschenrechtszentrum Wjasna (Viasna) in Minsk berichtet.
Van der Bellen war – gemeinsam mit seinem deutschen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier - im Juni 2018 bei der Einweihung der zweiten Ausbauphase des Mahnmalkomplexes Maly Trostenez und der Grundsteinlegung für das österreichische Denkmal zu Besuch in Minsk gewesen. Im Rahmen der Visite lud der Bundespräsident Lukaschenko nach Österreich ein. Im März 2019 weihte dann der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gemeinsam mit Lukaschenko das Mahnmal für die rund 10.000 jüdischen Österreicherinnen und Österreicher ein, die in Maly Trostenez von den Nazis ermordet worden waren. Zuvor hatte im Jänner die damalige Außenministerin Karin Kneissl Minsk ebenfalls einen Besuch abgestattet.
Am frühen Dienstagnachmittag steht ein Gespräch Lukaschenkos mit Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) sowie ein Wirtschaftsforum in der Wirtschaftskammer auf dem Programm. Österreich ist nach Angaben von Außenminister Alexander Schallenberg der zweitgrößte Investor in Weißrussland.
Vorsichtige Annäherung
Österreich und Weißrussland arbeiten auch im Rahmen der Östlichen Partnerschaft der Europäischen Union zusammen. "In diesem Rahmen verfolgen die EU und Weißrussland seit einigen Jahren eine Politik der vorsichtigen Annäherung. Mit dem Besuch, der in Abstimmung mit EU-Institutionen stattfindet, leistet Österreich einen Beitrag zu dieser Annäherung", hieß es.
Weißrussische Medien berichteten, dass Österreich "von allen EU-Staaten das loyalste gegenüber unserem Land" sei. "Daher (und aus mehreren Gründen) wurde es für den symbolischen Eintritt von Alexander Lukaschenko nach Europa nach einer Ära angespannter Beziehungen und Sanktionen ausgewählt", schrieb das weißrussische Online-Portal naviny.by. Das russische Portal Gazeta.ru ergänzte, dass Österreich für einen ersten Besuch günstig sei, da es zwar EU-Mitglied, gleichzeitig in internationalen Angelegenheiten aber neutral und auch nicht Mitglied der NATO sei.
Lukaschenko hielt sich im Mai 2016 in Rom auf und traf dort unter anderem Papst Franziskus. Eine Einladung zum Gipfel der Östlichen Partnerschaft 2017 lehnte er ab. In Österreich war Lukaschenko bereits privat auf Skiurlaub. Kanzler Kurz brachte dem begeisterten Skifahrer im März als Gastgeschenk ein Paar Holz-Ski der Wiener Manufaktur Ünique Skis mit.