Das sagt ÖSTERREICH

Kurz ist Sieger im Poker um die Identitären

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Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.

Seit Wochen vertrete ich die These, dass der EU-Wahlkampf deshalb spannend wird, weil er die Regierung sprengen kann. Erstmals treten ÖVP und FPÖ gegeneinander an – und die Nerven sind mehr als angespannt.

Die FPÖ schickt mit Harald Vilimsky ihren rechtesten Hardliner ins Rennen. Er ist der blaue „Mann fürs Grobe“ und als Parteigeneral der wahre Strippenzieher. Sein Plan: sich mit einem Anti-Zuwanderungs-Wahlkampf an den rechtsextremen Erdrutsch anzuhängen, der sich von AfD bis Salvini in Europa abzeichnet.

Die ÖVP hat dagegen mit Othmar Karas zwar einen super Europapolitiker als Spitzenkandidaten – doch Karas kann viel, wahlkämpfen kann er nicht. Und für Rechte ist er ein liberales Weichei. Karas lag noch vor Kurzem in den Umfragen 7 % (!) hinter den Werten der Kurz-ÖVP. Marketing-Genie Sebastian Kurz hat das realisiert und suchte seit Wochen eine „Rettung“ für sein Karas-Problem …

Die Idee kam ihm mit der Spende des Neuseeland-Mörders an Österreichs Identitäre. Kurz hat sofort realisiert, dass die Nähe der FPÖ zu den Identitären die Blauen in die Defensive bringt. Strache, Kickl, Vilimsky haben jahrelang die Identitären inhaltlich kopiert und (siehe UNO-Immigrationspakt) oft wörtlich übernommen.

Die Forderung von Kurz an die FPÖ, alle Verbindungen zu Identitären zu kappen, will sie in der Regierung bleiben, ist eine bewusste Provokation. Sie stellt die FPÖ vor der EU-Wahl ins Nazi-Eck.

Die Antwort ist klar: Die FPÖ-Basis tobt gegen den „Linksextremen“ Kurz, und Strache erlebt erstmals: Mit Kurz kann es auch unlustig werden.

Der Kanzler steht nach der ersten Runde als klarer Sieger da: Karas steigt in den Umfragen, Vilimsky und die FPÖ rutschen ins Identitären-Minus.

Runde 2 könnte für Kurz un­angenehmer werden – wenn die FPÖ trotzig wird, von der Basis zu einem härteren Kurs gezwungen wird, zu streiten beginnt und damit die Koalition sprengt.

Dann hat Kurz immer noch Runde 3: Zurück zur Koalition mit der SPÖ – und mit Rendi-Wagner eine sympathische Vizekanzlerin, die heute schon vom „lieben Sebastian“ schwärmt.

So oder so – Kurz ist wieder einmal Sieger im Politpoker. Die FPÖ diesmal der Verlierer.

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