EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist am Freitag zu einem Solidaritätsbesuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eingetroffen.
Dort will sie unter anderem den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj treffen. Von der Leyen wird von einer Delegation begleitet, der auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, der slowakische Ministerpräsident Eduard Heger und mehrere EU-Parlamentarier angehören.
Für die nächsten Tage hat auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) einen Besuch in Kiew angekündigt. "Diese Reise ist ein deutliches Zeichen der Unterstützung für die Ukrainer", sagte von der Leyen auf dem Weg nach Kiew. Das Land brauche dringend Hilfe. Mit Blick auf die Zeit nach dem Krieg sagte die Kommissionschefin, dass die Ukraine als demokratisches Land aus dem Krieg hervorgehen solle. Gemeinsam mit anderen Gebern sei man dazu bereit, dabei zu helfen, das Land wieder aufzubauen und zu reformieren.
Von der Leyen war am späten Donnerstagabend mit einem Sonderzug in der nur 13 Kilometer von der Grenze entfernten südpolnischen Kleinstadt Przemysl aufgebrochen. Dort kommen immer noch jeden Tag Tausende Flüchtlinge in der Europäischen Union an, zu Hochzeiten waren es teils mehr als 100.000 pro Tag.
Von der Leyen ist die erste westliche Spitzenpolitikerin, die seit Bekanntwerden der Kriegsgräuel im Kiewer Vorort Butscha die Ukraine besucht. Mitte März waren allerdings schon die Regierungschefs Polens, Sloweniens und Tschechiens in Kiew, um ein Zeichen der Solidarität zu setzen. Vergangene Woche besuchte EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola überraschend Kiew.
Als Reaktion auf das Massaker an Zivilisten in Butscha hatte von der Leyen am Dienstag ein fünftes Sanktionspaket gegen Russland vorgeschlagen, das mittlerweile von den EU-Staaten beschlossen wurde. Es enthält unter anderem ein Importverbot für Kohle aus Russland, aber auch weitere Beschränkungen für den Handel mit Russland und ein weitgehendes Einlaufverbot für russische Schiffe in EU-Häfen.
Gut sechs Wochen nach Beginn des Krieges in der Ukraine wird die Vertretung der Europäischen Union in Kiew am Freitag wiedereröffnet, kündigte der EU-Außenbeauftragte Borrell auf der Zugfahrt an. Das Land sei noch immer unter der Kontrolle der Ukrainer, sagte Borrell. Mit Blick auf die Zugfahrt durch das Land sagte der Spanier: "Man hat nicht das Gefühl, im Krieg zu sein."
Borrell kündigte zudem an, 7,5 Millionen Euro für die Ermittlungen zur Verfügung zu stellen, die die Ukraine nach den Kriegsverbrechen in dem Kiewer Vorort Butscha und an anderen Orten durchführt.
Bei dem Besuch in Kiew soll Borrell zufolge auch darüber beraten werden, wie vor allem die militärische EU-Unterstützung für die Ukraine im Kampf gegen Russland besser gesteuert werden könne. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die EU-Staaten seinem Vorschlag in den kommenden Tagen zustimmen, der Ukraine zusätzliche 500 Millionen Euro zur Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte in ihrem Kampf gegen die russische Armee bereitzustellen. Damit würden sich die zur Verfügung stehenden Mittel auf 1,5 Milliarden Euro erhöhen.
Kurzfristige Einschränkungen der Einfuhren von Gas aus Russland in die EU wären nach Einschätzung des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell nicht nur für Deutschland eine große Herausforderung. "Die Leute sagen: Oh, es ist Deutschland. Nein, es ist nicht nur ein deutsches Problem, denn die deutsche Wirtschaft ist sehr stark mit der europäischen Wirtschaft verflochten", sagte Borrell am Freitag auf der Zugfahrt nach Kiew. Etwas, das in einem Land geschehe, habe unmittelbare Auswirkungen auf andere Länder. Auch Österreich ist zu rund 80 Prozent seiner Gasreserven aus Russland abhängig und lehnt ein solches Embargo bisher ab.