Das sagt ÖSTERREICH

Wird Rendi-Wagner eine zweite "Kern" – oder ein Polit-Star?

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Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.

Die SPÖ hat offenbar die Lust am politischen Glücksspiel entdeckt und setzt seit Neuestem ihr Schicksal auf eine Karte, von der sie nicht die leiseste Ahnung hat, ob sie „sticht“ – sprich: erfolgreich sein kann.

Das politische Selbstmord-Kommando der SPÖ begann mit dem blinden Vertrauen in den ÖBB-Manager Christian Kern, von dem man sich wie von einem Heilsbringer neue Höhenflüge in der Regierung versprach. Auf „Spaßverderber“ wie Doris Bures, die zu Recht davor warnten, dass Kern zu wenig politische Routine habe und die vielen ­dirty Tricks von Partei- und Regierungsgeschäft nicht kennen würde, wurde nicht gehört.

Theoretisch hat Rendi-Wagner allerbeste Chancen gegen Kurz   

Der Rest der Story ist bekannt: Der Höhenflug endete in einem Crash – das Kanzleramt ist weg, die Partei erst mal ruiniert.

Jetzt wiederholt die SPÖ ihr Kern-Abenteuer ein zweites Mal: Diesmal mit der sympathischen, telegenen Pamela Rendi-Wagner.

Theoretisch ist die fesche, ­extrem intelligente, sozial und modern denkende Rendi das ideale Gegenstück zu Kurz und Strache:

  • Endlich eine Frau, deren en­gagierten Ansagen man mit Freude zuhören kann, weil sie kein Apparatschik, sondern eine faszinierende Persönlichkeit ist – Ärztin, zweifache Mutter, Ex-­Ministerin.
  • Vor allem: Endlich eine FRAU, die viele (vor allem weibliche Wählerinnen) wohl schon allein deshalb wählen werden, um den ganzen Machos in der Politik mal eine Ohrfeige zu verpassen.

Theoretisch also hat Pamela Rendi-Wagner die allerbesten Chancen, in einer kommenden Neuwahl Kurz aus dem Kanzleramt zu küssen. Und sie hat ganz sicher eine Bomben-Chance, ­gemeinsam mit Christian Kern die EU-Wahl im Mai 2019 zu ­gewinnen.

Meine Prognose, dass die SPÖ bei dieser EU-Wahl tatsächlich Nummer 1 werden kann, wird mit Rendi-Wagner als neuer Parteichefin noch realistischer. Kurz muss sich warm anziehen.

Aber: Politik ist – wie Christian Kern politisch unanständig im ORF meinte – „kein Mädchenpensionat“. Politik muss man können – mit allen Tricks, mit ­allen Netzwerken in der Partei, mit allen Brutalitäten.

Pamela Rendi-Wagner steht in Wahrheit als politisches Greenhorn den beiden brutalsten Polit-Profis des Landes gegenüber. Kurz hat schon Kern abgeschossen wie eine Schießbuden-Figur, Strache hat den SPÖ-Chef bei der Regierungsbildung wie einen Lehrbuben ausgetrickst.

Und Rendi? Sie ist einen Tag vor ihrer Ernennung zur Ministerin SPÖ-Mitglied geworden, hat nie in einer Sektion „gedient“, hat nicht die leiseste Ahnung von den SPÖ-Netzwerken. Ob das mal gut geht …

Die „rote Pamela“ betritt die Polit-Bühne in Wahrheit als ­neuer Marketing-Star der SPÖ. Alle werden sie lieben, vielleicht sogar wählen.

Die große Frage wird nur sein: Kann man eine Partei heute mit Charme, gutem Aussehen, höchster Intelligenz und dem G’spür für die richtigen Themen führen? Oder braucht es dazu lange politische Routine, beste politische Vernetzung und politischen Killer-Instinkt?

Beginnt mit Rendi-Wagner neues Kapitel in der Politik?

Die SPÖ wagt mit Rendi-Wagner ihr bisher spannendstes Experiment: Lässt sich diese Partei der Simmeringer, Floridsdorfer, Kapfenberger, der Vöest-Hackler und Straßenbahner von einer smarten, telegenen, blitzg’scheiten, emanzipierten Bilderbuch-Frau führen – und damit für die große Zielgruppe der nicht in „Sektionen“ verhaberten modernen Mitte unserer Gesellschaft öffnen? Oder sind Quereinsteiger in unserer Parteien-Landschaft einfach zum Scheitern verurteilt?

Es wäre wunderschön, wenn mit Rendi-Wagner ein neues ­Kapitel in der Politik beginnen würde: Frau/man kann auch ParteichefIn werden, ohne ­Apparatschik und Polit-Rambo zu sein.

Das Risiko für die SPÖ ist nur, dass in Zeiten eines „Super-Profi-Kanzlers“ Sebastian Kurz mit Quereinsteigern möglicherweise kein Blumentopf zu gewinnen sein wird. Weil ein Kurz (und auch ein Strache) jedes Polit-Greenhorn in kurzer Zeit entzaubern wird.

Ob ihnen das mit einer Frau, die all das repräsentiert, was sich Wähler von einer Spitzenpolitikerin wünschen, auch ­gelingen wird – DAS wird die spannende Frage der nächsten Monate …

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