Skispringer Stefan Kraft ist der klar erfolgreichste Medaillensammler des bei den Nordischen Weltmeisterschaften in Planica antretenden ÖSV-Teams. Der Salzburger tritt als Großschanzen-Titelverteidiger an, und das nicht zum ersten Mal.
Kraft zählt zwölf WM-Podestplätze, dazu kommen drei auf Skiflug-Ebene. Dreimal holte der Skiflug-Weltrekordler bisher WM-Gold. Vor den Titelkämpfen in Slowenien stand der 29-Jährige der APA - Austria Presse Agentur zum Interview zur Verfügung.
Ihre bisher ertragreichste WM war 2017 in Lahti, als Sie auf beiden Schanzen Einzel-Weltmeister wurden. Damals wie diesmal haben Sie im WM-Vorfeld Siege und etliche Podestplätze erreicht. Kann man die WM-Ausgangslage mit damals vergleichen?
Stefan Kraft: "Nein, denn da war ich Top-Favorit. Da war ich richtig gut drauf und in der Form meines Lebens. Da hat jeder von mir erwartet, dass ich dort fix etwas mache. Und jetzt ist es schon so, dass ich sehr, sehr gut drauf bin, dass, die WM genau richtig kommt. Aber Topfavoriten sind (Halvor Egner) Granerud, (Dawid) Kubacki, und auf seinen Heimschanzen (Anze) Lanisek."
Dieses Trio liegt auch im Weltcup voran, Sie sind Vierter. Würden Sie sich als erster Herausforderer dieser drei für die Medaillenplätze sehen?
Kraft: "Dahinter sind mit mir fünf, zehn andere, die auch alle gewinnen können. Wenn die Bedingungen passen, weiß ich, dass ich vorne reinspringen kann. Es ist alles da. Vielleicht ist es manchmal nur ein bisschen ein schmalerer Grat als bei meinen zwei Gesamtweltcup-Jahren. Da hat es nur nicht gepasst, wenn es vom Wind her schlecht war. Jetzt können dem ein, zwei ein bisschen trotzen. Da kann man nur den Hut ziehen. Die haben das letzte Quäntchen, aber das kann auch sehr schnell bei mir kommen. Ich fühle mich nahe dabei."
Sie sind schon ab Saisonbeginn auf einem guten Level gesprungen. Das war bei Ihnen aus diversen Gründen in vielen Jahren so nicht der Fall. Vor zwei Jahren sind Sie mit nur einem Podestplatz zur WM gefahren und dann Weltmeister geworden. Nun galt es, ein hohes Niveau bis zum Saisonhöhepunkt zu halten. Wie schwierig war das?
Kraft: "Ich habe schon eine andere Basis als in den letzten zwei, drei Jahren. Ich bin körperlich super beieinander. Ich habe super-hart trainieren können, dass es auch das ganze Jahr so bleibt. Ich habe ein stabiles Material, bin da super aufgestellt, habe eine klare Vorstellung, was zu machen ist. Und ich bin eher der, der jetzt so richtig in Fahrt kommt, weil ich Gott sei Dank immer gescheit essen kann und das Gewicht nicht so Probleme macht wie vielleicht bei manch anderen. Ich kann gut Kraft tanken zwischen den Springen. Ich bin meistens bis zum Schluss recht gut im Saft und ich glaube nicht, dass es heuer anders ist."
Die immer wiederkehrende Stärke bei Weltmeisterschaften hat Ihnen da u.a. schon drei Einzel-WM-Titel gebracht. Das hat kein anderer Nordischer in Österreich geschafft. Was bedeutet Ihnen das?
Kraft: "Es ist schon etwas Besonderes, wenn man weiß, was für eine Skisprung-Nation Österreich ist. Meine großen Vorbilder sind aus Österreich gekommen. Und da mehr WM-Titel zu haben, ist etwas ganz Besonderes. Was bis jetzt seit ich skispringe bei der WM immer rausgeschaut hat, ist unglaublich. Immer wieder hat es geklimpert um meinen Hals."
Das soll es wohl auch diesmal. Wie sieht Ihr konkretes WM-Ziel für Planica aus?
Kraft: "Zur WM fährt man immer, dass man eine Medaille gewinnt. Das ist das große Ziel. Aber wenn es im Einzel nicht klappt, bin ich auch mit zwei oder einer Team-Medaille sehr happy - weil es einfach nicht zum Abholen ist. Man hat die Chance auf vier Medaillen. Wenn es eine ist, dann fahre ich auch nicht ganz unzufrieden heim."
Danach wird es wieder in den Weltcup gehen, und da rücken Sie auch an einen internationalen Rekord immer näher heran. An Weltcup-Podestplätzen haben Sie nun 90, die Bestmarke des Finnen Janne Ahonen steht bei 108. Haben Sie die im Blick?
Kraft: "Das ist schon noch weit weg, deswegen ist es jetzt nicht so wichtig für mich. (Adam) Malysz zu erreichen, wäre schon cool - da fehlen nur noch zwei (Podestplätze, Anm.). Aber es kann Regeländerungen geben, dann läuft es nicht mehr. Wenn ich dann einmal bei 100 bin, dann können wir darüber (über die 108, Anm.) reden. Aber es ist nie ein Selbstläufer, es muss immer alles zusammenpassen. Ich hoffe schon, dass noch ein paar kommen und bin da auch guter Dinge."
Für den Erfolg haben Sie zuletzt nach dem Weltcup in Lake Placid auch noch einmal in Seefeld gearbeitet. Wo genau lag da der letzte Fokus vor der WM?
Kraft: "Es ist noch einmal darum gegangen, vielleicht einen Meter wo noch herauszukitzeln. Man hat vielleicht beim Sprung ein Problem oder will beim Material die letzte Sicherheit noch finden - Schuhe oder einen neuen Ski habe ich noch bekommen. Man probiert das auf der Klein- und Großschanze noch einmal aus. Ich weiß, das Zeug, das ich habe, ist super. Aber vielleicht findet man noch eine Kleinigkeit, die einen noch ein bisschen stabiler macht. Das ist so das Ziel."
Vor der Anreise zur WM haben Sie nun noch ein paar Tage daheim. Ihre Frau Marisa ist erst vor ein paar Tagen von einer Freiwilligenarbeit in einem Krankenhaus in Tansania zurückgekommen. Was hat sie davon erzählt?
Kraft: "Sie war zehn Wochen dort und ich bin mega-stolz, dass sie das gemacht hat. Es hat ihr mega-cool gefallen. Sie ist froh, dass sie wieder daheim ist. Aber sie hätte es auch noch länger ausgehalten, weil es einfach extrem spannend war."