"Es zeigt, wer er wirklich ist"

Mega-Krach bei Red Bull

Teilen

Sergio Perez stand grantig und völlig fassungslos im Zielraum. Ausgerechnet Max Verstappen, sein Teamkollege bei Red Bull und längst Weltmeister, hatte beim vorletzten Saisonrennen der Formel 1 in Brasilien die vereinbarte Stallorder zugunsten des Mexikaners ohne erkenntlichen Grund verweigert.

"Ich bin wirklich überrascht. Nach allem, was ich für ihn getan habe, ist das etwas enttäuschend", war Perez am Sonntagabend sichtlich verärgert.

Was war passiert? Wenige Runden vor Ende des Rennens in Sao Paulo ließ (der langsamere) Perez den Doppel-Weltmeister ohne Gegenwehr vorbei, damit dieser Fernando Alonso (Alpine) auf Rang fünf attackieren konnte. Mit der Vereinbarung, den Platz wieder zurückzubekommen, falls Verstappen nicht vorbeikommt. Denn für Perez zählt im Kampf um den Vizeweltmeister-Titel jeder Platz, jeder Punkt. Verstappen kam nicht vorbei, gab den für ihn belanglosen sechsten Platz trotz Teamanweisung aber nicht mehr zurück.

"Fragt mich das nicht noch einmal, ist das klar? Ich habe meine Gründe genannt und dazu stehe ich", hatte er direkt nach der Überquerung der Ziellinie im Boxenfunk gesagt, auch in den Interviews danach war er nicht um Aufklärung bemüht. Er könne verstehen, warum Perez enttäuscht sei, sagte Verstappen bei Sky Sports. Nach einem Gespräch mit dem Team müsse dieses aber verstehen, warum er zu dieser Entscheidung kam. Mit Blick auf das Saisonfinale in Abu Dhabi sagte der 25-Jährige: "Wenn es eine Chance gibt, Checo zu helfen, werde ich das tun."

"Das zeigt, wer er wirklich ist"

Perez, der in der WM nun punktgleich hinter Ferrari-Pilot Charles Leclerc auf Platz drei liegt, war jedenfalls düpiert. "Das zeigt, wer er wirklich ist", sagte er am Boxenfunk. Danach drückte er seinen Ärger bei ESPN auf Spanisch aus: "Wenn er jetzt zwei WM-Titel hat, dann hat er das mir zu verdanken." Perez spielte damit auf die Schützenhilfe beim Saisonfinale 2021 in Abu Dhabi an, als er Lewis Hamilton fair aufhielt und von Verstappen daraufhin als "Legende" tituliert wurde. Fast ein Jahr später setzte Verstappen die Beziehung zu seinem treuen Kameraden nach einer nahezu perfekten Saison allerdings aufs Spiel.

Über die Gründe wird im F1-Zirkus reichlich spekuliert, die beliebteste Theorie: Verstappen soll noch verärgert sein, weil Perez im Qualifying von Monaco absichtlich einen Unfall gebaut haben soll, wodurch dem Champion eine mögliche Pole Position verwehrt geblieben war. Perez crashte kurz vor Ablauf der Zeit, startete aber nur von Platz drei direkt vor Verstappen. Und Perez gewann am Ende auch das Rennen. Red-Bull-Teamchef Christian Horner versuchte jedenfalls zu kalmieren: "Sie haben das besprochen und sich die Hand geschüttelt."

Jubel bei Mercedes - ohne Toto Wolff

Bei Mercedes gab es sogar Umarmungen und Jubelsprünge. Der Engländer George Russell feierte in Interlagos den ersten Grand-Prix-Sieg seiner Karriere, direkt vor Teamkollege und Landsmann Hamilton. Für die "Silberpfeile" war es der erste Triumph in dieser Saison und das, obwohl Russell ein Wasserleck an seinem Boliden hatte. "Es war unklar, ob wir es bis zum Ende schaffen würden", gab Mercedes-Boss Toto Wolff nach dem Rennen zu. Der Wiener befand sich bereits in den Emiraten, verpasste erst das dritte Rennen in den vergangenen zehn Jahren und damit auch die Feierlichkeiten.

Für Wolff aber nebensächlich. "Es ist irrelevant, ob ich da bin oder nicht." Vielmehr sei er sehr "stolz und glücklich", das Team habe nie aufgegeben. Der Fokus liegt bei Mercedes aber bereits auf 2023. "Wir verstehen das Auto, und das ist eine gute Voraussetzung für kommende Saison", betonte Wolff. Auch für Hamilton sei laut Wolff das kommende Jahr wichtiger als sein erster Saisonsieg, den er in Brasilien mit dem dritten zweiten Platz hintereinander erneut knapp verpasste.

Für Mercedes geht es am Sonntag in Abu Dhabi aber noch um den zweiten Platz in der Konstrukteurs-WM. Der Rückstand zu Ferrari beträgt 19 Punkte. "Das ist schon eine Menge, da brauchst du einen Ausfall", sagte Wolff auf APA-Nachfrage. Aber: "Es wäre fantastisch, Zweiter zu werden. Das habe ich nicht mehr für realistisch gehalten, und wäre ein tolles Comeback. Und es betrifft auch die Boni für alle Mitarbeiter, das macht einen Unterschied."
 

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.