Wiener Gesundheitsstadtrat Hacker machte Bildungsministerium für Maßnahme verantwortlich.
Die Sperre eines Gymnasiums in der Albertgasse in Wien-Josefstadt hat am Mittwoch für Aufregung gesorgt. Sie wurde nach dem negativen Coronavirus-Test einer Lehrerin aufgehoben. Wer die Sperre veranlasst hat, war zunächst unklar. Entgegen ersten Aussagen des Wiener Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ) war - wie auch im Epidemiegesetz festgehalten - die Wiener Landessanitätsdirektion zuständig.
Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) kritisierte gegenüber der APA zunächst das ÖVP-geführte Bildungsministerium für die "bissl übertriebene" Maßnahme. So habe der Generalsekretär im Bildungsministerium seine eigene Botschaft "Keine Panik" wohl übersehen. Es könne nicht sein, dass "panikhaft" Polizisten losgeschickt werden, um eine Schule zu sperren, meinte Hacker. Der Stadtrat sprach dabei von einer "lustigen Cowboy-Aktion".
"Solche Fehler dürfen nicht passieren"
"Es ist notwendig, dass auf Bundesebene wieder die Ordnung hergestellt wird und laut dem Bundesepidemiegesetz ist der Gesundheitsminister der Zentralkommandierende und nicht irgendwelche Generalsekretäre in irgendwelchen Ministerien." Er lasse das als "Fehler der ersten Stunde" durchgehen, "aber weitere solche Fehler dürfen nicht passieren".
In einer Situation wie der aktuellen sei Ordnung die oberste Prämisse, darin sei er sich mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) offensichtlich auch einig. Mit diesem sei deshalb ausgemacht, dass dieser noch heute einen Erlass ausgibt, in dem klargestellt, wie die Informationskette und Entscheidungswege bei Verdachtsfällen an den Schulen auszusehen haben. "Die Informationskette landet in jedem Fall beim Gesundheitsminister", so Hacker. Dieser entscheide dann auf Basis der Testergebnisse, aber nicht auf Verdacht.
Wenn in einem Fall jemand sicherheitshalber getestet werde, mache es Sinn, die Kinder in häusliche Pflege zu schicken und ihnen zu sagen, dass sie auf keine Spielplätze, in Kinos oder an andere öffentliche Orte gehen sollen, bis es weitere Informationen gibt. "Aber 800 Kinder an einer Schule einzusperren und zu sagen: Jetzt warten wir einmal, was beim Test herauskommt, ist übertrieben." Zu solch drastischen Maßnahmen solle man erst greifen, wenn überhaupt sicher sei, dass es überhaupt einen Corona-Fall gibt.
Der Generalsekretär im Bildungsministerium, Martin Netzer, setzte sich im ORF-"Ö1 Journal um fünf" zur Wehr. Das Bildungsministerium könne eine Schulsperre nicht veranlassen. Sie sei von der Sanitätsdirektion in Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium erlassen worden. Im Gesundheitsministerium verwies man die APA wiederum auf den Krisenstab des Innenministeriums. Dort hieß es, dass polizeiliche Sicherungsmaßnahmen lediglich im Auftrag durchgeführt und nicht selbst veranlasst werden.
Anschober: 'Atemschutzmasken sind nicht erforderlich'
Das neuartige Coronavirus, das die Krankheit Covid-19 auslöst, hat auch Österreich erreicht. Zwei bestätigte Fälle gibt es bisher. "Im Vergleich zur internationalen Situation haben wir eine sehr, sehr positive Situation, es gibt nach wie vor sehr wenige Fälle", sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Mittwochabend in der ORF-Sendung "Thema Spezial".
Für weitere Corona-Fälle seien Spitäler gerüstet
Die Behörden würden daran arbeiten, dass das auch so bleibt, "dass wir diesen Ausbruch in Italien und unsere Einzelfälle gut abgrenzen", sagte Anschober. "Das ist zwar aufwendig, aber wichtig", betonte der Gesundheitsminister. Für weitere Fälle seien die Spitäler jedenfalls gut gerüstet, und das "selbst in Grippezeiten, derzeit gibt es 125.000 Erkrankte". Von Reisen nach Italien riet Anschober nicht prinzipiell ab, ins unmittelbare Krisenregionen sollte man jetzt aber nicht fahren. Primär gehe es aber um "Eingrenzung von Verdachtsfällen aber nicht Begrenzung des Reisens".
Anschober: "Atemschutzmasken nicht erforderlich"
In Österreich sind bereits vielerorts Atemschutzmasken ausverkauft. Diese seien aber "nicht erforderlich". "Ich rate nicht, dass wir alle zu Atemschutzmasken greifen", sagte Anschober. Damit ausgestattet sind das Gesundheitspersonal und andere Berufsgruppen wie die Polizei, für diese Personen seien genug Masken verfügbar.
Am Dienstag wurde in Innsbruck ein Hotel nahe der Innenstadt gesperrt, die mit dem Coronavirus infizierte Italienerin war dort als Rezeptionistin tätig. Am Mittwoch wurde eine Schule in der Wiener Josefstadt von der Polizei abgeriegelt. Bei diesen rigorosen Maßnahmen gehe es um "die rasche Informationskette", die "das Wichtigste" sei, sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Durch die Abriegelung konnten im Fall der Rezeptionistin ihre Kontakte schneller abgeklärt werden, betonte Nehammer.
Im Fall der ebenso negativ getesteten Lehrerin des Gymnasiums am Mittwoch in Wien wäre durch die Sperre ebenso möglich gewesen, rasch ihre Kontakte festzustellen. Wäre sie positiv getestet worden, "dann sind solche Maßnahmen notwendig, um rasch die Ausbreitung des Virus einzudämmen", sagte Nehammer.
Krisenstab tagt 24/7
Der im Innenministerium eingerichtete Krisenstab tagt mittlerweile "24 Stunden, sieben Tage die Woche", sagte Nehammer. Das Ministerium "ist für die zivile Sicherheit verantwortlich". "Wir nehmen die Sorgen der Bevölkerung ernst", betonte der Minister. Polizeiliche Maßnahmen würden in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium durchgeführt. Bei Schutzmaßnahmen gehe es darum, "diese auch tatsächlich umzusetzen". In erster Linie sei die Aufgabe der Exekutive zwar "Deeskalation und Information", doch kündigte Nehammer "Zwangsgewalt" für Personen, die sich den Maßnahmen entziehen, an. Bisher hätten aber alle betroffenen Personen gut mit den Behörden kooperiert.