Manuel Ortlechner muss bei der Frage nach der Stimmungslage am Verteilerkreis durchatmen. Intern, so der Sportdirektor der Wiener Austria, herrsche "ein unfassbar positiver Vibe. Es ist alles anders, aber trotzdem alles beim Alten."
Man wolle "mit keinem einzigen Satz mehr in die Vergangenheit blicken, da darf uns keiner mehr böse sein." Das Botschaft ist klar: Zwei Monate nach der Trennung von Manfred Schmid soll Nachfolger Michael Wimmer seine Aufgabe unbelastet angehen.
Eine Eingewöhnungsphase ist für den 42-jährigen Deutschen nur bedingt möglich. Schon beim Frühjahrsauftakt am Sonntag (ab 17 Uhr im Sport24-Liveticker) daheim gegen die Klagenfurter Austria geht es für die Violetten um viel. Die Kärntner liegen mit einem Zähler Vorsprung als Sechster dort, wo die Favoritner unbedingt hinwollen: in die Meistergruppen-Ränge. Auch wenn stets beteuert wird, dass eine Europacup-Teilnahme nicht einkalkuliert sei, darf davon ausgegangen werden, dass die klamme finanzielle Lage nur durch Einnahmen aus dem internationalen Geschäft verbessert werden kann.
Wimmer will "aktivere" Austria
Droht der Austria bei der Lizenzvergabe durch die Bundesliga im April wieder ein Nachspiel, soll sportlich mit Wimmer ein Schritt nach vor gelingen. Der Bayer ist angetreten, die Austria als "aktivere" Mannschaft auszurichten. Die Wiener wollen die Pressing-Linie weiter vorne ansetzen, das System wurde auf ein 3-4-3 verändert. In der Vorbereitung klappte nicht alles. Wimmer wollte nach der Generalprobe, einem 1:1 gegen den FAC, "weiter an der Defensive arbeiten". Es sei auch viel Positives dabei gewesen, urteilte der Coach. In der Abwehr fiel Kapitän Lukas Mühl fast die gesamte Vorbereitung aus, Lucas Galvao ist nach wie vor verletzt.
Für Ortlechner ist Wimmer naturgemäß der richtige Mann für die Weiterentwicklung. "Er hat das Problem, dass der Tag nur 24 Stunden hat. Er sitzt als Erster da und geht am Abend als Letzter." In der Arbeit mit der Mannschaft gehe es eher darum, dass der Deutsche seine Schützlinge nicht überfordere. Erfolge sollten sich mit Blick auf die Tabelle schnell einstellen. "Wir wollen, dass man in den ersten Spielen sieht, wofür der Verein stehen will. Aber das soll sich natürlich auch in Ergebnissen darstellen", meinte Ortlechner.
Große Erwartungshaltung bei den Fans
Die Erwartungshaltung bei den Fans scheint hoch zu sein. 10.000 Karten waren über eine Woche vor dem Klagenfurt-Spiel abgesetzt. Es darf erwartet werden, dass es auch die eine oder andere Unmutsäußerung geben wird. Eine Woche vor dem Schmid-Aus wurde bei der Generalversammlung des Vereins beteuert, mit dem Coach in Gesprächen zu sein. Im Hintergrund soll die Trennung vom Erz-Austrianer jedoch schon beschlossene Sache gewesen sein. Mit Schmid wurde in den Augen vieler Anhänger eine Identifikationsfigur ohne Not verabschiedet.
Auf dem Rasen soll ein Mann überzeugen, der im Herbst nicht in die Spur fand. Haris Tabakovic soll als Mittelstürmer Torgefahr ausstrahlen. Der Schweizer, so die Meinung von Ortlechner und Jürgen Werner - Austria Sport-Vorstand in spe -, sei unter Schmid zu wenig forciert worden. Einer, der für die Rolle prädestiniert scheint, lässt auf sich warten: Das Comeback von Marko Raguz ist nicht abzusehen.
Der im Sommer um eine Millionensumme geholte 24-Jährige arbeite hart, seine körperlichen Probleme in den Griff zu bekommen, heißt es. Mit Jungstürmer Muharem Huskovic ist nach dessen Verkehrsunfall samt schwerer Knieverletzung ebenfalls nicht so bald zu rechnen. Für die Position an der linken Flanke fand man mit Doron Leidner eine Lösung. Der 20-jährige Israeli kam bis Sommer von Olympiakos Piräus.
Werner strebt Rolle als Sport-Vorstand an
Dass die finanziellen Sorgen bei der Austria in den Wintermonaten nicht kleiner wurden, ist kein Geheimnis. Werner sieht die Wiener nach wie vor "auf der Intensivstation". Notfallmaßnahmen gab es keine: Der als Zukunftsaktie gesehene U21-Teamkapitän Matthias Braunöder oder der im Herbst starke Dominik Fitz blieben in Wien. Klar scheint, dass das Budget nur durch Transfereinnahmen entlastet werden kann. Verschenken will die Austria jedoch keine ihrer Stützen.
In Transferfragen scheint vor allem Werner gefordert. Das ehemalige Mastermind des LASK - seit der vergangenen Saison als Teil einer Investorengruppe bereits "Berater" im Hintergrund - strebt die Rolle als Sport-Vorstand an. Der Schritt soll zeitnah erfolgen, spätestens mit der Abgabe der Lizenz-Unterlagen am 3. März. Vonseiten der Bundesliga soll es keine Beanstandungen aufgrund Werners Rolle als Investor geben. Diesbezüglich stehe man in Kontakt, wurde am Montag mitgeteilt.
Auch für Werner gilt die Devise: nur kein Blick zurück. Um der Mannschaft vor den sechs Spielen des Grunddurchgangs noch einen Schub zu verpassen lud er Ralph Krueger ins Trainingslager in der Türkei ein. Der ehemalige Eishockey-Profi und -Trainer - in der Premier League einst Berater und Vorstandschef bei Southampton - gilt als Motivationskünstler. Es soll ein Mosaikstein auf dem Weg nach vorne sein.
Im Hintergrund, so Ortlechner, passiere "brutal viel im Verein. Der Neufindungsprozess ist noch nicht abgeschlossen." Wie es mit ihm selbst weitergeht, ist offen. Der Vertrag des 42-Jährigen als Sportdirektor läuft im Sommer aus. Es stehen Gespräche an, dabei gilt es, die Rolle des Ex-Profis neu zu definieren. Ortlechner sieht die Lage offen: "Egal wie es weitergeht, ich werde bis zum letzten Tag alles geben."