Nach Krisensitzung

Wie geschwächt ist die ÖVP vor der Klausur?

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Mitterlehner, Pröll und Leitl kalmieren - Hajek: Spindelegger "angezählt".

Die Regierung zieht sich am Dienstag erstmals in der neuen Gesetzgebungsperiode zu einer Klausur zurück. Als Tagungsort auserkoren hat man das gediegene Seminar-Hotel "Schloss an der Eisenstraße" in Waidhofen/Ybbs in Niederösterreich.

Für Vizekanzler Michael Spindelegger steht damit nach der ÖVP-Krisensitzung und des Streits mit den Landeschefs in Wien eine weitere Nagelprobe an. Meinungsforscher Peter Hajek sieht die ÖVP in einer "durchwegs ernsteren Situation" und Spindelegger "angezählt".

Im Vorfeld versuchten zwei ÖVP-Granden zu kalmieren. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Wirtschaftsbundobmann Christoph Leitl erklärten, dass ein Rücktritt Spindeleggers nicht nicht zur Diskussion gestanden sei.

Das Bild in der Öffentlichkeit "war nicht optimal", daher sei man zusammengekommen "um es zu optimieren", so Leitl. Die Regierungsklausur, die am Dienstag beginnt, werde durch die Situation der ÖVP nicht überschattet.

NÖ-Landeshauptmann Erwin Pröll betonte, dass die ÖVP in keiner Krise stecke. Bei der Sitzung seien lediglich "einige Unschärfen", die im Zusammenhang mit der Interpretation des Regierungsübereinkommens entstanden seien, geklärt worden.

Niemand habe Michael Spindelegger in seiner Funktion als Bundesparteiobmann infrage gestellt, so er Landeshauptmann. Er, Pröll, sei vielmehr davon überzeugt, dass das volle Vertrauen in den Vizekanzler - auch aus dem Westen - bestehe.

Mitterlehner: Keine Rebellion der Westachse
Mitterlehner sagte, es habe Meinungsunterschiede gegeben, die habe man abgeklärt, auch wenn der Zeitpunkt für die öffentliche Auseinandersetzung vielleicht "nicht optimal" gewesen sei. Eine "Rebellion der Westachse" habe es nicht gegeben. Auch stelle sich die Frage nicht, ob er, Mitterlehner, als "Kronprinz" für Spindelegger infrage komme. Spindelegger habe die Partei im Griff.

Leitl: Kommentare "besser abstimmen"
Leitl will Montagabend nur an einem Koordinations- und Abstimmungsgespräch teilgenommen haben, nicht an einer Krisensitzung. In der Sitzung habe man die Situation analysiert, unterschiedliche Standpunkte gesehen und dann "einen Weg gefunden, wie es weitergeht", so Leitl, ohne den Weg im Detail zu erläutern. Klar sei aber, dass Kommentare "besser abgestimmt" werden müssten. Spindelegger "hat mein vollstes Vertrauen", so Leitl.

Der bei der Pressekonferenz ebenfalls anwesende frühere ÖVP-Obmann Josef Pröll wollte die Situation in der ÖVP nicht kommentieren.

Wie geschwächt ist die ÖVP vor der Klausur?
© APA

Meinungsforscher: Spindelegger "angezählt"
Für den Politikwissenschafter Peter Filzmaier ist die aktuelle Situation der ÖVP ein "brodelnder Kochtopf, der gestern nicht explodiert ist", der aber auch mittelfristig nicht explodieren werde, weil es für die Partei selbstzerstörend wäre. Meinungsforscher Peter Hajek sprach von einer "durchwegs ernsteren Situation", er sieht Parteichef Michael Spindelegger angezählt.

Die Koalition allerdings ist Hajeks Meinung nach kurzfristig nicht gefährdet, wiewohl die Situation der ÖVP mittel- bis langfristig Gefahrenpotenzial berge. Die Frage sei aber, was die Alternative wäre, und Neuwahlen seien weder für die ÖVP noch für die SPÖ interessant. Auch für Filzmaier ist die Regierung derzeit nicht gefährdet, zumindest "nach den Gesetzen der Logik macht es keinen Sinn".

SPÖ betont "konstruktive" Zusammenarbeit
Die SPÖ kommentierte die Turbulenzen beim Regierungspartner am Montag nur indirekt. Kanzleramtsminister Josef Ostermayer strich in einer Aussendung der Partei hervor, dass die Vorbereitungen für die Regierungsklausur "gut laufen": "Die Regierung arbeitet konstruktiv zusammen."

Ostermayer ging indes konkret auf die beiden Themen gemeinsame Schule und Vermögenssteuern ein, mit denen zuletzt Spindelegger in den eigenen Reihen konfrontiert war. In der SPÖ gebe es "eine klare Haltung und Beschlüsse", so der SP-Koalitionskoordinator. "Es wird niemand überraschen, dass diese Beschlusslage gilt."

Spindelegger bedauert "Christikind"-Sager
ÖVP-Obmann Michael Spindelegger rechnet nach der "guten Aussprache" mit Ländern und Bünden Sonntagnacht mit einem Ende der öffentlichen Gesamtschuldebatte. Seine barsche Absage an die Gesamtschulpläne der Westländer von voriger Woche bedauerte der VP-Chef am Montag vor Journalisten: "Der Christkind-Sager war nicht ideal."

Es tue ihm persönlich leid, die Aussage in diesem Zusammenhang getätigt zu haben, betonte Spindelegger. Es sei auch nicht als Spitze gegen den Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner gedacht gewesen, versicherte der Vizekanzler. Dessen Vorgehensweise - konkret die zur Gesamtschulmodellregion angekündigte Befragung - lobte Spindelegger als "sehr professionell".

ÖVP-Krisensitzung in Wien

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