Reife ist keine Frage des Alters - zumindest nicht für Jaime Alguersuari. Der Spanier ist der jüngste Formel-1-Pilot der Geschichte, dennoch hat sich der 20-Jährige in der Königsklasse bereits einen Namen gemacht. Alguersuari hat seit April seine ersten WM-Punkte auf dem Konto, in Australien lieferte sich der Toro-Rosso-Pilot ein sehenswertes Duell mit Rekordweltmeister Michael Schumacher.
Am Wochenende steht zudem ein echtes Heimrennen bevor. Alguersuari stammt aus Barcelona, den Circuit de Catalunya kennt er im Gegensatz zu allen anderen Strecken, auf denen er bisher gefahren ist, wie seine Westentasche. "Es ist wie im Fußball. Es ist ein Vorteil, wenn man zu Hause spielt", erklärte der Katalane, ein bekennender Fan von Barcas kleinerem Stadtrivalen Espanyol.
Alguersuari hatte im Vorjahr mit 19 Jahren und 125 Tagen in Ungarn debütiert. Seine ersten WM-Punkte holte der Youngster zuletzt in Malaysia - und war damals nur unwesentlich älter als Rekordhalter Sebastian Vettel 2007 in den USA für BMW-Sauber. Vettel darf grundsätzlich als Vorbild gelten. Auch der aktuelle WM-Favorit war im Zweitteam von Red Bull zum Toppiloten gereift.
Vettel hatte 2008 in Monza für Toro Rosso seinen ersten Grand Prix gewonnen. Teamchef Franz Tost gilt als Förderer der Jugend, gibt nach einem alles andere als guten Start im Vorjahr auch Alguersuari die Zeit, die er braucht. "Er war intelligent genug, um zu verstehen, wie lange es dauert, ein richtiger Formel-1-Fahrer zu werden", erklärte der Tiroler. "Er hat trotzdem diszipliniert weitergearbeitet, ohne die Geduld zu verlieren. Das zeugt von Reife."
Mittlerweile ist Alguersuari ein integrativer Teil des "Ausbildungsteams". Mit dem Schweizer Sebastian Buemi ist auch der zweite Pilot gerade einmal 21 Jahre alt. Für Schlagzeilen hatte Alguersuari gesorgt, als er Schumacher in Melbourne einen erbitterten Kampf geliefert hatte. "Es überleben nur diejenigen, die angreifen", meinte der Spanier. Und Tost ergänzte: "Das ganze Team ist von seinem Fortschritt beeindruckt. Er wird immer besser."
Die spanische Presse lobt den Jungspund nach vier guten Rennen 2010 bereits als größtes Talent seit Doppel-Weltmeister Fernando Alonso. "Alguersuari, der Pilot ohne Grenzen", schrieb die Zeitung "El Pais". Nun steht zu Hause das wichtigste Rennen seiner jungen Karriere bevor. "Ich muss mich nicht an den Kurs gewöhnen wie sonst", erinnerte der Junior aus einer spanischen Motorsport-Dynastie, der seit 2005 im Red-Bull-Programm figuriert.
Red Bulls Motorsport-Beauftragter Helmut Marko hält große Stücke auf den 20-Jährigen, der sein Cockpit bei Toro Rosso im Winter mangels Sponsorengelder beinahe verloren hätte. Lob kommt auch von Alonso, einst großes Vorbild des jungen Alguersuari. "Er ist ein sehr reifer Fahrer, der wenig Fehler macht", sagte der Ferrari-Star über seinen möglichen Nachfolger als Liebling der Spanier. "Seine Zeit wird kommen, da bin ich mir ganz sicher."