Formel 1

Vettel hält WM-Titel für möglich

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21-jähriger Deutscher sieht Wechsel von Toro Rosso zu Red Bull allerdings nur als nächsten logischen Karriereschritt.

Wie gefallen Ihnen die neuen Autos? Sie wurden ja auch schon als Mähdrescher oder Indoor Karts bezeichnet.
Vettel: "Sagen wir so, sie sehen anders aus. Man kann streiten, ob sie schöner oder hässlicher sind. Aber man gewöhnt sich schnell daran. Es gibt schönere und weniger schöne. Unser Auto, den RB5, finde ich persönlich sehr schön."

Sie starten 2009 wieder für Red Bull, nun aber für Red Bull Racing und damit ein österreichisches Team. Haben sie sich auch "österreichisch" vorbereitet?
Vettel (lacht): "Ja, ich war viel Skifahren. Das gilt bei euch ja als Training. Ich habe zwar auch Neues probiert, aber auch nichts anderes als vorher. Sieben Stunden am Tag zu trainieren, macht nur kaputt statt fit. Mit 64 Kilo war ich im Jänner sogar etwas schwerer als im Vorjahr. Das ist wohl der Topfen- oder Apfelstrudel."

Wegen der immensen Testeinschränkungen in der Formel 1 sind 2009 die vorsaisonalen Testfahrten wichtiger als je zuvor. Richtig?
Vettel: "Richtig! Es kommt drauf an, alles auszutesten, was einem übers Jahr über den Weg laufen kann. Alles, was an einem Rennsonntag vorkommen kann. Es gibt keine Zeit, etwas aufzuschieben oder Halbgas zu fahren."

Ihre Meinung zum Energierückgewinnungssystem KERS und den übrigen Neuerungen?
Vettel: "KERS ist eine Plattform, die den Teams Möglichkeiten bietet, sich einen Vorteil zu erarbeiten. Wie es jeder nutzt, bleibt abzuwarten, das ist eine sehr komplexe Technologie. Wir werden in Australien sicher noch nicht damit fahren. Aber wirklich spannend wird es 2010, wenn es auch keine Tankstopps mehr gibt und die Motoren noch länger halten müssen. In einem vollgetankten F1 fühlt man sich anfangs wie ein LKW-Fahrer, das alles müssen die Reifen erst mal aushalten."

Sie gelten als angehender Weltmeister und fahren nun in einem Top-Team. Wie gehen Sie mit den vielen Medienverpflichtungen um?
Vettel: "Man schaut schon, dass man das meiste abdeckt. Aber so, dass es einem nicht schadet. Bei einer Entscheidung ob Fahren oder Interview muss ich mich natürlich fürs Fahren entscheiden. Bisher habe ich einen guten Mix gefunden. Fahren hat immer Vorrang."

Wäre es ein Traum, für zwei verschiedene Teams zu gewinnen?
Vettel: "Wir haben großes Potenzial und sehr viele gute Leute an Bord. Durch die neuen Regeln besteht die Möglichkeit, den Anschluss ach vorne mit einem etwas größeren Schritt zu verkürzen. Aber man muss die Füße am Boden lassen. Die Favoriten sind Ferrari und Mercedes. Unser Ziel ist, regelmäßig zu punkten und rausholen, was aus dem Auto rauszuholen ist. Wenn das Auto und das Paket stark genug sind, um Weltmeister werden, dann müssen wir halt auch Weltmeister werden."

Red-Bull-Chef Mateschitz hat gesagt, er legt Ihnen nichts in den Weg, sollte sein Auto doch nicht gut genug sein, um bald Weltmeister zu werden.
Vettel: "Um Weltmeister zu werden, musst du in einem der besten Teams fahren. Derzeit ist mein voller Fokus aber auf Red Bull Racing und dem Auftakt in Australien. Ich gehe es Schritt für Schritt an. Insgesamt ist das Ziel aber natürlich, im besten Auto zu sitzen, um die WM zu kämpfen und sie letztlich auch zu gewinnen."

Sie haben mit Mark Webber einen erfahren Teamkollegen. Wer ist da jetzt der Teamleader?
Vettel: "Mark ist ein sehr umgänglicher Typ und ein sehr schneller Fahrer. Ich hoffe, dass ich sehr viel lernen kann. Das Ziel ist aber, ihn zu schlagen. Ich fühle mich nicht als Teamleader. Ich bin der, der ich bin. Ich mache mein Zeug, ich weiß, was ich will und wo ich hin will. Das heißt nicht, dass ich der Allwissende bin. Es geht darum, an einem Strang zu ziehen."

Wohin soll es denn gehen?
Vettel: "Nach vorne!"

Sehen sie als 21-Jähriger Motorsport mit anderen, vielleicht sogar umweltkritischeren Augen?
Vettel: "Wir fahren mit einem Auto, das 100 Liter auf 100 Kilometer braucht und dann erklären wir, dass das einer der spritsparendsten Motoren bezogen auf die Leistung ist. Das ist schwer zu begreifen. Aber viele Sachen, die wir hier entwickeln, dienen der Forschung, die das dann irgendwann in der Serie umsetzt. Ich kann die Formel 1 alleine aus dem Grund verteidigen, weil sie vielen Menschen Arbeit bietet. Und es ist letzten Endes großartiger Sport. Sie abschaffen zu wollen, wäre so, wie wenn man sagt, man schafft den Fußball ab, weil es umweltschädlich ist, dass so viel Leute zum Stadion pilgern."

Verbringen Sie viel Zeit im Internet?
Vettel: "Manchmal hinterfragt man sich schon. Man schlägt etwas im Lexikon nach und landet bei neuen Filmen und getrockneten Tomaten. Man kommt vom Hundertsten ins Tausendste. Zeitungen sind das deutlich schönere Medium. Zeitung in dem Sinn wird man nie ersetzen können."

Was tun Sie, wenn Sie zu Hause im wunderschönen Walchwil am Zugersee einige Tag frei haben?
Vettel (lacht): "Schlafen! Und das, was jeder andere auch tut. Wie Wäschewaschen. Das muss ja gemacht werden, sonst liegt sie irgendwann in Bergen vor einem herum. Ich hab dort aber Ruhe, der Ort ist sehr klein, hat 3.500 Einwohner. Da laufen nicht viele Menschen rum."

Haben Sie das Gefühl, dass man Ihnen trotz ihre Jugend nun mehr Respekt entgegenbringt?
Vettel: "Man hat als Fahrer, der schon mal gewonnen hat, sicher mehr Gewicht und die Leute glauben einem eher was. Man muss sich diesen Respekt erst mal verschaffen. Das war sicher anders als ich mit 19 zu zu BMW kam und noch kein Rennen gefahren hatte."

Man hört also mehr auf Sie. Nutzen Sie das?
Vettel: "Natürlich gab's und gibt es Sachen, die ich anders wollte und will. Aber du sagst niemandem: 'Das ist Scheiße.' Du versuchst, zusammen einen Weg zu finden. Man will zusammen etwas erreichen, das geht auch nur zusammen."

Was ist der Hauptunterschied zu Toro Rosso?
Vettel: "RBR ist ein anderes Team mit einer anderen Arbeitsweise. Aber nicht besser oder schlechter. Und die Anreise nach England ist natürlich weiter als die nach Faenza zu Toro Rosso. Aber ich habe wieder Startnummer 15."

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