Er ist der wichtigste Erfolgsfaktor für Red Bull Racing. Adrian Newey (51) hat das Auto gebaut, das in der Formel 1 derzeit überlegen scheint. Lediglich die Standfestigkeit hatte das österreichisch-englische Team in den ersten beiden Saisonrennen um den sicheren Sieg gebracht. Mit der Austria Presse Agentur sprach der englische Stardesigner vor dem GP von Malaysia u.a. über den Geist neuer Ideen:
APA: Der RB6 scheint unglaublich schnell, vor allem auf einer Runde. Ist das eines der besten Autos, die Sie jemals gebaut haben?
Newey: "Es ist zu früh, um das zu sagen. Zwei Rennen sind als Basis nicht genug. Wir hatten das schnellste Auto in den ersten beiden Rennen, aber diese Dinge sind vergänglich. Die Entwicklung in der Formel 1 läuft so schnell, das haben wir im Vorjahr gesehen. Die Saison mit dem schnellsten Auto zu beginnen, heißt nicht, sie auch mit dem schnellsten zu beenden."
APA: Ist die Entwicklungsgeschwindigkeit in dieser Saison der Schlüssel zum WM-Titel?
Newey: "Das ist sie üblicherweise. Wir haben im Vorjahr massive Regeländerungen gehabt und das Tempo der Weiterentwicklung war sehr hoch. Es wird weiter sehr hoch sein. Wir sind im zweiten Jahr nach dem Einschnitt, zudem hat es im Winter weitere Änderungen gegeben - etwa das Tankverbot oder die Reifen."
APA: Viele Teams haben versucht, Lösungen Ihres Vorjahresautos zu kopieren. Ein Kompliment an Ihre Ansätze?
Newey: "Ich vermute, es ist ein Kompliment. Aber das bedeutet auch, dass unser Vorteil aus dem Vorjahr erodiert ist. Wir müssen neue Ideen finden, das ist immer mein Zugang. Wenn jemand unsere Ideen kopiert, müssen wir völlig neue haben oder zumindest unsere bisherigen Lösungen verbessern."
APA: Zwei sichere Siege sind Ihrem Team bereits durch die Lappen gegangen. Ist die Standfestigkeit derzeit das Hauptproblem?
Newey: "Die Fehler, die wir gehabt haben, waren sehr frustrierend. Wegen der Zündkerze müssen wir mit Renault sprechen. Die Radmutter ist besonders frustrierend, weil wir ein einfaches Rennen verloren haben. Beide Probleme sind aber nicht das Resultat eines aggressiven Designs. Es sind Fehler, die wir verstehen müssen."
APA: Was halten Sie generell für wichtiger - Schnelligkeit oder Zuverlässigkeit?
Newey: "Die Zuverlässigkeit ist der Schlüssel. Offensichtlich, denn wenn man nicht ins Ziel kommt, bekommt man keine Punkte. Fakt ist aber, dass die Zuverlässigkeitsprobleme, die wir in dieser Saison bisher gehabt haben, kein Ergebnis der Suche nach Leistung sind. Eine Zündkerze und eine Radmutter haben nichts damit zu tun, mit dem Design ans Limit zu gehen."
APA: Der Renault-Motor ist gegenüber der Konkurrenz im Nachteil, die Weiterentwicklung ist eingefroren. Wie versuchen Sie, dieses Problem zu kompensieren?
Newey: "Wir versuchen einfach ein schnelleres Auto zu bauen. Es ist frustrierend, denn das Ziel der Regel war es, Leistungsgleichheit zu schaffen. Es sollten keine Unterschiede sein, aber besonders Mercedes hat über dieses Einfrieren hinweg entwickelt. Daher haben sie einen leistungsstärkeren Motor als ihre Hauptkonkurrenten."
APA: Gibt es irgendetwas an anderen Autos, das Sie gerne an Ihren eigenen sehen würden?
Newey: "Das Luftschacht-System von McLaren ist clever. Wie jedes andere Team müssen wir es uns ansehen, das tun wir auch. Im Moment verstehen wir, wie es funktioniert. Aber zu verstehen, wie es funktioniert, und es am Auto zum Funktionieren zu bringen, sind zwei verschiedene Paar Schuhe."
APA: Sehen Sie im System auch ein Sicherheitsrisiko? Der Fahrer muss auf der Geraden immerhin mit dem Knie ein Loch zuhalten.
Newey: "Es gibt Sicherheitsbedenken aus verschiedenen Gründen, darüber mache ich mir Gedanken. Das System funktioniert, indem es den Abtrieb am Heckflügel wegnimmt und den Topspeed dadurch erhöht. Wenn der Fahrer aber ein plötzliches, unvorhergesehenes Manöver machen muss und nicht den üblichen Abtrieb vom Flügel bekommt, kann sich das Auto völlig anders verhalten."
APA: Einige Teams, allen voran McLaren, haben sich kritisch über Ihre angeblich dynamische Radaufhängung zur Anpassung der Bodenhöhe geäußert. Das wäre verboten, was halten Sie davon?
Newey: "Was sie sagen und tun, ist Ihre Sache. Solange wir intern keine undichten Stellen haben, können sie nur darüber spekulieren, was wir wirklich haben. Sie wissen es schlicht und einfach nicht."