Weltpolitik

Macron muss um klare Parlamentsmehrheit kämpfen

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Jeweils rund 25 Prozent der Stimmen für Linksbündnis und Mitte-Lager.

Das liberale Bündnis von Präsident Emmanuel Macron und die vom Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon geführte Allianz haben sich bei der französischen Parlamentswahl am Sonntag ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert. Hochrechnungen sahen das Links-Bündnis am Abend mit 25,6 bis 26,1 Prozent leicht vor dem Mitte-Lager des Präsidenten mit 25,2 bis 25,6 Prozent. Zum Verhängnis des Linksbündnisses dürfte aber das komplizierte Wahlsystem werden.

So zählen am Ende nur die Stimmen für den Gewinner im jeweiligen Wahlkreis. Umfrageinstitute sehen Macrons Mitte-Bündnis als besser platziert, Stimmen von in der ersten Runde ausgeschiedenen Kandidaten abzufangen. Deshalb kann Macron in der zweiten Runde am kommenden Sonntag hoffen, mit einigen blauen Flecken aber dennoch als Sieger aus dem Ring zu gehen.

Frankreichs Premierministerin Élisabeth Borne sieht die politischen Kontrahenten des Mitte-Bündnisses nach der ersten Runde der Parlamentswahl chancenlos für eine Mehrheit. "Wir sind die einzige politische Kraft, die in der Lage ist, eine Mehrheit in der Nationalversammlung zu bekommen", sagte Borne am Sonntagabend. Die Premierministerin warnte zudem indirekt vor einem weiteren Erstarken der Linken. "Wir können das Risiko von Instabilität nicht eingehen." Sie und das Mitte-Bündnis hingegen stünden für Kohärenz und würden im Kampf gegen die Extreme nichts unversucht lassen.

Mélenchon wertete die Teilergebnisse als Sieg. "Die Wahrheit ist, dass die Präsidentschaftspartei in der ersten Runde geschlagen und besiegt ist", sagte er am Sonntagabend in Paris. "Angesichts dieses Ergebnisses und der außerordentlichen Gelegenheit, die sie für unsere persönlichen Leben und die Zukunft der gemeinsamen Heimat darstellt, rufe ich unser Volk auf, nächsten Sonntag auszuströmen, um natürlich die verhängnisvollen Vorhaben der Mehrheit von Herrn Macron definitiv zurückzuweisen", sagte er mit Blick auf die Stichwahlen in einer Woche.

Die 577 Parlamentsmandate werden nach dem Mehrheitswahlrecht besetzt. Gewählt ist jener Kandidat, der im jeweiligen Wahlkreis die absolute Mehrheit erreicht. In den meisten Wahlkreisen wird dies erst in der Stichwahl der Fall sein. Schätzungen mehrerer Institute zufolge könnte das Macron-Bündnis 255 bis 310 Mandate bekommen, die Linksallianz 150 bis 210 Mandate. Bisher kann sich der Präsident in der Nationalversammlung auf eine absolute Mehrheit stützen. Ob er diese verteidigen kann, wird somit erst in der zweiten Runde der Parlamentswahl am kommenden Sonntag feststehen.

Spitzenvertreter der Linksallianz wiesen darauf hin, dass diese sich in rund 500 Wahlkreisen für die Stichwahl qualifiziert habe. Damit sei das Rennen um die Mehrheit weiterhin offen. Dem neuen Bündnis gehören Linke, Kommunisten, Grüne und Sozialisten an. Mélenchons Partei "Unbeugsames Frankreich" dürfte dabei rund die Hälfte der Sitze erringen.

Die Rechtspopulistin Marine Le Pen zieht nach eigener Aussage in ihrem Wahlkreis in Hénin-Beaumont in die Stichwahl am kommenden Sonntag ein. Ihre rechtsnationale Partei Rassemblement National kam laut Prognosen auf rund 19 Prozent, konnte aber wegen der Ächtung durch die anderen Parteien nur mit zehn bis 45 Mandaten rechnen. Le Pen bezeichnete das Abschneiden ihrer Partei dennoch als "immensen Sieg" und rief dazu auf, dem Lager von Präsident Macron in der Stichwahl die absolute Mehrheit zu verwehren.

Die bisher stärkste Oppositionskraft, die konservativen Republikaner, stürzten mit Verbündeten auf nur noch 11 bis 14 Prozent bzw. 40 bis 80 Mandate ab. Der Vorsitzende der französischen Konservativen, Christian Jacob, sieht seine Partei dennoch als wichtige politische Kraft für die kommenden Jahre. "Man sieht, dass wir in der Lage sind, in dieser Legislaturperiode zwischen der Stimme der Extremen und dem von der Mehrheit des Präsidenten (Emmanuel) Macron geführten Stillstands eine entscheidende Rolle zu spielen", sagte Jacob am Sonntagabend im Sender France 2. Jacob zufolge will sich die Partei am Montag zusammensetzen, um eine Wahlempfehlung für Kreise abzugeben, in denen ihre eigenen Kandidaten nicht in die zweite Runde gekommen sind.

Instituten zufolge betrug die Wahlbeteiligung am Sonntag nur etwa 47,7 Prozent. Borne sagte: "Unsere erste gemeinsame Aufgabe ist es, das Fernbleiben zurückzudrängen". Nicht-Wähler rief sie dazu auf, in der zweiten Runde am kommenden Sonntag ihre Stimme abzugeben.

Macron profitierte trotz Unzufriedenheit mit seiner ersten Amtszeit davon, dass die Parlamentswahl in Frankreich als Bestätigung der Präsidentschaftswahl empfunden wird. So nehmen vor allem Unterstützer des Gewinners an der Abstimmung teil, andere bleiben häufig zuhause.

Bei der Parlamentswahl geht es für Macron darum, ob er seine Vorhaben auch in seiner zweiten Amtszeit wird umsetzen können. Diese sind etwa die umstrittene Pensionsreform, Kaufkrafthilfen in der Krise sowie dringend nötige Verbesserungen im Bildungs- und Gesundheitswesen. Auch die Umweltpolitik will der Liberale stärker in den Fokus rücken, neben erneuerbaren Energien vor allem aber den Ausbau der Atomkraft vorantreiben. Für all das benötigt er eine Mehrheit im Parlament. Die zweite Kammer, der Senat, ist dabei weniger wichtig als die Nationalversammlung und derzeit konservativ geprägt.

Sollten die Stimmen am Ende nur für eine relative Mehrheit reichen, wären der Präsident und die Regierung gezwungen, Unterstützung aus den anderen Lagern zu suchen. Wahrscheinlich ist, dass es dann eine Minderheitsregierung gibt, die sich je nach Vorhaben auf Mitte-Links- oder Mitte-Rechts-Kräfte zu stützen versucht.

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